Diabolic Love

By slatedfan

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Schön, reich, beliebt. Das ist Victoria, da scheint es auch logisch zu sein, dass sie als Jahrgangsbeste eben... More

Kapitel 01
Kapitel 02
Kapitel 03
Kapitel 04
Kapitel 05
Kapitel 06
Kapitel 07
Kapitel 08
Kapitel 09
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45

Kapitel 39

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By slatedfan

Stop! Ich muss das hier sofort stoppen! Ihn zu küssen ist total verkehrt, wenn man bedenkt, wie es derzeit zwischen uns steht. Ich wollte ihn zwar die ganze Zeit zurück, das kann ich schlecht leugnen, obwohl ich mir immer durch und durch darüber bewusst war, wie er mich behandelt hat. Ihn jetzt zu küssen, fühlt sich allerdings total falsch an. Leider nur aufgrund meiner Vorsätze, der Kuss an sich war wunderschön und hat die gleichen Gefühle in mir wie sonst hervorgerufen. Aber zwischen uns hat sich noch nichts geändert, wir haben nicht einmal richtig miteinander geredet, weil ich dafür zu stolz war und jetzt? Jetzt habe ich ihn sogar geküsst und einen Scheiß auf meinen Stolz gegeben, was ich mir gerade selber nicht verzeihen kann, aber so nah wie er mir war, da ist mir einfach eine Sicherung durchgebrannt. In seiner Näh kann ich nicht klar denken, er bringt einfach alle Hormone in mir komplett durcheinander. Das muss endlich aufhören, wenn ich unser Problem jemals vernünftig angehen will, doch was kann ich schon gegen diese Anziehung, die von ihm ausgeht, ausrichten? Eine Anziehungskraft, die ich stark unterschätzt habe, obwohl mir bewusst war, dass ich ihm nur schwer widerstehen kann, doch dass es so schlimm und unausweichlich ist, ihm immer wieder näher zu kommen, konnte ich mir nur ganz schwer vorstellen. Nie habe ich daran geglaubt, dass es sowas wirklich gibt. Nur mit größter Willenskraft schaffe ich es, mich wieder von Nik zu lösen und traue mich kaum, ihn anzusehen. Ich fühle mich so furchtbar schwach, weil ich so schnell eingeknickt bin, da glaubt Nik mir doch kein Stück, wenn ich ihm vorspiele, dass er mir völlig am Arsch vorbeigeht. Das hier hat alles zu Nichte gemacht, aber wenigstens war ich kein Alleintäter. Er hat diesen Kuss erwidert, das nicht nur halbherzig, er wollte es genauso sehr wie ich, das habe ich gespürt, denn so küsst man nicht ohne Leidenschaft. Leider heißt das bei Nik nur, dass er so etwas eben gerne tut und nicht, dass er das Gleiche für mich empfindet wie ich für ihn. Er würde mit der gleichen Leidenschaft mit mir schlafen, ohne dass es viel für ihn bedeuten würde, er macht das einfach nur gern. Ich hasse mich so sehr dafür, dass mir trotzdem der Gedanke kommt, das von eben zu wiederholen und mein Bett zum ersten Mal nicht nur zum Schlafen zu benutzen. Wenn es anders zwischen uns stünde, würde ich jetzt auf der Stelle über ihn herfallen, egal wie viele Leute sich auf unserem Grundstück befinden und wer etwas mitbekommen könnte. Enttäuscht stelle ich fest, dass ich kein Stück über ihn hinweggekommen bin, ich will ihn immer noch genauso sehr wie vor ein paar Wochen, wenn es nicht sogar noch schlimmer geworden ist, weil wir uns eine ganze Weile nicht gesehen haben. Oh ja, ich habe seine Nähe schrecklich vermisst. Da merke ich, dass ich