Kapitel 35

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Ich starre aus dem Fenster. Es hat angefangen zu regnen, wie passend. Ich beobachte die Tropfen, wie sie ihre Linien ziehen, während sie an der Scheibe nach unten fließen, als wäre es das interessanteste der Welt. Die sanfte Musik im Hintergrund nehme ich kaum wahr. Würde ich sie nicht ignorieren, würde mein Herz vermutlich noch mehr wehtun. Ich kann jetzt keine Songtexte ertragen, die auch nur annähernd etwas mit Liebe zu tun haben. Warum muss ausgerechnet jetzt „Perfect" von Ed Sheeran gespielt werden? Ich sehe aus dem Fenster und weiß trotzdem nicht, wohin wir gerade fahren, wo wir sind und es könnte mir kaum egaler sein. Weg von Nik, das ist das einzige, was ich jetzt will. Je weiter weg wir vom Club kommen, desto entspannter werde ich. „Entspannter" ist dabei eher relativ zu betrachten, denn meine Wut und Anspannung waren so enorm hoch, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis ich wieder runtergekommen bin.
Ich bin ohne ein weiteres Wort in Max Auto eingestiegen, habe ihn bis jetzt nicht einmal angesehen, weil ich es einfach nicht kann. Ich weiß nicht, warum er da war, ich habe eine leise Ahnung, aber jetzt ist noch nicht die Zeit, um Fragen zu stellen. Ich will kein einziges Wort hören und bin selber nicht in der Lage, zu sprechen. Ich kann mir vorstellen, dass er eine ganze Menge Fragen hat. Auch Max schweigt die ganze Zeit, dabei wirkt er aber sehr angestrengt, als müsse er sich zusammenreißen, dass die Worte nicht aus ihm heraussprudeln. Ich kann ihn verstehen, spätestens dieser Abend müssen ihn wirklich ratlos machen, nachdem ich ihm bei unserer Trennung keine Erklärungen bieten konnte, weil er seine Zeit für sich brauchte. Ich bin ihm dankbar, dass er mich sozusagen vor Nik gerettet hat, auch wenn er der letzte ist, den ich erwartet habe. Nik ist mir bis nach draußen gefolgt, allerdings haben sich Nik und Max nur zugenickt, dann war er sofort verschwunden. Ich weiß zwar mittlerweile, dass sich die beiden flüchtig kennen und nicht besonders gut zueinander stehen, desto verwunderter bin ich allerdings, dass Max Nik nicht den Kopf abreißen wollte. Warum wirkten die beiden so vertraut? Mein Verdacht, dass die beiden unter einer Decke stecken, so absurd es auch klingen mag, verstärkt sich immer mehr.
Plötzlich halten wir an und mit etwas Anstrengung erkenne ich, dass wir vor Max Haus angehalten haben. Durch meinen Tränenschleier sehe ich alles sehr verschwommen, obwohl ich es schaffe, nicht zu weinen. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich das letzte Mal hier war. Mich überkommt ein Gefühl der Vertrautheit, als ich Max folge, die Treppen hoch in seine Wohnung, die ich in und auswendig kenne. SO wirklich weiß ich eigentlich gar nicht, warum wir hier sind und folgen tue ich ihm auch, ohne darüber nachzudenken, weil ich es noch so gewohnt bin. Irgendwann schaffe ich es, ihm ins Gesicht zu sehen. Er wirkt angespannt, was ihm nicht zu verdenken ist, wenn er wirklich weiß, was zwischen mir und Nik war. Ob ich verheult aussehe? Ich hätte im Flur einen kurzen Blick in den Spiegel werfen sollen. Er setzt sich auf das Sofa und deutet mir, es ihm nachzutun. Ich warte darauf, dass er endlich etwas sagt, denn langsam wird das Schweigen zwischen uns unbehaglich. Er stützt sich auf den Beinen ab und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen.
„Ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll", beginnt er endlich mit einer so beherrschten Stimme, die ich in so einer Situation niemals auf diese Art kontrollieren könnte, aber es gibt kaum Momente, in denen er die Beherrschung verliert, egal wie erschüttert er innerlich ist. Ich bin mir sicher, dass meine Stimme immer noch zittert.
