Kapitel 28

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„Hallo, was macht ihr denn hier?", frage ich gespielt freudig überrascht, als würden sie mich nicht gerade beim Fremdgehen erwischen. Innerlich verfluche ich sie, weil sie nicht einfach hallo gesagt und weitergegangen sind. Nein, sie müssen so höflich sein und Smalltalk betreiben. Verdammte Manieren! Ich hoffe, dass sie sich nichts weiter dabei denken, dass ich mit einem tätowierten Mann und Gitarrentasche herumlaufen, allerdings muss ich damit rechnen, dass sie es Max erzählen werden. Ich sollte mir schnellstens weitere Lügen einfallen lassen oder endlich den Mut fassen und mit ihm Schluss machen. Selbst wenn das passiert ist, muss ich trotzdem weiterhin vorsichtig sein, eine Beziehung mit Nik, von welcher Art sie auch sein mag, wäre immer noch ein schreckliches Vergehen. Ob Max Freunde Nik schon in der Uni oder auf der Party letztens gesehen haben? Genau aus diesem Grund hielt ich es für zu riskant, mich mit Nik in der Öffentlichkeit blicken zu lassen, irgendwann wird man ertappt. Beim Pub und dem Club konnte ich mir wenigstens sicher sein, dass sich dort niemand hinverirrt, den ich kenne. Außerhalb meiner Heimatstadt kam ich mir zu sicher vor.
„Wir haben noch was besorgt, bei uns macht ja mittlerweile gefühlt jeder Laden zu, also muss man hierher fahren. Und du mit einer Gitarre? Das ist ein ganz ungewohnter Anblick", deutet Selina auf die Tasche auf meinem Rücken. Kurz hatte ich Angst, sie zeigt auf Nik und will fragen, was ich mit dem hier zu suchen habe. Ich werde schon paranoid, am Ende verplappere ich mich aus Panik noch. Dieses Gespräch soll wirklich small sein.
„Ich habe doch gerade so viel Freizeit, da dachte ich mir, Gitarre lernen wäre doch ein schönes Hobby. Ich habe auch sehr schnell jemanden hier gefunden, der es mir beibringt", lüge ich und sehe dabei zu Nik. Der steht ganz unbeteiligt zwei Schritte hinter mir und wartet wahrscheinlich sehnlichst darauf, dass Selina und David endlich die Fliege machen. Ein Gedanke, den wir definitiv mal teilen. Ich danke ihm im Stillen, dass er sich im Hintergrund hält und die Situation für mich nicht noch unangenehmer macht.
„Das ist ja super. Wir haben diese Zeit damals auch genutzt, um uns ein bisschen auszuprobieren und zu entdecken. Du weißt ja, dass Meine Mutter unter anderem die Vorsitzende einer Wohltätigkeitsorganisation ist und uns damit ermöglicht hat, um die Welt zu reisen und arme Kinder zu besuchen. Jeder hat eben so sein Ding,  dann wünschen wir dir viel Erfolg", meint David im hochnäsigen Ton, der mich beinahe dazu bringt, dass ich mich übergeben will. Eines seiner Hobbies ist es, mit den vielen gutherzigen Tätigkeiten zu prahlen, während er sich wahrscheinlich einen Dreck um die armen Kinder geschert hat, dafür allerdings um die Likes, die ein Bild mit ihnen zusammen einbringt. An sich komme ich mit den beiden ganz gut klar, solange sie nicht diesen Ton drauf haben. Als meine Freunde würde ich sie allerdings niemals bezeichnen. Wenigstens hat David, damit das Gespräch schnell beendet, also kann ich schnell erleichtert aufatmen.