unbedingt diesen Schrank verlassen und genügend Abstand zwischen uns beide bringen muss, bevor ich noch verrückt werde. Ich achte für ein paar Sekunden darauf, ob meine Großmutter noch zu hören ist, doch es scheint so, als wäre ich vor ihr sicher. Ob sie sogar in meinem Zimmer nach mir gesucht hat, ohne dass ich etwas mitbekommen habe, weil ich leicht abgelenkt war? Die Vorstellung, dass meine Oma uns beide beim Knutschen hätte erwischen können, finde ich erstaunlich komisch, dass ich mir ein Lachen verkneifen muss. Mir wird jedoch auch klar, dass ich mich wahrscheinlich nicht den ganzen Tag vor ihr verstecken kann.
„Wir sollten wieder runtergehen", schlage ich vor und stürme aus meinem Zimmer, wie ich vor meiner Großmutter davongestürmt bin. Ich will nicht riskieren, mir noch etwas von ihm anhören zu müssen, dass mich dazu bringt, diesen Kuss noch stärker zu bereuen. Oder ihn zu wiederholen, weil seine Nähe mich völlig benebelt.
„Vic, würdest du bitte mal eine Sekunde stehen bleiben und mit mir reden", ruft mir Nik hinterher.
„Bist du jetzt bitte still, bevor noch jemand mitkriegt, dass ich hier mit dir zusammen war!", keife ich ihn an und bekomme tatsächlich Angst, dass uns jemand zusammen sehen könnte. Wie mag das wohl aussehen, wenn wir gemeinsam rauskommen? Es könnte mir egal sein, das müsste es eigentlich, aber was habe ich davon, für Nik tausende von Standpauken zu hören zu bekommen? Er will mich nicht, also kann ich auch weiterhin so tun, als sei er nicht Teil meines Lebens.
„Ist das dein verdammter Ernst? Deine größte Angst ist es, mit mir gesehen zu werden? Tut mir leid, aber das ist echt erbärmlich", packt mich Nik am Arm und klingt fast ein wenig betrübt, aber nur fast, denn viel eher ist seine Stimme von seiner Wut eingenommen.
„Natürlich! Es ist sowieso nicht richtig, mich mit einem anderen abzugeben, solange Max und seine Eltern hier sind. Hinzu kommt, dass du absolut niemand bist, mit dem ich überhaupt gesehen werden sollte", kommt es härter aus meinem Mund, als es sollte. Ich weiß ganz genau, was ich da sage. Ich will ihn so gern verletzen, nachdem ich den wütenden Unterton zuvor bei ihm wahrgenommen habe. Ich klammere mich an alles, was mir irgendwie zeigen kann, dass ich ihm nicht egal bin oder dass er wenigstens so etwas wie Gefühle besitzt. Die Worte lassen sich erstaunlich einfach aussprechen, was leider wahrscheinlich daran liegt, dass sie zu einem kleinen Teil dem entsprechen, was ich wirklich denke. Ja, ich habe weiterhin Angst, so schnell kann ich weder sie ablegen, noch kann ich sofort alles verwerfen, was mir 19 Jahre lang eingetrichtert wurde. Ich stecke in einer Art Kampf gegen mich selbst, da kann mir sowas noch des Öfteren rausrutschen.
„Ich wusste es", meint Nik, in dessen Gesicht sich nun eine beinahe angsteinflößende Aggressivität abzeichnet. Ohne, dass ich ihn noch aufhalten könnte, stürmt er davon und es passiert etwas, mit dem ich noch weniger als mit dem Kuss gerechnet habe: Ich habe ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Wie kann sich die Stimmung zwischen uns nur jedes Mal so schnell vom einen Extrem zum anderen entwickeln? Vermutlich wäre das mit uns allein deshalb nie gut gegangen, zumindest macht dieser Gedanke seinen Verlust erträglicher.

