Kapitel 30

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Ich küsse Mark, verdammt ich küsse ihn! Ich sollte aufhören, nein, weitermanchen! Verlfucht, soll ich bloß tun? Ich weiß nicht mehr, was ich will, mein Gehirn hat einen Kurzschluss. Eins weiß ich Ganz sicher, ich will Nik, am liebsten für mich allein, ohne irgendwelche anderen Mädchen, die er nach Lust und Laune küsst. Wie soll das gelingen? Zunächst scheint Mark genauso überrumpelt von mir zu sein, wie ich es selbst bib, doch schnell lässt er sich auf diesen Kuss ein. Wenn meine Mutter von all dem wüsste, was ich in letzter Zeit so anstelle, würde ich mich wahrscheinlich sehr bald in einem Kloster wiederfinden. Oh Gott, ich will jetzt um Himmels Willen nicht an meine Mutter denken, eigentlich will und kann ich an gar nichts denken, zumindest an nichts, bei dem eine vernünftige Schlussfolgerung zu Stande kommt.
„Wow, das war überraschend, aber schön", meint Mark nach diesem sehr ausgiebigen Kuss, er strahlt über das ganze Gesicht. Wenigstens habe ich ihm eine Freude gemacht, wohingegen ich den Kuss nicht schlecht fand, aber es hat nicht ein bisschen Feuer darin gesteckt, anders als bei Nik, bei dessen Küssen mein ganzer Körper in Flammen zu stehen scheint. Leider scheine ich ihm nicht auszureichen, wie er mir heute demonstriert hat. Warum finde ich jemanden, der solche Gefühle in mir entfachen kann und der muss sich als der größte Idiot von allen entpuppen? Ich bin selbst schuld, das wusste ich schließlich von Anfang an.
„Und was hast du jetzt vor? Wollen wir vielleicht gehen?", schlägt Mark vor und ich kann mir genau denken, was er für Pläne hegt, was ich ihm schlecht übel nehmen kann, immerhin habe ich ihm die richtigen Zeichen gegeben, beabsichtigt unbeabsichtigt.
„Na klar", sagt mein Mund, bevor mein Hirn sich einschalten kann. Das kann ich heute völlig in die Tonne hauen. Nein, natürlich will ich nicht mit ihm mitgehen! Ein Kuss ist okay, aber ich werde doch nicht einfach mit ihm schlafen. Bevor ich meinen dummen Fehler jedoch schnell korrigieren kann, ist er schon fröhlich davonspaziert, um sich noch schnell bei seinen Freunden zu verabschieden, wie er mir zu verstehen gibt. Ich sollte auch zu meiner besten Freundin gehen und um Hilfe schreien. In was für eine peinliche Lage habe ich mich da bloß gebracht? Andererseits tut es mir für Mark Leid, wenn ich ihn jetzt abserviere, es würde ihn definitiv verletzen, aber das muss ich wohl in Kauf nehmen. Wenigstens ist Mark wirklich nett und wirkt nicht wie der typische Aufreißer, nicht wie ein gewisser Blondschopf, was es nur noch schlimmer macht, ihn vor den Kopf zu stoßen.
„Ich muss nochmal auf Toilette", gebe ich Mark Bescheid, als er zurückkommt. Und was will ich da? Mich verstecken, bis er alleine geht oder aus dem Fenster klettern und davon rennen? Mark hat eine Erklärung verdient, ich verhalte mich sonst wie ein unreife Teenager, wobei ich immer stärker das Gefühl habe, tatsächlich einer zu sein. Ich schreibe Lucy eine Nachricht, dass sie mich auf der Toilette findet, als nach fünf Minuten aber immer noch keiner kommt und sie nicht abnimmt, wenn ich sie anrufe, beschließe ich, dass ich genug Zeit abgesessen habe. Zum einen sind Toiletten absolut nicht mein liebster Aufenthaltsort und zum anderen kommt mir dieses Versteckspiel zu kindisch vor. Ich bin erwachsen, das echte Leben erwartet mich bald, ich bin dazu in der Lage, einem Mann zu sagen, was Sache ist. Doch als ich die Toilette verlasse, erwartet mich eine Person, die ich gerade am wenigsten sehen will und der ich gleichzeitig unglaublich gern um den Hals fallen würde, solange sie sich nicht weiterhin wie ein Idiot benimmt.
„Was willst du?", frage ich ihn gespielt desinteressiert und will einfach an ihm vorbeigehen, als wäre er mir völlig egal, aber Nik stellt sich mir in den Weg. Wer hat auch gedacht, dass es so einfach wird?
„Ich will wissen, was das gerade sollte. Mir wäre das ja herzlich egal, wenn ich nicht wüsste, dass du niemand bist, der einfach mal so jeden wildfremden Typen abknutscht, wenn kein triftiger Grund dahinter steckt", spricht er mich auf meinen kleinen Rachefeldzug an. Er hat es mitbekommen, ich war nicht die ganze Zeit bloß Luft für ihn. Innerlich könnte ich Luftsprünge machen, ich komme allerdings schnell wieder auf dem Boden auf, als mir seine Worte erstmal richtig durch den Kopf gehen. Es wäre ihm egal? Gut zu wissen, wie es um uns steht. Wie kann es ihn so kalt lassen, bei dem, was zwischen uns passiert ist? Ist es ihm wirklich so egal, wenn er es trotzdem für nötig hält, mir vor der Toilette aufzulauern und mich darauf anzusprechen? Warum muss er nur so kompliziert zu verstehen sein?