„Dieser Nik hat mich kontaktiert. Er hat erfahren, dass du mit mir Schluss gemacht hast und konnte sich denken, dass du nicht die ganze Wahrheit mir gegenüber gesagt hast. Dann hat er mir von allem erzählt, von diesem Club, dass du mit ihm geschlafen hast, von deinen Freunden und ich war geschockt. Ich wusste wirklich gar nichts mehr über dein Leben. Du hättest mir die Wahrheit sagen sollen, warum du mit mir Schluss gemacht hast, bevor ich dich nicht mehr zu Wort kommen lassen habe. Dachtest du, ich renne sofort zu deinen Eltern und plaudere alles aus? Ich habe verdient, dass du mir die Wahrheit sagst, wenn du mir schon das Herz brichst."
Jetzt weiß ich noch weniger, was ich sagen soll. Ich hatte also richtig gelegen, Nik hat ihm alles erzählt, aber warum? Welchen Vorteil zieht er sich daraus? Ich denke wohl kaum, dass Nik viel tut, ohne sich daraus einen Vorteil zu ziehen. Vielleicht will er mich wieder an Max „abgeben", damit ich nicht auf die Idee komme, anhänglich zu werden.
„Ich habe mich auch gefragt, warum er das gemacht hat, aber darauf habe ich keine Antwort bekommen. Ich bin ihm trotzdem dankbar, weil ich sonst vielleicht nie erfahren hätte, dass du eine Affäre hattest."
„Es tut mir leid", ist das Einzige, was ich herausbringen kann. Was sagt man seinem Ex in einer solchen Situation? Bei allem, mit dem ich mich erklären würde, hätte ich nur Angst, ihm wehzutun und mir fällt es gerade auch nicht leicht, darüber zu sprechen. Außerdem komme ich mir so schrecklich dumm vor. Es entsteht eine lange Pause, in der ich mir den Kopf darüber zermartere, was mir Max gerade erzählt hat. Eigentlich springt nur ständig ein Wort riesig und leuchten in meinem Kopf herum: Warum?
„Ich konnte es dir einfach nicht sagen", beginne ich schließlich, als Max nicht erneut das Wort ergreift. Er hat Recht, ich bin ihm eine Erklärung schuldig. „Als ich mit dir Schluss gemacht habe, hatte ich es vor, aber ich wollte dich nicht noch mehr verletzen. Es lag aber nicht an Nik, nicht hauptsächlich zumindest, dass ich mit dir Schluss gemacht habe. Es hat sich einfach nicht mehr richtig angefühlt", verbessere ich ihn und komme mir dabei so fies vor. Wahrscheinlich ist es leichter das Ganze zu verkraften, wenn man denkt, ein anderer sei an der Trennung schuld.
„Ich hatte immer irgendwie Angst, dass du dir zu viel Sorgen um mich machst, sodass du es letztendlich doch meinen Eltern sagen würdest. So bist du, aber nur, weil du immer das Beste für mich willst und dafür bin ich dir dankbar, aber das hat mich immer ein wenig genervt", gebe ich zu und muss feststellen, dass es sich gar nicht schlecht anfühlt, ehrlich zu sein. Seit einer Weile trage ich diese Last mit mir, weil ich Max nie die Wahrheit gesagt habe. Das ist eine wahrliche Befreiung.
„Oh. Du hättest immer mit mir reden können, weißt du? Ich war dein Freund, ich hätte dir zugehört und versucht, dich bei allem zu verstehen und dir zu helfen. Ich hätte an mir arbeiten können", meint Max geknickt. Ich würde ihm das gern glauben, doch das fällt mir schwer. Er ist ein guter Mensch und er ist sicherlich auch von dem, was er sagt, überzeugt, aber ich kenne ihn gut genug. Er hat genauso dieses Bild vor Augen, dass ich im Prinzip perfekt sein muss, wer aus dem Rahmen fällt, hat automatisch verloren. Die Leute, unter denen er aufgewachsen ist, unter Leuten wie meiner Mutter, habe ihm beigebracht so zu denken, wie er es tut und das merkt man ihm oft genug an. Doch das will ich ihm nicht auch noch vorwerfen, ich will ihm gar nichts mehr vorwerfen, weil letztendlich ich die jenige bin, die alles kaputt gemacht hat. Also nicke ich nur und meine, dass ich es weiß und es mir Leid tut. Ich weiß nicht, ob das nun wieder unfair ist oder nicht, aber ich habe sowieso das Gefühl, dass all meine Entscheidungen falsch sind.
