Diabolic Love

Od slatedfan

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Schön, reich, beliebt. Das ist Victoria, da scheint es auch logisch zu sein, dass sie als Jahrgangsbeste eben... Viac

Kapitel 01
Kapitel 02
Kapitel 03
Kapitel 04
Kapitel 05
Kapitel 06
Kapitel 07
Kapitel 08
Kapitel 09
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45

Kapitel 31

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Od slatedfan

Und mit einem Mal ist alles anders. Seit heute habe ich weder einen Freund, noch eine Affäre, jetzt stehe ich ganz allein da. Okay, das klingt so verzweifelt, als ob ich dringend einen Mann brauche, um überleben zu können. Natürlich kann ich auch ohne einen Mann leben, mit dem ich eine Beziehung oder wenigstens etwas, was dem relativ nahe kommt, es ist einfach nur sehr ungewohnt plötzlich diese zwischenmenschlichen Beziehungen verloren zu haben, wenn man sie vorher im Überfluss hatte. Das Schlimmste an der Situation ist, dass mich die Trennung von Max viel weniger runterzieht als das Debakel mit Nik. Von Max habe ich innerlich schon eine ganze Weile Abschied genommen, diese Beziehung war einfach nicht mehr für mich zu retten, während sich Nik allerdings immer tiefer in mein Herz gegraben und dort eingenistet hat. Immer, wenn meine Gedanken zu ihm abdriften, habe ich das Bild von ihm und Sara vor mir, wie sie sich gegenseitig fast auffressen. Jeder konnte ihnen dabei zusehen, vermutlich war es gerade das Ziel, dass ich das Spektakel zu Gesicht bekomme. Wie oft haben sie sich wohl vorher schon geküsst, obwohl Nik mich davon überzeugen wollte, dass er kein Verlangen nach Sara hat? Wie oft haben sie es wohl miteinander getrieben? Diese Gedanken und die Bilder dazu sind unfassbar schmerzhaft, etwas, das nie passieren sollte. Ich bin hochgradig eifersüchtig, weil ich mehr für Nik empfinde, als ich dachte. Vielleicht hat Nik das auch bemerkt und wollte mir klar machen, wo ich für ihn stehe. Ganz unten. Während es für mich das schönste Erlebnis meines Lebens war, hat ihm das wahrscheinlich genauso wenig wie ein Fliegenschiss bedeutet. Habe ich jemals etwas anderes von ihm erwartet? So schwer es mir fällt, kann ich nicht leugnen, dass er mich nicht hintergangen hat. Von Anfang an war klar, dass zwischen uns nie mehr sein kann als diese Affäre, denn weder ich war bereit für eine neue Beziehung, noch ist Nik dazu in der Lage, an nur eine Frau gebunden zu sein. Ich habe mich darauf eingelassen, obwohl ich wusste, welches Risiko dabei besteht. Aber warum musste es ausgerechnet Sara sein? Ich würde mich selbst belügen, wenn ich behaupte, es macht mir nichts aus, wenn irgendein x-beliebiges Mädchen auf seinem Schoß gesessen hätte, jedoch wäre es nicht ganz so ein fester Schlag in die Magengrube. Sara wusste genau, was sie mir damit antut, so wie ich wusste, wie sehr ich sie verletze, wenn ich mit Nik schlafe. Meiner Wut freien Raum zu lassen, ist gar nicht so einfach, wenn man so viel Verständnis aufbringen muss.