„Woher willst du wissen, was ich tun würde und was nicht? Du hast dich nun echt noch nicht angeregt genug mit mir unterhalten, um mich richtig zu kennen. Und selbst wenn, kann ich tun und lassen was ich will, wie jeder hier." Dabei gucke ich ihm demonstrativ intensiv und herablassend in die Augen. Er ist wirklich der Letzte, der mir zu sagen hat, ob ich rumknutschen kann, mit wem ich will oder nicht. Er macht mir schließlich perfekt vor, wie sowas funktioniert. Mir ist es egal, ob er merkt, wie wütend und eifersüchtig ich bin, das kann er sich vermutlich so oder so denken, denn letztendlich hat er Recht, ohne seine Aktion, wäre das nie passiert.
„Natürlich kannst du das, ich zweifle nur an deiner Zurechnungsfähigkeit", kontert er, woraufhin ich einfach nur verächtlich schnaube und mich an ihm vorbeidrängeln will, erfolglos. „Hör mal, wenn du wegen Sara eifersüchtig bist, dann solltest du das schnell sein lassen und dich damit abfinden. Denn so war es mit mir schon immer und so wird es auch immer sein oder du kommst nicht damit klar, bist sauer auf mich und willst nichts mehr mit mir zu tun haben. Du kannst machen, was du willst, mir ist das völlig egal. Ich kann beide Entscheidungen verstehen", stellt er mich mit eiskaltem Ton vor die Tatsachen. Ich bin ihm also völlig egal? Was glaubt er, wer er ist? Denkt er echt, wenn ich weiß, dass ich ihm am Arsch vorbeigehe, dass ich dann noch was mit ihm zu tun haben will? Ich müsste ein wahres Flittchen ohne jegliche Selbstwertgefühle sein, um trotzdem noch mit ihm ins Bett zu gehen, wo er mich so beleidigt. Ich bin für ihn wertlos, das will ich einfach nicht glauben. Die Eltern, die diesen missratenen Jungen großgezogen haben, will ich mal kennenlernen.
„Wie wäre es, wenn ich nichts mehr mit dir zu tun haben will und dich und Sara euren Spaß haben lasse? Ich will dir keine Last mehr sein, schönen Abend noch", schleudere ich ihm ebenso eiskalt entgegen, als würde es mir rein gar nichts ausmachen. Von meiner puren Wut angetrieben, fällt mir das nicht mal ansatzweise schwer, obwohl ich heulen könnte. Ich mache einen Abgang und versuche dabei so gut auszusehen, wie ich kann, aufrechte Haltung, erhobener Kopf, der Hintern wackelt hin und her. Ich laufe direkt auf Mark zu, der mich schon längst erwartet. Ohne großartig über meine Handlung nachzudenken, lege ich meine Arme um seinen Hals und drücke ihm einen perfekt in Szene gesetzten Kuss auf die Lippen. Laut Niks Aussagen hat das zwar keine besondere Wirkung auf ihn, unterlassen kann ich die Versuche, ihn irgendwie auch eifersüchtig zu machen trotzdem nicht. Ich entschuldige mich und behaupte, dass mich irgendein besoffener Schwachkopf aufgehalten hat, nachdem ich mich wieder von Mark gelöst habe. Der grinst, als erlebe er den Abend seines Lebens, der arme Kerl. Wir machen uns auf den Weg nach draußen, jedoch nicht bevor ich noch mal einen Blick auf Nik geworfen habe. Der steht regungslos und mit versteinerter Miene da, dafür schenke ich ihm ein provokantes Lächeln und kehre ihm anschließend den Rücken zu. Wahnsinn, wie gut es tat, ihm auf diese Weise mal eins reinzuwürgen und kurz das Gefühl zu haben, die Oberhand zu besitzen. Ich konnte wirklich keine Anzeichen von Eifersucht in seiner Mimik erkennen, trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass es ihn nicht doch wenigstens ein bisschen gestört hat. Warum stand er denn sonst noch da und hat uns so eindringlich beobachtet? Er hätte gehen und mich keines Blickes mehr würdigen können. Ist das nur Einbildung, die irgendeiner romantischen Idee entspringt oder könnte daran wirklich was sein?
Vor dem Club wird es Zeit, Mark endlich einen Korb zu geben. Mit ihm ins Bett zu steigen, würde wirklich viel zu weit gehen für meine Verhältnisse, mal ganz davon abgesehen, dass ich absolut kein Verlangen danach spüre. Ich versuche, es ihm so schonend wie möglich zu erklären und zu meiner Überraschung zeigt er viel Verständnis dafür. Ich hätte gedacht, dass er mich als verrückt abstempelt, sauer ist und mir einen Vogel zeigt, stattdessen wünscht er mir alles Gute und viel Glück. Verdammt, vielleicht hätte ich Mark besser kennenlernen sollen, sein Charakter hat einfach von vorne bis hinten perfekt gepasst, aber nein, ich muss mich mit Idioten wie Nik aufhalten. Der ist jetzt Vergangenheit, rede ich mir ein und aus meiner Wut wird plötzlich tiefe Traurigkeit. Er hat mir schon viele Dinge gesagt, die absolut daneben waren, aber dass ich ihm so unwichtig bin, verletzt mich am meisten. Die Tränen, die die ganze Zeit von meiner Wut zurückgehalten wurden, befinden diesen Zeitpunkt als richtig, um sich den Weg frei zu kämpfen. Somit laufe ich den weiten Heimweg durch die dunkle Nacht mit gesenktem Kopf.

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