„Wo warst du denn so ewig? Die Hexe hat wie verrückt nach dir gesucht, aber es sieht so aus, als hätte sie den Versuch mittlerweile aufgegeben. Keine Ahnung, was sie von dir wollte", nimmt mich Lucy wieder in Empfang und ich könnte nicht froher darüber sein, sie wieder zu sehen.
„Ich weiß, deshalb war ich auch weg, habe mich versteckt, aber das ist nicht alles, was passiert ist. Mein Vater hat mich Niks Eltern vorgestellt, unsere Väter scheinen sowas wie Freunde zu sein. Dann haben die uns doch tatsächlich allein gelassen, ich bin vor der Hexe geflohen, Nik kam hinterher und wir haben in meinem Schrank rumgeknutscht. Anschließend habe ich Mist erzählt und er ist beleidigt davongelaufen", schildere ich ihr das Geschehen in Kurzform und sehe ihr die Fassungslosigkeit an, was verständlich ist, schließlich kann ich das auch nicht ganz glauben. Mein ganzes Leben kommt mir nur noch wie ein Film vor. Die Hauptrolle zu spielen ist gar nicht so toll, wie viele denken.
„Jetzt im Ernst? Wow, ihr seid echt das komplizierteste Pärchen, das ich kenne. Und wie sind seine Eltern so?" Lucy nimmt das viel lockerer auf, als ich erwartet habe.
„Also erstens sind wir in keinem Universum ein Pärchen und zweitens, sind seine Eltern das einzige, was dich daran jetzt interessiert?", reagiere ich darauf gereizt, schließlich bin ich gerade nicht unbedingt in der besten Verfassung.
„Ich kann nicht gerade behaupten, dass seine Eltern mich nicht interessieren, aber der Rest ist natürlich genauso wichtig, allerdings wirkst du gerade noch viel zu aufgebracht, als dass du das Geschehene vernünftig reflektieren kannst. Es überrascht mich nicht, beinahe habe ich mit sowas in näherer Zukunft nochmal gerechnet, weil mir wirklich keiner mit einem gesunden Auge vormachen kann, dass zwischen euch kein Feuer brennt, aber anstatt euch gemeinsam daran zu warmen, beschmeißt ihr euch mit Feuerbällen."
„Nik ist eben nicht der Typ, um gemütlich am Feuer zu kuscheln, dafür scheine ich ihn heute zum ersten Mal getroffen zu haben. Ich hätte nicht mal erwartet, dass er davon so beleidigt wäre, andererseits hat er ein verdammt großes Ego, das bloß niemand ankratzen darf", erwidere ich und versuche die Schuldgefühle zu verdrängen, indem ich mir einrede, dass er es nicht anders verdient hätte. Das ist doch im Vergleich zu dem, was er mir an den Kopf geknallt hat, nicht zu übertrieben, oder?
„Und seine Eltern sind übrigens toll, auf Anhieb sympathisch, ganz im Gegensatz zu ihm. Wenn er ihnen nicht so ähnlich sehe, wäre ich mir sicher, dass sie ihn adoptiert haben. Von ihrem Charakter haben sie ihrem verkorksten Sohn absolut nichts mitgegeben. Wusstest du, dass er mit vollständigem Namen Nikolaus heißt? Mir war es richtig peinlich, als ich lachen musste, weil der Name so gar nicht zu ihm passt", versuche ich mich wenigstens daran aufzuheitern. Bei seinem Vornamen erscheint immer ein Bild von ihm vor meinen Augen, wie er roten Mantel und Mütze trägt, was absurd komisch aussieht.
„Ja, wusste ich, sein Vater kommt aus Schweden, da ist das wohl ein gängiger Name, glaube ich." Ich komme mir so dumm vor, bei diesem Nachnamen hätte ich gleich darauf kommen können, dass er Skandinavier ist. Da fällt mir erstmal auf, wie wenig ich eigentlich über ihn weiß. Kann man sich in jemanden verlieben, den man kaum kennt? Ich weiß vermutlich mehr über irgendwelche Popstars, für die ich früher geschwärmt habe, als über Nik. Kann das auch ein Grund sein, weshalb wir nicht richtig zueinander finden, gleichzeitig aber immer wieder beieinander landen? Er ist das skandinavische Eis, ich das lateinamerikanische Feuer. Wir stoßen einander ab, gleichzeitig ziehen sich Gegensätze an. Das ist von vornherein vom Schicksal zum Scheitern verurteilt
„Jetzt sag nicht, du hast dir sowas nicht denken können, immerhin entspricht er voll dem Klischee, ganz genau wie sein Vater. Blond, weiß, groß und stark, als hätte man sie aus einem Katalog bestellt." Daraufhin muss ich lachen und denke mir, dass man bei Nik ruhig etwas mehr Einfühlsamkeit und Freundlichkeit hätte hinzufügen können.
„Ich glaube, für heute habe ich genug mit und über ihn gesprochen, ich brauche dringend eine Pause davon. Ich könnte noch was zu trinken vertragen." Ich dirigiere uns in Richtung eines kleinen Buffets, auf dem man sich rund um die Uhr an gefüllten Gläsern bedienen kann und greife nach einem, da werde ich unsanft von hinten angerempelt.