Ich bin mittlerweile ein wahrer Profi darin, mich selber anzulügen. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde denken, ich würde es überstehen, wenn er es mit einer anderen treibt? Ich habe mich gewaltig überschätzt, ich kann nicht alles in meinem Leben und schon gar nicht mein Herz kontrollieren. Gefühle entstehen einfach, auch wenn mir meine Mutter immer gern etwas anderes beibringen wollte. Hätte ich von Anfang an meine Gefühle kontrollieren können, dann wäre es nicht einmal annähernd so weit gekommen, aber Niks Anziehungskraft ließ sich nicht unterbinden. Ich kann verstehen, dass meine Mutter ihr Herz vor so vielem verschließt, versucht, alles unter Kontrolle zu halten, um jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen. Denn es tut weh, und wie es wehtut, von Sekunde zu Sekunde immer schlimmer, dabei habe ich meine letzte Hoffnung darauf gesetzt, dass meine Gefühle für Nik zu oberflächlich für richtigen Liebeskummer sind. Wie so oft in letzter Zeit habe ich auch das falsch eingeschätzt.
Was Nik jetzt wohl macht? Seine Zeit mit Sara im Bett verbringen, oder vielleicht Geige spielen? Das macht es noch viel schwieriger, ihn zu verabscheuen. Ich kenne auch seine guten Seiten, die alles Schlechte in den Schatten stellen konnten. Als einzige aus seinem Freundeskreis durfte ich bei ihm übernachten, dabei habe ich damals noch nicht mit ihm geschlafen. Die Aktion mit der Gitarre kann doch auch keine völlig normale Handlung seinerseits gewesen sein, zumindest versuche ich mir das einzureden. Versuche irgendwelche Anhaltspunkte zu finden, die mir sagen, dass er kein komplettes Arschloch ist und dass er es verdient, dass ich ihm nachtrauere. Dabei ist mir klar, wie unwahrscheinlich es ist, dass er auch etwas für mich empfindet, wenn er mich so beschissen behandelt. Niemals hätte ich mit einem Mann ins Bett gehen können, für den ich nichts empfinde, während es für ihn Alltag ist. Okay, er hat Gefühle, die gehen allerdings alle nur von seiner Hose anstatt von seinem Herzen aus. Das ist wahrscheinlich der einzige Trost, den ich gerade kriegen kann: Sara wird den festen Platz an seiner Seite genauso wenig einnehmen wie ich, vielleicht wird das nie eine können. Sara, die für ihn angeblich wie eine Schwester ist. Das war vermutlich nur eine Lüge, um zu verhindern, dass ich eifersüchtig werde und ihn ständig über seine Beziehung zu Sara ausfrage. Ich habe ihm einfach so geglaubt, weil ich immer darauf fixiert war, etwas Positives an seinem Charakter auszumachen. Tief in seinem Inneren ist er auch kein schlechter Kerl, das kann Nik allerdings bestens verstecken. Mein gesunder Menschenverstand hat sich in seiner Nähe jedes Mal in Luft aufgelöst. Aus Fehlern soll man ja angeblich lernen, dann kann ich nur darauf vertrauen, dass mir so ein gewaltiger Fehler nie wieder unterläuft.
In meiner Decke eingekuschelt-das Bett habe ich heute noch nicht verlassen-mache ich mir Gedanken über das, was hätte sein können. Wäre alles normal weiterverlaufen, hätte ich keinen Schritt in den Club gesetzt, würde Max mit mir in meinem Zimmer sitzen, zwischen uns gäbe es unausgesprochene Probleme, deren Existenz wir gekonnt ignorieren, aber wir halten uns weiterhin gegenseitig. Wäre Nik kein gefühlskaltes Arschloch, hätte ich mich zu Gunsten einer Zukunft mit ihm von Max getrennt, schonend hätte ich meinen Eltern beigebracht, dass ich mit Nik zusammen bin und wir hätten gemeinsam unter dieser Decke gelegen. Wie ich meiner Mutter wohl den Schock ihres Lebens vermittelt hätte? Ihren Gesichtsausdruck kann ich mir gut vorstellen, sie hätte erstmal kein Wort herausbringen können. Ich sollte mich glücklich schätzen, dass ich ihr nur irgendwie beibringen muss, dass ich nicht mehr mit Max, ihrem Traum eines Schwiegersohnes, zusammen bin, das wird schon hart genug. Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wie ich das hinter mich bringen soll. Wenn sie daraufhin Nik treffen müsste, dürfte ich meine Beerdigung planen.

