Kapitel 26

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Tut mir leid, dass jetzt eine ganze Weile nichts kam, aber mein Studium hat angefangen und deshalb geht's gerade drunter und drüber bei mir.

Mist, es ist schon viel zu spät, als ich aufwache. Das wundert mich nicht sonderlich, da es eine ganze Weile gedauert hat, bis ich letzte Nacht zum Schlafen gekommen bin. Es blieb nicht bei diesem einen Mal, Nik konnte mich gar nicht mehr in Ruhe lassen, bis wir beide völlig ausgepowert waren, aber auch ich konnte meine Finger nicht von ihm lassen. Jede Sekunde unserer Zweisamkeit hat sich wie ein viel zu schöner Traum angefühlt, bei dem ich Angst hatte, dass er jeden Moment enden könnte, weshalb ich jede noch so winzige Berührung voll und ganz ausgekostet habe. Wir haben nicht viel miteinander geredet, unsere Körper haben von allein miteinander kommuniziert und uns alles gesagt, was wir wissen mussten. Zwischen uns lag nicht süße Romantik in der Luft, sondern etwas, das ich sogar als wilde Leidenschaft bezeichnen würde. Es war einfach unbeschreiblich und natürlich habe ich den Frieden nach unserem kleinen Streit genossen. Anschließend ist Nik zwar schnell eingeschlafen, ich hingegen war zu sehr darauf konzentriert, ihn genaustens zu beobachten und mir jede Partie seines Körpers intensiv anzusehen und einzuprägen, denn wer weiß, wann und ob es wieder dazu kommen wird. Obwohl ich keine Beziehung mit Nik führe, ich weiß nicht mal, wie ich unser Verhältnis bezeichnen soll, hat es sich viel, viel besser angefühlt, als in Max Nähe zu sein, dabei fühlte es sich immer so richtig an, wenn ich bei ihm war. Kaum verdreht einem ein anderer den Kopf, ist die Vergangenheit vergessen. Ich kann nicht leugnen, dass mir die Prise Nervenkitzel, die uns begleitet, nicht auch etwas attraktives hat. Die Aufregung dabei, weil man etwas Verbotenes tut, was andere verurteilen würden, weshalb man nicht erwischt werden darf, ist auf eine Art erregend. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ich mit 18 Jahren eine Affäre haben werde? Ich wäre jedenfalls niemals auf die Idee gekommen, deshalb fällt es mir schwer, zu realisieren, dass ich wirklich mit diesem wunderschönen Mann neben mir schlafe. Ich habe dabei kaum Reue gespürt, zu sehr wurde ich von der Lust gelenkt. Max und jeder andere, der sich gern in mein Leben einmischt, war mir in diesem Moment so egal, ich habe einfach an mich gedacht und daran, was ich will, was nicht sehr oft vorkam bisher. Ich will mich nicht in so jungen Jahren schon aufgeben, ich will meine Jugend leben und sie genießen, so wie es jeder normale Mensch auch tut.

