Kapitel 09

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Ich kann noch gar nicht fassen, was sich Nik gewagt hat, mir ins Gesicht zu sagen. Noch nie war jemand so unverschämt zu mir. Wie kann man sich über so ein sensibles, privates Thema auf diese Art amüsieren? Nik ist wohl der unfreundliche und unempathischste Mensch, der mir bisher über den Weg gelaufen ist. Auf meiner Schule gab es auch den ein oder anderen Idioten, Nik allerdings übertrifft alles und jeden. Fast bereue ich es dank ihm, hergekommen zu sein. Was habe ich anderes erwartet, wenn er wie immer hier ist? Deshalb sollte es mich gar nicht so sehr stören, was er für einen Müll von sich gibt, schließlich meinen Typen wie er es meistens nicht ernst und stacheln andere nur an, weil sie damit ihr eigenes Selbstwertgefühl aufbessern müssen. Ich könnte mich am liebsten selber dafür ohrfeigen, dass ich so schnell eingeschnappt war, damit habe ich ihm genau gegeben, was er erreichen wollte. Er hat mich gekränkt und kann sich jetzt denken, dass ich noch nie mit jemandem und schon gar nicht mit Max geschlafen habe, sonst wäre ich wohl kaum so empört gewesen. Ich möchte vor Scham im Boden versinken. Eigentlich war diese Tatsache für mich nie ein Grund, um mich zu schämen, aber in Niks Augen bin ich wahrscheinlich entweder eine verklemmt Nonne oder jemand, den kein Junge anrühren will. Soll er doch darüber lachen, wie viel er will, wenigstens bin ich keine Schlampe, von denen er bestimmt genügend kennt. Wahrscheinlich ist er selber eine.
Mit feuerrotem Gesicht, ein Gemisch aus Wut, Scham und Trunkenheit, komme ich wieder bei der Gruppe an. Ihre Blicke richten sich gleich danach auf jemanden hinter mir und mir ist nur allzu bewusst wer das ist, nicht zuletzt, weil Sara sofort anfängt zu strahlen. Sie kann doch unmöglich auf diesen Tölpel stehen, schließlich kommt sie mir wie eine vernünftige Frau vor, die viel auf sich selbst hält, da kann man was wesentlich Besseres haben. Scheinbar muss man Gefühle, die man entwickelt, nicht immer nachvollziehen können. Eins weiß ich aber ganz sicher: Mir ist die Lust auf einen Schlag völlig vergangen und ich möchte nur noch weg von hier. Einen richtigen Plan habe ich mir zwar noch nicht überlegt, jedoch ist alles besser, als in Niks Nähe zu bleiben. Er ist Grund genug, um schleunigst die Fliege zu machen. Ich werde ihm nicht nochmal die Chance geben, mich zu beleidigen. Ich beschließe, dass ich mich nicht nochmal hin setze, so komisch das auch auf die anderen wirken mag, sondern direkt den Weg nach draußen einschlage.
„Würdest du mir bitte meine Tasche geben, Tom?", frage ich ihn, woraufhin er mich zunächst überrascht, gleich darauf geknickt ansieht.

„Du willst schon gehen? Solange bist du doch noch gar nicht hier." Ihm zu Liebe überlege ich tatsächlich kurz, doch nicht zu verschwinden, aber sein Freund hat es bestens geschafft, mich für heute wegzuekeln. Vielleicht war genau das sein Ziel, das hat er super geschafft. Ich kann mir gut vorstellen, dass er mich hier nicht akzeptiert, weil ich nicht bin wie er und die anderen. Widerwillig reicht Tom mir meine Tasche und umarmt mich zum Abschied. Ich verabschiede mich auch vom Rest der Runde, wobei ich gar nicht glaube, dass Lucy etwas davon mitbekommt, so wie sie gerade in ihre Knutscherei mit Ben vertieft ist.
"Lucy, Schatz, willst du dich nicht verabschieden?", unterbreche ich sie und räuspere mich laut, um drängender zu wirken.
„Wie willst du jetzt nach Hause kommen?", kann sich Lucy doch einmal von ihrem Liebsten abwenden und sieht mich dabei an, als hätte sie gerade geschlafen. Na die muss ja vertieft in Bens Lippen gewesen sein.
„So, wie ich hergekommen bin, mit dem Taxi. Ich hab zwar kein Geld mehr hier, aber dann muss der Fahrer eben kurz warten, sobald er mich zu Hause abgesetzt hat", erkläre ich, obwohl ich wenig Lust habe, noch ein Taxiunternehmen anzurufen und ewig zu warten, aber welche Wahl habe ich schon? Sonderlich gut überlegt habe ich mir meine Idee nicht, früher oder später hätte ich allerdings sowieso gehen müssen und ich kann mich nicht darauf verlassen, dass ich ständig bei Lucy schlafen kann, schließlich hat sie auch noch ein Leben.
„Und wo willst du jetzt hin? Deine Eltern erwarten dich doch gar nicht und in deinem Zustand solltest du da lieber nicht aufkreuzen." Sie hat zwar Recht, doch Niks süffisantes Grinsen merke ich, ohne hinzusehen. Soll er sich doch an meinem Leben totlachen, dann wäre die Welt ein Problem mehr los.
„Zu mir kannst du aber auch nicht, da ich mich für heute auch zu Hause abgemeldet habe. Nimm mir das bitte nicht übel, das kam jetzt zu kurzfristig." Vermutlich schläft Lucy bei Ben und ich denke nicht einmal daran, ihr das übel zu nehmen. Ich weiß ganz genau, dass es von mir zu viel verlangt gewesen wäre, hätte ich sie gebeten, mit mir bei sich zu schlafen. Das macht es mir nicht gerade einfacher, eine Lösung zu finden.

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