Ich suche im Internet nach Tipps gegen Liebeskummer. Habe ich überhaupt Liebeskummer, wenn ich mein Verhältnis zu Nik bedenke? Wem will ich jetzt noch was vorlügen, natürlich habe ich mich in Nik verliebt, das lässt sich wohl kaum noch leugnen. Ich kann nicht ein so großes Loch im Herzen spüren, wenn Nik darin keinen Platz hatte. Am liebsten würde ich das weiterhin leugnen, doch welchen Sinn hat es? Wie soll ich stark anderen gegenüber sein, wenn ich mir nicht einmal selber gegenüber meine Schwächen eingestehen kann?
Die besagten Tipps sind allesamt nicht sonderlich hilfreich, dazu sind sie viel zu oberflächlich. Alles, was mich an ihn erinnert, kann ich nicht wegschmeißen, schließlich besitze ich nichts von ihm, solange die Gitarre nicht mitzählt, aber so blöd bin ich nicht, dieses Schmuckstück auf den Müll zu verfrachten. Dabei wäre es sicherlich ein klein wenig Genugtuung, seine Sachen zu verbrennen. Dann fällt mein Blick auf den Kleiderschrank. Wie von einer Tarantel gestochen springe ich auf und reiße die Schranktür auf, als ginge es um Leben und Tod, schließlich geht es um mein Leben, das ich keine Sekunde länger mit Selbstmitleid vergeuden will. Da liegt sie, in eine Ecke geknüllt, seine Lederjacke. Mit zitternden Fingern ziehe ich sie aus ihrem Versteck und halte sie zögerlich an meine Nase. Warum tue ich das? Eine sehr dumme Idee, denn noch immer riecht die Jacke nach einer merkwürdig guten Mischung aus Leder und Nik. Alles, was irgendwie nach Nik riecht, würde ein perfektes Parfum sein. Ich kann mir nicht erklären, wie man so gut riechen kann. Was er wohl von meinem Geruch hält? Argh, kann ich nicht einmal diese dämlichen Hoffnungen abschalten? Ich klinge wie ein anhängliches, naives, kleines Mädchen. Zurück zur Jacke, bei der ich feststellen muss, dass ich auch die nicht wegschmeißen kann, ich kann sie maximal so verstecken, dass ich sie nicht wieder so schnell erreiche und mein Gesicht wie eine Besessene darin vergrabe...Da kommt mir ein Geistesblitz. In Windeseile habe ich mein Handy in der Hand, Lucies Nummer gewählt und sie zu mir zitiert, ohne ihr Zeit zum Antworten zu geben. Sie muss das tun, bevor ich es mir noch anders überlegen kann. Nicht einmal fünfzehn Minuten später steht Lucy in meinem Zimmer und betrachtet mich kritisch.
„Du siehst schrecklich aus", sagt sie mir direkt, wie sie ist, ohne mit der Wimper zu zucken, ins Gesicht. Sie hat Recht, ich habe in den letzten Tagen nicht gerade verhindert, dass ich jetzt aussehe wie ein Penner. Meine Haare sind fettig, die Dusche habe ich auch gekonnt ignoriert, meine Klamotten sind schlabberig und hässlich, dafür aber wahnsinnig bequem, weshalb ich sie auch seit Tagen durchgängig trage. Wenn Nik wüsste, was er mit mir angestellt hat, würde ihn das anekeln, wäre es ihm egal oder würde ihm sein Verhalten furchtbar leidtun? Die letzte Möglichkeit kann ich mir bei ihm leider nur sehr schlecht vorstellen, so gern ich auch nur das Positive in ihm gesehen habe, aber wie wenig Herz er besitzen kann, hat er mir bestens zeigen können. Nik wird mal ein guter Chirurg, die haben dem Klischee zu Folge auch eher wenig Herz. Vielleicht sollte er sich selber mal eins transplantieren. Ein Blick in den Spiegel zeigt mir, dass es spätestens heute an der Zeit ist, um mich wieder um mein Äußeres zu kümmern. Erst jetzt wird mir klar, dass es kein Kerl der Welt verdient hat, sich so wegen ihm gehen zu lassen. Wo ist die Stärke geblieben, von der ich immer dachte, dass ich sie besitze? Zum Glück hat meine Mutter derzeit so viel geschäftlich zu tun gehabt, dass sie mich so gut wie gar nicht zu Gesicht bekommen hat. Ich will gar nicht wissen, was ich sonst schon für einen Stress mit ihr gehabt hätte
„Und was genau war jetzt dein glorreicher Plan?", lenkt mich Lucy wieder dahin, weshalb ich sie eigentlich hierhaben wollte.
„Du wirst diese Jacke irgendwo im Haus verstecken, wo weder ich noch meine Eltern sie finden und wirst mir nicht sagen, wo dieses Versteck ist", erläutere ich ihr kurz meine Idee, die mir fast schon genial erscheint. Somit habe ich die Jacke irgendwie entsorgt, ohne sie weggeschmissen zu haben, was ich einfach nicht übers Herz bringen kann. Vielleicht bin ich ein wenig anhänglich. Es wäre echt eine Verschwendung, die Jacke ist einfach schön.