„Du siehst so komplett anders aus, so kenne ich dich gar nicht. Das war vorhin erstmal ein ganz schöner Schock, aber langsam gewöhne ich mich daran." Max spielt an meinen Haaren und betrachtet sie skeptisch. Er mag die andere Vic mehr, das kann ich spüren und genau das ist das Problem. Die andere Vic bin nicht ich, nicht mehr.
„Wie viel hat dir Nik über uns erzählt?", wage ich die Frage, da ich sonst nicht mehr schlafen kann.
„Ich schätze alles, was ich wissen muss. Ich konnte gar nicht glauben, dass er wirklich von dir spricht, das klang nach einer ganz anderen Person. Jetzt, wo ich dich so sehe, wird mir klar, dass du in meiner Gegenwart wirklich immer jemand anderes warst." Ich werde langsam skeptisch, denn welcher Junge bleibt schon so ruhig, wenn er von den Sexgeschichten seiner Freundin mit ihrer Affäre erfährt?
„Das stimmt, ich habe mich so, wie ich war, einfach nicht mehr wohlgefühlt. Ich habe die ganze Zeit nur eine Rolle gespielt, das war in Niks Gegenwart ganz anders. Wahrscheinlich habe ich die Zeit mit ihm deshalb so genossen", gebe ich zu, wenn wir einmal dabei sind, die Wahrheit voreinander auszusprechen.
„Das habe ich dir nie angemerkt und wahrscheinlich macht mich das zu einem grässlichen Freund."
„Du warst ein toller Freund, du kannst nichts dafür, dass ich mich nie getraut habe, meine wahren Gefühle zu äußern", unterbreche ich Max, bevor er sich weitere Vorwürfe machen kann.
„Ich hätte eigentlich erwartet, dass du viel saurer auf mich bist", spreche ich meine verwirrten Gedanken laut aus.
„Ich will auch ehrlich zu dir sein. Ich glaube nicht, dass ich das Recht darauf habe, sauer auf dich zu sein, wenn ich selber nicht besser bin." In meinem Kopf gehen automatisch die Alarmglocken los, doch schnell stelle ich sie stumm. Ich bin nicht mehr seine Freundin und ich muss mich genauso ruhig wie er verhalten, wenigstens das ist fair.
„Bevor wir uns kennengelernt haben, hatte ich ein Verhältnis mit Lucy." Erst glaube ich, mich verhört zu haben, doch er hat wirklich Lucy gesagt. Instinktiv muss ich mit dem Kopf schütteln, weil mir das so unmöglich erscheint, dass ich ihm keine Sekunde glaube.
„Das ging nicht lange, zwischen uns hat es schnell nicht mehr richtig funktioniert. Sie hat sich schlecht gefühlt, weil sie mich fallengelassen hat und meinte, ihre beste Freundin wäre bestimmt die Richtige für mich. Das ist nie wieder passiert, seit dem ich mit dir zusammen war, aber da sie deine beste Freundin ist, dachte ich, du solltest das wissen. Darum habe ich mich übrigens auch nie getraut, mit dir zu schlafen, weil ich zu starke Schuldgefühle hatte und weil ich ehrlich gesagt Angst vor deiner Mutter hatte. So, wie sie dich erzogen hat, habe ich eigentlich erwartet, dass du noch bis zur Hochzeit warten willst."
Sein Geständnis erschüttert mich zutiefst, sodass ich seine letzten Worte kaum noch wahrnehme. Lucy und Max, das passt einfach nicht zusammen, ich kann mir die beiden nicht gemeinsam vorstellen. Ja, ich bin schockiert, aber nicht auf die Art, wie ich es vielleicht sein sollte. Das war vor unserer Zeit und dass er da schon mit Mädchen zusammen war, erschien mir immer logisch. Nur weil er etwas mit meiner besten Freundin hatte, noch bevor wir zusammenkamen, ändert das nichts und dennoch stellt er es mit dem, was ich getan habe auf eine Stufe.
„Es ist okay. Ich habe noch weniger Grund, auf dich sauer zu sein als du auf mich. Wer hätte gedacht, dass sowas mal zwischen uns steht?", muss ich fast schon lachen. Alle haben uns immer für perfekt gehalten, dabei lief alles falsch bei uns, was ich keinem anderen Paar wünsche.
