Kapitel 32

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Ich habe gewusst, dass vor allem meine Mutter schockiert sein wird, schließlich war sie davon überzeugt, ich und Max würden eines Tages heiraten, aber diese maßlose Fassungslosigkeit scheint mir doch etwas übertrieben. Okay, meine Mutter ist die perfekte Verkörperung des Begriffes Übertreibung. Sie wirkt, als hätte sie gerade eine Trennung hinter sich und nicht ich. Sie muss sich von ihrem zukünftigen Schwiegersohn trennen, ohne zu wissen, ob es nochmal jemanden geben wird, der genauso perfekt ist, wie Max. Wahrscheinlich hat sie jetzt Angst, ich könnte mit dem nächst besten Drogendealer anbandeln. Wie bei allem kann sie es einfach nicht ertragen, nicht über den Verlauf der Dinge zu bestimmen, ob sie nun ihre Angelegenheiten betreffen oder nicht. Mein Vater sitzt neben ihr im Wohnzimmer und versucht, sie etwas zu beruhigen, aber sogar er wirkt etwas überrumpelt. Auch er hat Max sehr gemocht.
„Wieso?", fragt meine Mutter immer noch ungläubig mit dem Kopf schüttelnd. Weil ich mich in jemand anderen verliebt habe. Oh Gott, ich mag mir gar nicht ausmalen, wie sie reagieren würde, wenn sie davon wüsste und dann auch noch wer der Glückliche ist. Nik ist im Prinzip die Verkörperung ihres Albtraums, da ist der Herzinfarkt sicherlich vorprogrammiert. Vermutlich wäre das mit mir und Nik in keinem Fall gut gegangen, egal wie wir uns entwickelt hätten, da meine Eltern uns immer ein Hindernis gewesen wären, zumindest versuche ich mir, das Geschehene dadurch etwas erträglicher zu machen. Diese Sache war von vorne bis hinten aussichtslos, trotzdem würde ich es wieder tun, denn gerade jetzt merke ich, wie sie mir geholfen hat, mich weiterzuentwickeln. Ich will nicht länger, dass meine Mutter mein gesamtes Leben bestimmt.
„Es hat einfach nicht mehr funktioniert. Max ist wirklich ein toller Kerl, nur nicht für mich bestimmt. Ich glaube, unsere Vorstellungen von einer Beziehung gehen einfach in zwei unterschiedliche Richtungen", versuche ich, es zu erklären, obwohl ich genau weiß, wie sinnlos es ist, denn meine Mutter wird es trotzdem nicht verstehen. Die einzige Person, die sie je richtig verstehen wird, ist sie selbst.
„Das kann nicht sein, ihr ward doch so ein tolles Paar, das denkt doch jeder. Was muss jetzt bloß seine Mutter von dir denken? Dabei mochte sie dich doch auch so gern und hatte schon so viele Pläne, die euch betrafen. Vielleicht solltet ihr nochmal miteinander reden und Max verzeiht dir, egal was zwischen euch vorgefallen ist. Ich bin mir sicher, er gibt dir noch eine Chance, das muss er einfach. Es kommt auch für deine Zukunftspläne gar nicht in Frage, dass es einfach so aus ist", beruht sie weiterhin auf der Hoffnung, es ließe sich noch alles gerade biegen.
„Mama, ich habe nichts falsch gemacht, was er mir verzeihen müsste. Wieso gehst du überhaupt davon aus, dass ich einen Fehler begangen habe? Versteh doch einfach, dass es vorbei ist, weil er nicht meine große Liebe im Leben ist, daran lässt sich leider nichts ändern. Das war meine Beziehung, dazu auch noch meine erste und ich weiß wohl am besten, wann sie endgültig vorbei ist und dass meine Entscheidung die richtige war." Mit diesem Machtwort wende ich mich wütend von den beiden ab und stürme auf mein Zimmer. Wie kann man nur so verbissen auf etwas sein, was sie gar nicht direkt angeht? Ich wusste von Anfang an, dass es aufgrund meiner Entscheidung ein großes Drama geben würde und genau deshalb habe ich sie so lange vor mir hergeschoben. Von unten höre ich, wie meine Eltern heftig miteinander diskutieren. Ich werde nie verstehen, wie sich die beiden gegenseitig aushalten, wo doch mein Vater völlig anders tickt als meine Mutter. Wahrscheinlich ruft meine Mutter gleich die von Max an, um sich bei ihr für das furchtbare Verhalten meinerseits zu entschuldigen, woraufhin sich die Neuigkeit wie ein Feuer um Strohhaufen verbreiten wird und morgen erwarten mich von Mädchen, zu denen ich kaum Kontakt hatte, eine Menge Nachrichten, in denen sie ihr Mitleid oder ihren Schock ausdrücken. Ich weiß nicht, wieso ausgerechnet meine Beziehung so eine große Sache für viele ist, das war sie komischerweise schon von Anfang an. Einige werden sicherlich schadenfroh sein und sich freuen, dass Max wieder single ist, darauf haben die doch schon lange gewartet. Gleichzeitig wird man sich das Maul darüber zerreißen, dass die perfekte Vic endlich mal einen Fehler begangen hat. Das hat man davon, wenn man immer versucht, für alles und jeden perfekt zu sein, dann hocken sie wie die Geier über dir und stürzen sich auf dich, wenn es so weit ist. Haben denn die Leute alle keine eigenen Probleme?
Tja, jetzt bin ich single, aber nicht, weil ich und Nik uns zueinander bekannt haben, sondern einfach nur aus gesundem Menschenverstand, der lange auf sich warten ließ, gebe ich zu. Ob Nik wohl schon weiß, dass ich es getan habe? Und wenn ja, was würde er darüber denken? Vermutlich bildet er sich dann ein, dass es nur an ihm lag, dass ich mich so sehr in ihn verschossen habe, dass ich Max nicht mehr ertragen konnte. Ganz ungelogen ist das nicht, aber es lief doch lange nicht sonderlich gut in unserer Beziehung. Und da haben wir es: immer nur Nik, Nik, Nik! Es macht mich wahnsinnig, ständig an ihn denken zu müssen und ihn gleichzeitig zu hassen. Wären meine Gedanken nach seiner letzten Aktion wenigstens voller Hass auf ihn, aber nein, ich muss ihm immer noch hinterherschmachten, wobei ich doch genau weiß, wie wenig ich ihm eigentlich bedeute. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich in so einer Rolle mal wiederfinden könnte.

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