„Die Idee ist doch bescheuert. Nik war ein riesen Arsch dir gegenüber, wie kannst du da trotzdem noch an seiner beschissenen Jacke hängen? Ich sollte sie lieber für dich verbrennen, anstatt diese Aktion zu unterstützen, schließlich habe ich dich irgendwie dazu überredet, etwas mit Nik anzufangen. Das war schrecklich dumm von mir, du weißt gar nicht, was für ein schlechtes Gewissen ich habe. Eigentlich hätte ich es dir ausreden sollen", macht mir Lucy klar und ich habe das Gefühl, dass sie kurz davor ist, eine Träne zu verlieren, obwohl ich die jenige sein müsste, die Tränen vergießt. Zwischen ihr und Ben läuft glücklicherweise immer noch alles super, wenigstens für eine von uns stehen die Karten für die Liebe gut.
„Ich habe ganz allein darüber entschieden, was ich zwischen mir und Nik geschehen lasse, ich hätte von mir aus nein sagen sollen, also war es ganz allein meine Schuld. Du bist nicht für mich verantwortlich, also bitte vergiss das, was du gerade gesagt hast", versuche ich ihr ihre Schuldgefühle auszureden, die sie scheinbar sehr beschäftigen, allerdings völlig fehl am Platz sind.
„Aber hätte ich dich nie mit in den Club genommen, hättest du Nik vielleicht nie kennengelernt und...", besteht sie weiterhin auf ihre Schuld, doch ich muss sie dringend unterbrechen.
„Und wären manche Menschen nie in ein Flugzeug gestiegen, wären sie auch nicht abgestürzt, doch die Zukunft kann niemand vorhersehen. Woher hättest du wissen sollen, dass ich mich ausgerechnet in Nik verknalle und das, obwohl ich einen Freund hatte. Gerade sowas hättest du mir niemals zugetraut, das hätte ich mir auch nicht, aber es ist passiert und daran lässt sich nichts mehr ändern, leider. Aber hör auf, dir irgendeine Schuld für etwas zu geben, für das du absolut nichts kannst."
„Wow. Sollte nicht eigentlich ich die jenige sein, die dich tröstet? Wie kannst du trotz Liebeskummer noch solche selbstbewussten Reden schwingen?", lobt sie mich und lächelt endlich wieder. Das steht ihr tausend Mal besser als die noch eben betrübte Miene.
„Vielleicht hast du mich unterschätzt. Ich werde wieder darüber hinwegkommen."
„Apropos Selbstbewusstsein, da fällt mir eine geile Idee ein. Weißt du noch, wie Sara mal meinte, du hättest die perfekten Haare für Braids? Warum probierst du das nicht mal aus? Ich kenne eine Frisörin, die das macht und ist eine äußerliche Veränderung nicht genau das, was viele Frauen nach einer Trennung machen?", verkündet sie ihre Idee und im ersten Moment glaube ich, sie ist verrückt geworden. Ich und Braids? Was würden meine Eltern dazu sagen und vor allem, passt das denn überhaupt zu mir? Zugegeben, cool fand ich das schon immer und bei meinen schwarzen Haaren würde das nicht gerade albern aussehen, aber...Nein, es gibt eigentlich kein weiteres aber, bis auf meine Eltern, doch die müssen auch irgendwann mal einsehen, dass ich langsam erwachsen werde und Braids sind nun wirklich keine Sünde. Das sagt sich so einfach, aber sobald ich meiner Mutter das nächste Mal gegenüber trete, ist jegliche Entschlossenheit, in meinem Leben etwas zu ändern, wieder wie weggeblasen.
„Ich weiß nicht...", hadere ich dennoch mit mir, obwohl mein Inneres eigentlich immer lauter zustimmt. Wenn schon sonst nichts gegen Liebeskummer hilft, dann vielleicht eine Veränderung an mir selbst. Ich lege das Alte ab und damit auch mein Problem, dass mich erst dahin getrieben hat.
„Lass es uns machen, gleich heute noch. Ich springe nur noch kurz unter die Dusche und ziehe mir was anderes an", stimme ich schnell zu, ohne weiterhin großartig über die Folgen nachzudenken. Ich habe es satt, meine Entscheidungen ständig von anderen abhängig zu machen. Gerade jetzt habe ich es dringend nötig, mal etwas nur für mich zu machen. Mit strahlendem Gesicht klatscht Lucy aufgeregt in die Hände, ich zaubere mich nicht minder aufgeregt wieder ansehnlicher.

