Diabolic Love

By slatedfan

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Schön, reich, beliebt. Das ist Victoria, da scheint es auch logisch zu sein, dass sie als Jahrgangsbeste eben... More

Kapitel 01
Kapitel 02
Kapitel 03
Kapitel 04
Kapitel 05
Kapitel 06
Kapitel 07
Kapitel 08
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45

Kapitel 09

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By slatedfan

Ich kann noch gar nicht fassen, was sich Nik gewagt hat, mir ins Gesicht zu sagen. Noch nie war jemand so unverschämt zu mir. Wie kann man sich über so ein sensibles, privates Thema auf diese Art amüsieren? Nik ist wohl der unfreundliche und unempathischste Mensch, der mir bisher über den Weg gelaufen ist. Auf meiner Schule gab es auch den ein oder anderen Idioten, Nik allerdings übertrifft alles und jeden. Fast bereue ich es dank ihm, hergekommen zu sein. Was habe ich anderes erwartet, wenn er wie immer hier ist? Deshalb sollte es mich gar nicht so sehr stören, was er für einen Müll von sich gibt, schließlich meinen Typen wie er es meistens nicht ernst und stacheln andere nur an, weil sie damit ihr eigenes Selbstwertgefühl aufbessern müssen. Ich könnte mich am liebsten selber dafür ohrfeigen, dass ich so schnell eingeschnappt war, damit habe ich ihm genau gegeben, was er erreichen wollte. Er hat mich gekränkt und kann sich jetzt denken, dass ich noch nie mit jemandem und schon gar nicht mit Max geschlafen habe, sonst wäre ich wohl kaum so empört gewesen. Ich möchte vor Scham im Boden versinken. Eigentlich war diese Tatsache für mich nie ein Grund, um mich zu schämen, aber in Niks Augen bin ich wahrscheinlich entweder eine verklemmt Nonne oder jemand, den kein Junge anrühren will. Soll er doch darüber lachen, wie viel er will, wenigstens bin ich keine Schlampe, von denen er bestimmt genügend kennt. Wahrscheinlich ist er selber eine.
Mit feuerrotem Gesicht, ein Gemisch aus Wut, Scham und Trunkenheit, komme ich wieder bei der Gruppe an. Ihre Blicke richten sich gleich danach auf jemanden hinter mir und mir ist nur allzu bewusst wer das ist, nicht zuletzt, weil Sara sofort anfängt zu strahlen. Sie kann doch unmöglich auf diesen Tölpel stehen, schließlich kommt sie mir wie eine vernünftige Frau vor, die viel auf sich selbst hält, da kann man was wesentlich Besseres haben. Scheinbar muss man Gefühle, die man entwickelt, nicht immer nachvollziehen können. Eins weiß ich aber ganz sicher: Mir ist die Lust auf einen Schlag völlig vergangen und ich möchte nur noch weg von hier. Einen richtigen Plan habe ich mir zwar noch nicht überlegt, jedoch ist alles besser, als in Niks Nähe zu bleiben. Er ist Grund genug, um schleunigst die Fliege zu machen. Ich werde ihm nicht nochmal die Chance geben, mich zu beleidigen. Ich beschließe, dass ich mich nicht nochmal hin setze, so komisch das auch auf die anderen wirken mag, sondern direkt den Weg nach draußen einschlage.
„Würdest du mir bitte meine Tasche geben, Tom?", frage ich ihn, woraufhin er mich zunächst überrascht, gleich darauf geknickt ansieht.

„Du willst schon gehen? Solange bist du doch noch gar nicht hier." Ihm zu Liebe überlege ich tatsächlich kurz, doch nicht zu verschwinden, aber sein Freund hat es bestens geschafft, mich für heute wegzuekeln. Vielleicht war genau das sein Ziel, das hat er super geschafft. Ich kann mir gut vorstellen, dass er mich hier nicht akzeptiert, weil ich nicht bin wie er und die anderen. Widerwillig reicht Tom mir meine Tasche und umarmt mich zum Abschied. Ich verabschiede mich auch vom Rest der Runde, wobei ich gar nicht glaube, dass Lucy etwas davon mitbekommt, so wie sie gerade in ihre Knutscherei mit Ben vertieft ist.
"Lucy, Schatz, willst du dich nicht verabschieden?", unterbreche ich sie und räuspere mich laut, um drängender zu wirken.
„Wie willst du jetzt nach Hause kommen?", kann sich Lucy doch einmal von ihrem Liebsten abwenden und sieht mich dabei an, als hätte sie gerade geschlafen. Na die muss ja vertieft in Bens Lippen gewesen sein.
„So, wie ich hergekommen bin, mit dem Taxi. Ich hab zwar kein Geld mehr hier, aber dann muss der Fahrer eben kurz warten, sobald er mich zu Hause abgesetzt hat", erkläre ich, obwohl ich wenig Lust habe, noch ein Taxiunternehmen anzurufen und ewig zu warten, aber welche Wahl habe ich schon? Sonderlich gut überlegt habe ich mir meine Idee nicht, früher oder später hätte ich allerdings sowieso gehen müssen und ich kann mich nicht darauf verlassen, dass ich ständig bei Lucy schlafen kann, schließlich hat sie auch noch ein Leben.
„Und wo willst du jetzt hin? Deine Eltern erwarten dich doch gar nicht und in deinem Zustand solltest du da lieber nicht aufkreuzen." Sie hat zwar Recht, doch Niks süffisantes Grinsen merke ich, ohne hinzusehen. Soll er sich doch an meinem Leben totlachen, dann wäre die Welt ein Problem mehr los.
„Zu mir kannst du aber auch nicht, da ich mich für heute auch zu Hause abgemeldet habe. Nimm mir das bitte nicht übel, das kam jetzt zu kurzfristig." Vermutlich schläft Lucy bei Ben und ich denke nicht einmal daran, ihr das übel zu nehmen. Ich weiß ganz genau, dass es von mir zu viel verlangt gewesen wäre, hätte ich sie gebeten, mit mir bei sich zu schlafen. Das macht es mir nicht gerade einfacher, eine Lösung zu finden.