„Ist es nicht auch komisch, dass wir beide Affären hatten, aber in den zwei Jahren nie selber miteinander geschlafen haben?", rutscht es mir heraus. Sofort dreht sich sein Kopf zu mir und wir sehen uns tief in die Augen. Es waren mal diese Augen, die mich glücklich gemacht haben, jetzt muss ich immer nur an Nik denken. Selbst jetzt schießt mir Nik in den Kopf, das muss doch mal ein Ende nehmen.
„Was tust du da?", fragt Max verwundert, als ich aufstehe und beginne, den Reißverschluss meines Kleides zu öffnen.
„Ich will vergessen und Abschied nehmen", erwidere ich und schäle mich aus dem engen Kleid, während Max scheinbar nicht so richtig weiß, was er sagen oder tun soll. Ich habe mich selber damit überrumpelt, wer hätte in dieser Situation mit sowas gerechnet? Ich ziehe Max vom Sofa hoch und fange an, auch ihn auszuziehen. Erst ist er steif wie ein Stock, doch sobald ich an seiner Hose ankomme, wird er lockerer und beginnt mich zu küssen. Wie lange habe ich seine Lippen jetzt schon nicht mehr gespürt, die für mich immer so normal waren? Heute fühlen sie sich anders an, verlockender, eben weil sie keine Normalität mehr für mich sind und gleichzeitig spüre ich eine wohlige Vertrautheit in diesem Kuss. Ich genieße ihn, jedoch nicht, weil ich Max so sehr vermisse oder weil ich mich körperlich nach ihm sehne. Ich tue das, weil ich ihn brauche, um zu vergessen, wenigstens für einen kurzen Moment will ich einfach alles vergessen, was zwischen uns oder mit Nik war. Ich weiß, dass das hier nicht der richtige Weg ist, dass es falsch ist, Max auf diese Weise auszunutzen, aber genau das ist es doch, was mir vor einer Stunde noch vorgeworfen wurde, also warum dem nicht gerecht werden, wenn ich sowieso schon verurteilt werde? Max ist nicht auf den Kopf gefallen, er wird gemerkt haben, dass ich nicht mehr die gleichen Gefühle für ihn habe wie damals, er wird wissen, dass ich das hier nicht aus Liebe zu ihm tue-und trotzdem lässt er es zu. Wir beide brauchen das hier als einen Schlussstrich.
„Das ist gut. Lass uns wenigstens das hier noch nachholen", flüstert er in unseren Kuss hinein. Mich überkommt Erleichterung, dass er sich scheinbar keine falschen Hoffnungen macht. Komplett nackt gehen wir in sein Schlafzimmer und für einen kurzen Moment überkommen mich Zweifel, als ich das große Bett vor mir stehen sehe. Es gibt so viel gegen das hier einzuwenden, aber ich will das alles ignorieren, denn sobald ich nicht nur krampfhaft an Sex mit Max denke, schleicht sich irgendwie wieder Nik in meine Gedanken und das erlaube ich mir jetzt nicht. Noch viel entschlossener als zuvor ziehe ich Max mit mir auf das Bett und küsse ihn weiter, auch an Stellen, an denen ich ihn in zwei Jahren noch nie geküsst habe. Seine Finger gleiten meinen ganzen Körper entlang, doch das Kribbeln, das ich verspüre, ist so schwach, dass ich es kaum genießen kann. Also bringe ich Max dazu, dass er sich auf den Rücken legt und ich mich auf ihn setzen kann. Er zischt, als er bald darauf in mir ist und ich beginne, mich auf und ab zu bewegen. Zwei Jahre ist es her, dass er das letzte Mal mit jemandem geschlafen hat und das nur, weil er sich wegen Lucy nicht getraut hat. Er ist einfach durch und durch komplett anders als...Nein, ich verbiete mir, jetzt an ihn zu denken, also werde ich schneller. Dieser Sex ist viel weniger von Leidenschaft geprägt, als von purer Wut und Verzweiflung. Ich merke auch Max an, dass er mich dabei nicht ansieht, als wäre das gerade der beste Moment seit Langem, es ist eine rein körperliche Sache und genau da wird mir bewusst, dass es das mit Nik nie war, egal wie oft ich es mir eingeredet habe. Ich hatte von Anfang an so starke Gefühle für ihn, dass ich nicht glücklicher hätte sein können, wenn er mit mir geschlafen hat, obwohl ich mir immer eingeredet habe, ihn zu verabscheuen. Und schon wieder denke ich an Nik, er ist einfach immer und überall präsent in meinem Kopf.