Ich glaube, ich habe noch nie etwas an meinen Haaren verändern lassen, beim Frisör war ich maximal zum Spitzen schneiden. Ich mochte meine Haare immer so, wie sie waren. Strähnchen oder gar alle Haare zu färben kam für mich nie in Frage, ich wollte sie mir nicht völlig kaputt machen und bei meinen schwarzen Haaren hätte eine Tönung auch niemals ausgereicht. Von langen Haaren konnte ich mich auch nie trennen, sodass es nie zu einer anderen Frisur kam, nicht einmal Stufen ließ ich mir schneiden. Meine Mutter war immer ein Fan von Beständigkeit und von konventionellen Frisuren, denn nicht vorzustellen, was Leute über einen denken würden, wenn man aus der Masse heraussticht. Und heute mache ich sowas. Sieben Stunden soll die Prozedur dauern, woraufhin ich erstmal stark schlucken musste. Sieben Stunden einfach nur still dasitzen und mir in den Haaren rumfummeln lassen. Leider ist dieser Akt mit einigen Schmerzen verbunden und nach drei Stunden habe ich nicht das Gefühl, dass meine Geduld noch lange reicht. Ich bewundere Lucy, dass sie trotzdem bei mir bleibt, aber im Gegensatz zu mir scheint ihr kein Stück langweilig zu sein, denn sie schnattert ohne Unterbrechung mit der Frisöse. Diese ist noch relativ jung und scheint mit Lucy voll auf einer Wellenlänge zu sein. Wenigstens haben die beiden Spaß. Ihre Gespräche lassen die Zeit wenigstens etwas schneller vorbeieilen. Noch weitere vier Stunden und ich habe es durchgestanden, doch ich traue mich kaum, in den Spiegel zu sehen. Was mich dort erwartet, sieht mir einerseits erschreckend ähnlich, andererseits wirkt das Mädchen im Spiegel wie eine völlig Fremde. Ich hatte befürchtet, die Braids könnten mich jünger wirken lassen, doch das Gegenteil ist der Fall. Ich sehe älter, reifer aus. Nicht wahnsinnig alt, nicht mal unbedingt älter als fast 19, einfach nur erwachsener und selbstbewusster, als wüsste ich genau, wer ich bin und was ich will. Ich bin begeistert, womit ich eher weniger gerechnet habe, aber ich sehe wirklich gut aus. Lucy scheint das Gleiche zu empfinden und scheint vor Bewunderung beinahe zu platzen. Wer sagt, dass Liebeskummer einen nicht auch stärken kann? Ich kann jetzt auf jeden Fall nachempfinden, warum viele Frauen nach einer Trennung etwas an sich verändern lassen, auch wenn es nur die Haare sind. Man fühlt sich ein klein wenig wie neu, als hätte man den Schmerz einfach übersprungen. Der einzige Nachteil: dieses Handwerk hat auch einen nicht gerade niedrigen Preis, den ich aber gern bereit bin, zu zahlen. Ich bin dieser Frisöse dankbarer, als sie sich eigentlich vorstellen kann.

