Kapitel 42

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Ich stehe vor dem Club, dessen Name mir bis dato nie aufgefallen ist, mich bisher allerdings auch noch nie interessiert hat. Es war einfach nur der Club oder der Ort, an dem ich diesen Mistkerl wiedersehen müsste. Dark Side of the moon-ich weiß nicht, ob ich das kreativ oder abgedroschen finden soll, jedoch ist das jetzt mein kleinstes Problem. Ein wenig ironisch ist der Name trotzdem, da der Club meine „dunkle Seite" zum Vorschein gebracht hat und mich zu dem düstersten Mann, den ich kenne, geführt hat. Ich betrete den Club und muss sofort an unsere erste Begegnung zurückdenken. Ich fand Nik auf Anhieb attraktiv, auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte, schließlich war er so anders als die Jungs, die ich bisher kannte und noch dazu besitzt er diesen angsteinflößenden Blick, mit dem er damals aussah, als würde er mich töten wollen, weil ich ihn angerempelt habe. Dieser Blick hat ihn aber so interessant gemacht und mich jedes Mal erzittern lassen. Selbstverständlich war er von da an ein Arschloch für mich und jemand, mit dem ich mich niemals weiter abgeben würde. Wer hätte gedacht, dass sich das Blatt mal auf diese Weise wenden wird? Dieser Club wird für immer eine ganz bestimmte Bedeutung für mich haben, egal wie ich den Namen finde und egal wie das alles für mich ausgehen wird. Es ist der Ort, an dem wir uns kennengelernt haben und an dem sich unsere weitere Zukunft entscheiden wird, vorausgesetzt er ist hier. Ich werde ihn immer mit der besten und schlimmsten Zeit, die ich bisher erlebt habe, in Zusammenhang bringen. Diese Möglichkeit, dass Nik nicht mal hier zu finden ist, habe ich noch gar nicht weiter bedacht und erst recht nicht, was ich dann tun sollte. Würde ich weitersuchen? Aber wo? Ich kenne ihn so wenig, keine seiner Macken und Angewohnheiten, dass ich die Orte nicht einmal kenne, an denen er sich am liebsten aufhält, doch gerade darum geht es mir ja, ich möchte ihn unbedingt näher kennenlernen. Die letzte Möglichkeit besteht darin, wieder bei seiner Wohnung aufzutauchen und dort auf der Lauer zu liegen, bis Nik nach Hause kommt, aber noch versuche ich positiv zu denken.
Ich wühle mich also weiterhin durch die Menschenmenge, in der ich sicherlich nicht fündig werde, denn ich habe Nik noch kein einziges Mal hier tanzen sehen. Wahrscheinlich ist ihm das nicht cool genug. Ich bewege mich auf die Sitzecke zu, in die wir uns immer verkrümeln, doch heute ist keiner der sonstigen Verdächtigen zu sehen, der Platz ist von Fremden blockiert. Sara hat nicht angedeutet, dass die anderen herkommen wollten, aber würde sich Nik allein hier aufhalten? Vielleicht, um sich eine neue Bettgefährtin zu angeln, muss allerdings gleich den Kopf schütteln, sobald ich die Worte gedacht habe, in der Hoffnung, ich könnte sie damit löschen. Ich werde heute nicht vom Schlimmsten ausgehen, sonst knicke ich ein, kurz vor meinem Ziel.
Ich spioniere jede Ecke des Clubs aus, wobei ich mir immer noch wie ein Stalker vorkomme und verlasse mich darauf, ihn an der Bar zu finden. Jemand, der so groß ist, kann wohl kaum so schwer zu übersehen sein, aber nicht mal an der Bar ist eine Spur von ihm zu sehen.
„Hey, heute mal alleine hier?", spricht mich der Barkeeper an, der mich bisher fast immer bedient hat und ich bin überrascht, dass er sich an mich erinnern kann, bei dem Betrieb, der hier für gewöhnlich herrscht. Wir haben noch nie ein Wort miteinander gewechselt.
„Scheint so, obwohl ich gehofft hatte, jemanden hier zu treffen, mit dem ich sonst auch hier bin", gebe ich ohne Hintergedanken zu und hoffe, dass der Barkeeper nicht bemerkt, dass ich kurz vor der Verzweiflung stehe.
„Ich habe dich schon die ganze Zeit dabei beobachtet, wie du suchend durch die Gegend rennst, vielleicht kann ich dir weiterhelfen. Ich bin ein guter Beobachter und habe noch dazu ein herausragendes Gedächtnis. Wir Barkeeper sind sozusagen in jedem guten Club alles, wozu uns die Gäste benötigen", bietet er mir an. Bei so viel Freundlichkeit kann ich wohl kaum ablehnen, so peinlich es mir sein mag, zuzugeben, dass ich wie verrückt hinter einem Kerl herrenne.
„Ehrlich gesagt bin ich auf der Suche nach einem ziemlich groß gewachsenen, blonden Kerl, der vermutlich wie immer schwarze Sachen trägt und bleich ist wie ein Vampir. Kurz gesagt, die Verkörperung eines heißen Wikingers", versuche ich Nik so gut es geht zu beschreiben und kann nicht vermeiden, seine Attraktivität zu erwähnen.
„Meinst du den, der immer so mürrisch guckt?", trifft er den Nagel auf den Kopf und ich nicke hastig, voller Hoffnung.