Es fällt mir wahnsinnig schwer, mich aus dem Bett zu quälen, ganz davon abgesehen, dass ich hundemüde bin, obwohl mein Handy schon 11 Uhr anzeigt. Panisch springe ich auf und bedaure es zutiefst, dass ich nicht noch länger Niks Nähe spüren kann. Der wird durch meine Bewegungen auch wach, woraufhin ich ihm ein dämliches, zufriedenes Grinsen schenke. Er steht mit mir gemeinsam auf, wobei wir sogar gemeinsam Zähne putzen. Das fühlt sich ja schon fast wie in einer Beziehung an, wenn ich an so manche Filme denke, die ich gesehen habe. Meine eigene Beziehung hat mir nicht gerade viel Erfahrung gebracht. Schnell verwerfen ich den Gedanken und nehme dankbar sein Angebot an, mich nach Hause zu fahren. Mein Kopf tut immerhin noch ein bisschen weh, es würde extrem viel Zeit kosten, die Strecke zu laufen und ich muss wirklich schleunigst nach Hause. Natürlich parkt er eine Straße weiter weg, damit meine Eltern bloß nichts mitbekommen, dennoch habe ich Angst, uns könnten Nachbarn zusammen sehen und meine Eltern anschließend darauf ansprechen. Leider verbreitet sich Klatsch und Tratsch in meiner Gegend wahnsinnig schnell und genauso schnell kommt es mir super riskant vor, dass ich mich von ihm habe fahren lassen. Es ist erschreckend, wie groß meine Ängste sind, bei jeder Kleinigkeit gesehen zu werden. Mir ist noch nie so bewusst gewesen, unter welchem Druck ich eigentlich stehe und wie sehr mir das gegen den Strich geht. Bisher kam ich mir wenigstens immer noch gut behütet vor, mittlerweile sind diese ständige Beobachtung und das Verlassen darauf, dass ich bloß keinen Fehler mache, nur unnötiger Ballast. Brauchte ich erst Nik, um das zu erkennen?
Der Abschied von ihm ist seltsam, da keiner von uns beiden so genau weiß, was angemessen ist und was nicht. Ein Kuss kommt hier, wo uns jemand sehen könnte, gar nicht in Frage, zumal das wirkt, als haben wir eine sehr enge Bindung. Haben wir die oder nicht? Wir sollten vielleicht darüber reden, wie es mit uns weitergeht, bevor es richtig peinlich wird. Da auch Nik keine Anstalten zu irgendwas macht, sage ich einfach nur tschüss und steige aus dem Wagen. Nachdem ich ein paar Schritte gegangen bin, fährt Nik schon an mir vorbei und ich kann nicht anders, als dem Wagen sehnsüchtig hinterherzuschauen. Wann sehen wir uns wohl wieder? Ich hoffe sehr bald, falls er mich überhaupt wiedersehen will. Ich habe noch nicht einmal seine Handynummer, wir könnten uns nicht einfach so verabreden. Damit bin ich also darauf angewiesen, zu hoffen, dass wir uns bald als Gruppe wiedertreffen und er dabei sein wird. Ich kann das nächste Treffen gar nicht abwarten, denke allerdings niedergeschlagen, dass ich mich darauf noch eine Woche gedulden muss. Wie ist es so weit gekommen, dass ich mit einem Mann Sex habe, von dem ich nicht mal die Nummer weiß? Ich kenne ihn kaum und will trotzdem das Intimste mit ihm teilen, was zwei Menschen miteinander haben können. Manchmal spielt das Leben eben verrückt. Genau deshalb habe ich vor, mich nicht zusätzlich auch noch verrückt zu machen und die Geschehnisse einfach so hinzunehmen, anstatt mir ständig einzureden, dass alles, was ich tue, schrecklich ist. Ist es nicht eher zu verurteilen, mir so viele Grenzen zu setzen, dass ich kaum ein Leben habe?
Auf den letzten Schritten nach Hause überlege ich, ob Nik vielleicht auch daran denkt, mich wiederzusehen. Ich kann ihn nur sehr schlecht einschätzen, nicht nur, weil ich ihn kaum kenne, sondern weil er mir gegenüber noch sehr verschlossen ist. Allgemein wirkt er nicht gerade wie der Typ, der gern über seine Gefühle und andere Dinge, die ihn berühren, spricht. Das ist nicht gerade förderlich, um mich in seiner Gegenwart sicherer zu fühlen, aber was könnte es mit mir anstellen, wenn ich ihn noch besser kenne und er ernsthaft mit mir über alles spricht? Am Ende könnte ich ihn noch mehr verfallen. Vielleicht hat er mich allerdings schon wieder vergessen und denkt erst beim nächsten zufälligen Wiedersehen daran, dass er ja mit mir schlafen könnte. Dieser Kerl steckt voller Überraschungen, ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Ich weiß auch nicht, wie ich ihn mir als Arzt vorstellen soll. Wie er wohl mit Stethoskop und weißem Kittel aussieht? Das scheint gar nicht zu ihm zu passen, genauso wenig wie er in einen vollen Hörsaal über Anatomie passt, zwischen all den Klischee-Studenten.

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