Die nächste Herausforderung ist es, meinen Eltern so vor die Augen zu treten, doch ich mache mir Mut mit meinem neu gewonnen Selbstbewusstsein. Es sind nur Haare, also gibt es keinen Grund, deshalb auszurasten, zumal ich in einem Alter bin, um selber darüber zu entscheiden, was ich mit meinem Körper anstelle. Vielleicht sehen meine Eltern das heute noch nicht so, aber irgendwann werden auch sie einsehen, dass ihr kleines Mädchen groß geworden ist. Ich werde es ihnen nicht übel nehmen, wenn sie zunächst negativ reagieren, immerhin sind sie solche Veränderungen nicht gewohnt. Mit diesem Hintergedanken betrete ich das Haus und sofort treffe ich auf meine Eltern, die mich erst ansehen, als ich mich auffordernd räuspere.
„Ach du Heiliger, was ist das denn?", kommt es wie erwartet gleich von meiner Mutter, die klingt, als hätte ich mir eine fette. Warzige Kröte ins Gesicht tätowieren lassen. Einfach ruhig bleiben, ich habe keinen Grund, mich vor ihr zu fürchten.
„Ich habe mir Braids machen lassen", sage ich neutral und warte die nächste Reaktion ab.
„Wie kamst du denn auf diese Idee? Deine Haare waren doch wunderschön, wie sie waren, warum musst du dir die so verunstalten lassen? Das sieht ja aus wie bei irgendwelchen...keine Ahnung, was für komischen Leuten! Das ist absolut inakzeptabel! Was ist bloß, wenn dich jetzt schon jemand so gesehen hat? Machst du dir denn gar keine Gedanken mehr um deinen Ruf, Mädchen?", wird meine Mutter immer lauter, doch mein Vater meldet sich nun auch zu Wort.
„Das sieht doch gar nicht schlecht aus. Es ist modern und steht ihr echt gut, passt doch zu ihrem exotischen Aussehen. Ich finde es gut, dass du mal was verändern lassen hast." Ich könnte ihn dafür umarmen und genau das tue ich auch. Ich hätte wissen müssen, dass mein Vater auf meiner Seite steht und solange das der Fall ist, wird sich auch meine Mutter damit abfinden. Auf die Worte meines Vaters hin starrt sie mich nur wütend an und beginnt aggressiv das Geschirr aus dem Geschirrspüler zu räumen.
„Und was sagt Maxim dazu? Das ist ja eigentlich gar nicht sein Stil. Der wird sich schrecklich komisch vorkommen, wenn er so mit dir durch die Straßen laufen muss. Denkst du denn nur an dich? Ich finde das sehr rücksichtlos von dir", meldet sich meine Mutter nochmal misstrauisch zu Wort, als ich mich schon auf den Weg in mein Zimmer begebe. Zuerst würde ich gerne antworten, dass es auch nicht sein Stil sein muss, schließlich muss ich mir in erster Linie selber gefallen und wenn Max mich liebt, er mich trotzdem schön findet, dann beschließe ich allerdings, endlich ehrlich zu meinen Eltern zu sein.
„Der hat dazu gar nichts mehr zu sagen, weil wir uns getrennt haben." Mit dem Klang einer zerbrechenden Schüssel hätte ich rechnen sollen.

Pokračovať v čítaní

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