„Der ist eben erst gegangen, vielleicht erwischst du ihn noch, wenn du dich beeilst und sofort nachrennst. Ich wünsche dir viel Glück!"
Sobald er die ersten Worte gesagt hat, mache ich mich wie von der Tarantel gestochen auf den Weg und rufe dem Barkeeper einen Dank zu, der nur den Kopf über mein verrücktes Verhalten schütteln kann. Vermutlich würde ich nicht anders über jemanden wie mich denken. Ich verlasse den Club genauso bald, wie ich ihn betreten habe, was den Türsteher scheinbar sehr verwundert, so wie er mich ansieht, da es nicht der Norm zu entsprechen scheint, sich keine 10 Minuten in einem Club aufzuhalten. Das interessiert mich jedoch nicht weiter, dafür ist meine Panik viel zu groß, Nik mir durch die Lappen gehen zu lassen, wo ich ihm jetzt schon so nah bin, falls er nicht schon davongedüst ist. Wie kommt es, dass er schon gegangen ist? Sonderlich lange kann sein Aufenthalt ebenfalls nicht gewesen sein und die böse Frage schleicht sich in meinen Kopf, ob es vielleicht daran liegen könnte, dass er eine andere abgeschleppt hat. Ich schaue gehetzt die Straße hinunter und nehme eine dunkle Gestalt wahr, die sich in ihr Auto setzen will, um genauer zu sein in Niks Auto. Hoffentlich hat er keinen Alkohol getrunken. Ich würde es nicht schaffen, rechtzeitig bei ihm anzukommen, bevor er losfährt, also werfe ich jede Scham über Bord und gröle in voller Lautstärke seinen Namen, sodass es schon wehtut. Er sitzt zwar schon im Auto, hat die Fahrertür jedoch noch nicht geschlossen, trotzdem bewegt er sich nicht, weder vor noch zurück. Nachteil meiner verzweifelten Aktion ist, dass mich alle Menschen um mich herum anstarren. Instinktiv renne ich auf das Auto zu, so miserabel meine Ausdauer auch sein mag und wie bescheuert ich auch dabei aussehe. Erst als ich kurz vor meinem Ziel bin, steigt Nik endlich aus dem Auto, da er sich vermutlich erstmal vergewissern musste, welche Geisteskranke da seinen Namen brüllt und nimmt mir damit einen winzig kleinen Teil meiner Anspannung. Dieser Anteil wird aber von einem anderen ersetzt, denn es ist eine Sache, das alles in Gedanken durchzuplanen, ihn dann direkt vor mir stehen zu haben ist hingegen etwas völlig anderes, nicht zuletzt weil mich seine Größe einschüchtert. Wenigstens kann ich feststellen, dass er allein ist, das Gegenteil hätte alles zu Nichte gemacht.
„Ich-Ich...Hi!", stammele ich wie bekloppt vor mir her. Hi? War das alles, was mir durch mein dummes Hirn schwirrt? So viele Worte habe ich mir zurechtgelegt und nun passiert das, was ich die ganze Zeit befürchtet hatte. Mein Kopf ist wie leergefegt, seitdem meine Augen ihn erfasst haben. Mit einem Mal kommt es mir unmöglich vor, einen normalen Satz gerade herauszubringen, geschweige denn meine Gefühle vor ihm auszubreiten. Was macht Nik nur mit mir? Reicht es nicht schon, dass er mein Herz vernebelt, muss es auch noch mein Gehirn sein? Hilflos stehe ich vor ihm und würde mich am liebsten im nächsten Loch vergraben gehen. Das war es dann wohl, alle Hoffnungen waren vergebens, nur weil ich es vermassele. Anstatt ihn zu erobern, mache ich die Situation nur schrecklich peinlich und gebe ihm nicht gerade Anlass, sich überzeugen zu lassen.
„Was machst du hier?", ist es dann endlich Nik, der das Wort ergreift und seine Stimme zu hören hat eine beruhigende und gleichzeitig elektrisierende Wirkung. Er wirkt wirklich überrascht, mich hier zu sehen, auch wenn er mich nicht ganz so durchdringlich anstarrt wie ich ihn. Jedes Mal aufs Neue haut es mich einfach um, ihn zu sehen und das ist, wie man sieht, nicht immer von Vorteil.
„Ich habe dich gesucht, schon den ganzen Tag, weil ich mit dir reden wollte", bringe ich wenigstens diesen einen Satz hervor, nachdem ich ein paar Mal tief durchgeatmet habe. Das hier stellt sich als tausendmal schwieriger heraus, als ich dachte, denn in meiner Vorstellung sind mir die Worte nur so rausgesprudelt. Es kommt meistens anders, wenn man mit der Realität konfrontiert wird.
„Letzte Woche hat es nicht gerade danach ausgesehen, als würdest du mit mir reden wollen. Da wirkte es eher so, als würdest du in mir das größte Übel sehen, nur zum Knutschen war ich dann mal gut genug", entgegnet Nik und klingt dabei fast eingeschnappt. Wenn ich mich zurückerinnere, hat er wirklich das ein oder andere Mal versucht, das Wort zu ergreifen und ich dumme Besserwisserin habe ihn immer wieder abgewiesen. Vielleicht hätte schon seit wenigstens einer Woche alles zwischen uns geklärt sein können.

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