Max und ich liegen noch eine Weile in seinem Bett. Er hat mich in den Arm genommen, weil ich gerade Halt brauche, ich mich geborgen fühlen muss, um nicht völlig auszurasten. Wie konnte sich alles so plötzlich ändern? Ich habe gerade erst mein Abitur gemacht und mit einem Ruck steht mein Leben auf dem Kopf und ich kann mich nur noch mit Liebeskummer beschäftigen. So hier hätte es sein müssen, ich und Max zusammen im Bett, aus Liebe und weil es in einer Beziehung ganz normal ist, nicht weil ich so furchtbar gekränkt bin. Es sollte eben nicht sein, nichts sollte mehr so sein, wie es war, auch ich nicht, denn mit meinem Liebesleben bin auch ich ein ganz anderer Mensch geworden. Ich hätte niemals gedacht, mit jemandem zu schlafen, ohne tiefgehende Gefühle für ihn zu haben. Das habe ich mir schon bei Nik gedacht, nur hat es bei ihm nicht zugetroffen, erst später wurde mir klar, dass ich in ihn...verliebt bin. Ich muss dringend mit Lucy reden, sonst werde ich verrückt, wenn ich nicht all meine Gedanken endlich mit jemandem teilen kann. Außerdem muss ich sie fragen, warum sie die ganze Zeit verheimlicht hat, dass sie etwas mit Max hatte. Wir waren doch immer ehrlich zueinander. Wahrscheinlich hat sie befürchtet, ich würde Max mit diesem Wissen abweisen, was nicht abwegig ist.
„Ich glaube, ich weiß, warum er das getan hat", unterbricht Max unerwartet meine Gedanken und ich muss kurz überlegen, bevor ich verstehe, wovon er spricht.
„Du hast dich in ihn verliebt, so richtig, oder?" Mein Schweigen ist ihm Antwort genug.
„Er denkt vermutlich, dass du deshalb mit mir Schluss gemacht hast, weil du ihm verfallen bist, deshalb nicht mehr klar denken kannst. Vielleicht hatte er Angst, dass du dein Leben wegen ihm ruinierst, wobei aus euch beiden sowieso nie etwas hätte werden können. Er wollte, dass ich dich dazu bringe, wieder mit mir zusammenzukommen, das hat er mir sogar so gesagt. Er hat Angst um dich gehabt, also hat er dich von sich gestoßen. Wenn du mich fragst, klingt das vollkommen idiotisch. Wenn ich mich so um jemanden sorge, dann heißt das doch, dass ich die Person mag. Warum sollte man dann jemanden von sich stoßen?", beendet er seine Überlegung und sorgt dafür, dass meine Gedanken nur noch mehr durcheinander kommen. Ich soll Nik wichtig sein, in welcher schönen Utopie soll das möglich sein? Ich bin ihm einfach nur eine Last geworden, mehr nicht. Warum denkt ausgerechnet Max so über Nik? Sollte er nicht wenigstens ihn verurteilen, wenn er mich schon verschont? Und erst recht sollte er mir keine Flausen in den Kopf setzen.
„Hör auf, über Nik nachzudenken. Das ist Geschichte und vermutlich ist es auch besser so. Ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen, es ist schon spät", nutze ich die Gelegenheit, um verschwinden zu können. Ich will nicht mit Max darüber reden, eigentlich will ich gerade gar nicht reden, da ist es wohl am schlausten, nach Hause zu fahren. In meinem Zimmer habe ich endlich meine Ruhe. Dieser Abend hat viel stärker an meinen Kräften gezehrt als erwartet.
„Ich bringe dich hin", stellt er klar, ohne dass ich eine Wahl hätte, doch bei dem Wetter und dieser Uhrzeit bin ich dankbar, dass er sich dazu bereiterklärt.
Diese Autofahrt verläuft genau wie die vorherige. Leise läuft das Radio im Hintergrund, ich beobachte den Regen und zwischen uns herrscht ein angenehmes Schweigen. Nur habe ich diesmal nicht das Bedürfnis zu weinen oder in Selbstmitleid zu versinken. Ich will einfach nur nach Hause, mich in meine Decke kuscheln und schlafen. Langsam bin ich wirklich müde.

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