„Oh mein Gott, Victoria, das tut mir leid, ich hoffe es du hast nichts auf deinem Kleid verschüttet. Manchmal bin ich so ein furchtbarer Tollpatsch", entschuldigt sich der Übeltäter, ein großes, dünnes Mädchen mit goldblondem Haar und makellosen Gesichtszügen, denen sie dennoch genügend Make Up zukommen lassen hat. Wir gingen in eine Klasse und sie war die Art von Mädchen, mit der man an manchen Tagen so getan hat, als wäre man unzertrennlich, sich dann den anderen Tagen gehasst hat, weil sie hinter deinem Rücken ständig über einen hergezogen ist und trotzdem immer ein Lächeln auf den Lippen trägt, als wäre ihr Gesicht erstarrt.
„Hallo Sandy, schön, dass du hier bist. Ich hoffe, du amüsierst dich ein wenig", begrüße ich sie mit einer lieblosen Umarmung. Eigentlich ist es mir völlig egal, was sie von dieser Feier hält, erst recht, ob sie Spaß hat oder nicht.
„Oh ja und wie! Seit einer Weile ist es sogar noch spannender. Seht ihr den großen, blonden Kerl dort hinten? Der sieht verdammt gut aus, wenn auch etwas unpassend für meinen Geschmack, aber haben tut der echt was", deutet Sandy auf Nik und das ist der Moment, in dem ich mich verschluckt hätte, wenn ich schon was getrunken hätte. Mir ist natürlich klar, dass es genügend Frauen gibt, die liebend gern das Gleiche mit ihm getan hätten wie ich, doch erschreckender ist es, wenn es sich dabei um jemanden handelt, den man kennt, dann auch noch um jemanden wie Sandy. Sie ist eine der oberflächlichsten Personen, die ich kenne, gerade von ihr hätte ich niemals gedacht, dass sie sich auf Nik einlassen würde, solange er nun mal einiges an sich trägt, das einfach nicht zu ihrem Erscheinungsbild passt. Allerdings ist sie vermutlich genau die Richtige für ein bisschen Bettgeflüster, denn mehr als ein bisschen Spaß will auch sie sich nicht zumuten. Na sieh mal einer an, die sind ja wie füreinander geschaffen.
„Ich finde, der hat was Gefährliches an sich, so als würde er dich auffressen, sobald du ihn auch nur ansiehst", antwortet Lucy an meiner Stelle, als sie merkt, dass ich sprachlos bin. Dieser Tag wäre auch ohne Nik schlimm genug gewesen, doch seitdem er hier aufgetaucht ist, wünsche ich mir nichts sehnlicher, als von hier zu verschwinden.
„Das macht ihn doch gerade so reizvoll. Es wundert mich nur, was so einer hier macht, sein schickes Hemd kann nicht vertuschen, dass er hier gar nicht wirklich hingehört oder hingehören will. Kennst du ihn, Victoria?"
„Ich weiß nur, dass er der Sohn von einem Freund meines Vaters ist. Irgendwas mit Klaus oder so, mehr weiß ich auch nicht. Wenn du mehr erfährst, kannst du mir ja mal Bescheid geben", tue ich, als ob es die belangloseste Sache der Welt für mich wäre, nachdem ich mich endlich zusammengerissen habe.
„Auf jeden Fall, dann werde ich mich mal heranpirschen. Wünscht mir Glück, Leute!"
Auf keinen Fall, lieber würde ich ihr ein Bein stellen, als sie davonstolziert in diesem kurzen blauen Kleid, das perfekt zu ihrer Haarfarbe passt, ihre Wespentaille super betont und ihren Busen hervorragend hervorhebt. Ich fange an, mich mit ihr zu vergleichen, ein typisches Konkurrenzverhalten, das ich sofort stoppen muss, bevor ich noch verrückt werde. Ich kann Nik doch gleich ans Bein pinkeln, um mein Revier zu markieren. Damit muss ich klarkommen, solange er nicht mit mir zusammen ist, kann jede andere ihn haben, nur wäre das wesentlich leichter zu akzeptieren, müsste ich dabei nicht zusehen.
„Autsch. Kommst du damit klar?", fragt mich Lucy bemitleidend, als Sandy außer Hörweite ist.
„Muss ich wohl, obwohl ich ihr im ersten Moment am liebsten den Kopf abgerissen hätte", gebe ich zu und kann meine Augen einfach nicht davon abwenden, wie Sandy Nik anspricht, er sie verwundert ansieht, sich dennoch auf das Gespräch einzulassen scheint. Dieses perfekte Lächeln, bei dem ihre Augen bis hier hin strahlen, blendet mich fast. Als sie dann auch noch anfängt, sich eine Locke um den Finger zu wickeln, muss ich schleunigst meinen Blick abwenden, um nicht vor Eifersucht zu platzen. Meine leise Hoffnung, Nik würde sie wegschicken, ist damit hinfällig.
„Lass uns am besten wo hingehen, wo du sie nicht ständig im Blick hast", schlägt Lucy vor, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Sie weiß immer ganz genau, was für mich das Beste ist und was ich dringend brauche.