„Wer waren die denn?", will Nik, sichtlich abgeneigt von den beiden, wissen. Für ihn müssen sie einen noch schrecklicheren Eindruck gemacht haben, zumal er von solchen Leuten grundsätzlich nicht viel zu halten scheint. Nicht umsonst war ich so erstaunt und bin es immer noch, dass er sich für mich interessiert. Die Geschwister sind aufdringlich, protzig und tragen fast nur diese schrecklichen, zugeknöpften Poloshirts. Ich fand es immer furchtbar, wenn Max die getragen hat, aber er war der Meinung, sie würden perfekt zu ihm passen. Was ist so besonders daran, dass man, sobald man Geld hat, in den Dingern einwächst? Schnöselig trifft diese Leute am besten, leider besteht mein gesamter Bekanntenkreis aus solchen Leuten. Ich kann viel über diesen urteilen, sonderlich besser bin ich jedoch auch nicht, so gern ich daraus ausbrechen möchte. Vermutlich ist das ein Grund, weshalb Nik so anziehend und interessant auf mich wirkt. Seine Familie muss genauso eine Menge Geld besitzen, seiner Wohnung zu Folge, trotzdem kann er sein, wie er will und ist bodenständig geblieben.
„Das waren Freunde von Max, meinem Freund", erkläre ich kurz und knapp, gehe weiter, um so zu tun, als wäre das gerade nicht passiert. Ich möchte keine Sekunde mit Nik über etwas reden, das auch nur annähernd etwas mit Max zu tun hat.
„Und dein Freund ist einer von denen. Wieso stehst du auf sowas? ", bohrt Nik nach. Ich habe ganz vergessen, dass er Max schon kennt, was er mir auf der Party beiläufig offenbart hat.
"Ich werde mit dir jetzt nicht ausdiskutieren, warum ich mit Max zusammen bin. Woher kennst du ihn eigentlich?"
"Der Grund liegt sowieso auf der Hand. Ihr glaubt, dass ihr perfekt zusammen passt, aufgrund oberflächlicher Merkmale und zwingt euch zu dieser Beziehung. Ich kenne ihn von einer Party, auf der er sich einfach wie der größte Arsch aufgespielt hat. Der hält sich für was viel, viel Besseres und hat sich mit einem anderen deswegen angelegt, da bin ich dazwischen gegangen, was kaum an seinem Ego oder seiner Einsicht gekratzt hat", offenbart er mir etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte. Max hält viel auf sich, ich fand ihm immer so unheimlich nett allen gegenüber. "Vielleicht sollte ich fairer Weise dazusagen, dass er angetrunken war."
„Erstens hast du keine Ahnung von unserer Beziehung. Ja, ich bin nicht gerade glücklich damit, aber ich war es mal, weil es wirklich für eine Weile gepasst hat. Und zweitens ist Max kein schlechter Kerl, er verträgt einfach keinen Alkohol. Sonst ist er der anständigste Kerl der Welt", verteidige ich Max, weil ich das Gefühl habe, als seine offizielle Freunde die Pflicht dazu zu haben.
"Nochmal frage ich dich, was du noch von ihm oder allgemein solchen Typen willst. Ich glaube dir nicht, dass es mit euch jemals richtig funktioniert hat, das redest du dir nur ein", stichelt Nik weiterhin gegen meine Beziehung. Es war viel zu lange ruhig zwischen uns.
"Wer sagt denn, dass ich generell auf solche Typen stehe? Wer wäre denn perfekt für mich? Du etwa?"
„Ach komm schon, du bist eine der Reichen und Schönen, jemand wie ich passt doch gar nicht wirklich in dein Leben. Es ist vorherbestimmt, dass du mal einen wie Max heiraten wirst, das kannst du dir schönreden, wie du willst", stellt er fest, obwohl ich persönlich finde, dass er ganz hervorragend an meine Seite passt. Wenn es doch nur nach mir ginge.
„Zu schade, dass mein Geschmack das anders sieht", erwidere ich und versuche dabei wenigstens ansatzweise taff und sexy zu klingen.
„Aber das mit dem Gitarrenunterricht...Ich glaube ich könnte jetzt eine Stunde für dich einrichten", kommt er plötzlich auf meine Notlüge für Selina und David zurück und ich muss grinsen. Nur zu gern!

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