Zwei Stunden später hoffe ich, dass diese Feier endlich ein Ende nimmt. Das Stehen fällt mir langsam schwer, von dem vielen Fruchtsecco wird mir mit der Zeit schlecht, die Langeweile nicht zu vergessen. Hinzu kommt noch, dass ich seit zwei Stunden an nichts anderes denken kann, als an Sandy und Nik. Auf der einen Seite würde ich zu gern Maulwurf bei den beiden spielen, auf der anderen Seite würde es mich vermutlich zu sehr verletzen, so viel kann ich nicht ertragen.
Und dann bekomme ich das zu sehen, womit ich die ganze Zeit über insgeheim gerechnet habe, mir aber so sehr gewünscht habe, dass es nicht eintrifft. Während ich einsam durch den Garten streife, höre ich Sandys kichern und kurz darauf auch, wie sie nah neben Nik her zum Haus läuft. Sie wollen die Feier verlassen, gemeinsam und das kann nur eins bedeuten: Sandy hat es geschafft, Nik rumzukriegen, dabei haben wir uns vor kurzem noch geküsst. Meine Neugier ist stark, wird allerdings so stark von meinem Instinkt übertönt, wegzulaufen, dass ich auf dem Absatz kehrt mache und im nächsten Moment auf Max stoße. Dieser Tag gönnt mir aber auch kein bisschen Glück. Mit aller Mühe muss ich meine aufsteigenden Tränen unterdrücken und ein Gesicht aufsetzen, als würde ich nicht der letzte Passagier auf einem sinkenden Schiff sein.
„Hallo Max, ich habe dich heute noch gar nicht mitgekriegt", versuche ich so fröhlich wie möglich zu klingen, auch wenn Max merken wird, dass mir nicht nach Fröhlichkeit zu Mute ist.
„Ich dich schon, du hast nur immer sehr beschäftigt gewirkt, dabei wollte ich unseren Eltern so gern beweisen, dass wir beide noch wie zivilisierte Menschen miteinander umgehen können", erklärt Max sein plötzliches Erscheinen und vor Erleichterung muss ich tatsächlich lachen, weil es wirklich so scheint, als sei zwischen uns alles in Ordnung. Max hat unsere Trennung mit Fassung genommen und ist sogar jetzt noch so nett zu mir. Wie konnte ich je etwas anderes erwarten? Diese Courage hätte ich vermutlich nicht, wenn man bedenkt, wie kurz ich vor dem Kollaps aufgrund einer Person stehe, mit der ich nie richtig zusammen war.
„Ich habe Nik heute gesehen. Hast du den etwa eingeladen?", muss Max dennoch diese Frage stellen, wo doch ausgerechnet Nik der jenige ist, dessen Name heute nicht mehr in meiner Anwesenheit genannt werden darf.
„Natürlich nicht, darauf wäre ich nicht mal im Traum gekommen. Er ist mit seinen Eltern hier, die wiederum mit meinem Vater befreundet sind, ich bin völlig unschuldig, aber ich hatte heute definitiv genug von ihm, also entschuldige mich bitte, ich würde mich gern zurückziehen und mich etwas ausruhen. Meine Füße schmerzen auch fürchterlich nach Ewigkeiten des Stehens in diesen Schuhen", rede ich mich raus und deute auf meine Hacken.
„Natürlich, ich will dich nicht weiter aufhalten, wollte mich nur mal bei dir melden. Ich wünsche dann eine Gute Nacht." Sein Abgang wirkt etwas versteift, da er scheinbar kurz überlegt hat, ob er mich umarmen sollte, sich dann allerdings doch dagegen entschieden hat. Ich habe den leisen Verdacht, dass Max ein wenig eifersüchtig ist, weil der, dessen Name heute nicht mehr genannt werden darf, ebenfalls hier war, doch das könnte ich ihm wohl kaum verübeln nach unserer Trennung, außerdem geht es mir gerade nicht wirklich anders.
Bevor jedoch noch jemand auf die Idee kommen kann, mich anzusprechen, ziehe ich mich blitzschnell auf mein Zimmer zurück und falle erschöpft ins Bett, als hätte ich sportliche Höchstleistungen vollbracht. Zumindest mein Herz fühlt sich an, als hätte es heute wahnsinnige Strapazen hinter sich gebracht. Wie lange hält es die derzeitige Situation noch aus?

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