„Ich werde einfach zu Max fahren, er wird mich sicherlich nicht wegschicken, insofern er nicht die ganze Nacht weg bleibt. Ich werde heute garantiert eine Möglichkeit finden, mach dir mal keine Sorgen um mich", beruhige ich sie, da sie so aussieht, als ob sie ihre Sorgen regelrecht auffressen. Manchmal ist sie wie eine richtige Mutti, dem kann ich oft leider nicht so gut gerecht werden.
„Das ist auch gar nicht nötig. Ich werde sie fahren und sichergehen, das alles glatt läuft", meldet sich Nik, der es sich auf Saras Armlehne bequem gemacht hat, das erste Mal wieder zu Wort. Alle Blicke huschen überrascht zu ihm herüber. Geschockt sehe ich ihn an und halte das für einen dummen Scherz, doch sein Blick wirkt völlig ernst und entschlossen. Ihm muss doch klar sein, wie ich gerade auf ihn zu sprechen bin und das ich lieber zu Max krieche, statt eine unnötige Sekunde länger in seiner Nähe zu bleiben. Ich will das Angebot gerade entsetzt ablehnen, da mischt sich Lucy ein und strotzt nur so vor Begeisterung.
„Super! Das ist doch nett, oder? Ich bringe euch noch raus." Oh Lucy, wenn du wüsstest, wie nett ich das finde. Wahrscheinlich macht er das nur, um mich während der Autofahrt weiter zu schikanieren. Welchen Antrieb sollte er sonst dazu haben? Lucy hingegen ist einfach nur glücklich, wenn sie weiß, dass ich nicht allein durch die Nacht irre. Auf dem Weg nach draußen bringe ich es nicht über mich, Niks Angebot auszuschlagen. In dem Tempo, in dem Nik läuft, falls man das noch laufen statt rennen nennen kann, bin ich sowieso viel zu sehr auf meine Atmung konzentriert und darauf, mit ihm und Lucy Schritt zu halten.
„Schade, dass du nicht noch länger bleiben willst. Ich wünsche dir dafür noch viel Erfolg mit Max und zeig ihm ein bisschen, dass er nicht alles mit dir machen kann", rät mir Lucy in einer festen Umarmung, nachdem wir bei Niks Auto angekommen sind. Sie bleibt dort stehen, bis ich in sein Auto gestiegen bin und winkt uns zum Abschied. Na super, jetzt sitze ich wirklich mit dem Kerl auf engstem Raum, wegen dem ich abgehauen bin und das nur, weil ich Lucy einen Gefallen tun wollte. Ich gebe mir nicht unbedingt Mühe, zu verbergen, wie abgeneigt ich davon bin und warte nur auf die nächste herablassende Bemerkung.

„Und es soll wirklich zu deinem Lover gehen? Bist du nicht wegen ihm hergekommen? Was willst du dann noch dort?", mischt sich Nik sofort wieder in mein Privatleben ein.
„Also erstens, nenn ihn nicht immer meinen Lover. Er ist mein fester Freund und das schon eine ganze Weile, so komisch dir das auch vorkommen mag. Zweitens kann dir das alles völlig egal sein, da es dich nichts angeht und du genauso der Grund bist, weshalb ich jetzt schon wieder verschwinde", mache ich ihm meinen Standpunkt klar und muss mir dabei große Mühe geben, mich nicht in meine Wut zu steigern. Gleichzeitig denke ich zum hundertsten Mal, wie blöd ich sein muss, vor ihm zuzugeben, dass er es geschafft hat, mich in die Flucht zu schlagen.
„Tut mir leid, ich wusste ja nicht, dass du bei ein bisschen Spaß gleich so ausrastest. Ich habe dich für weniger leicht einzuschüchtern gehalten, jetzt frage ich mich allerdings warum." Sein Humor ist eindeutig unter der Gürtellinie und könnte mich erneut aufregen, weil er überhaupt nicht einsichtig ist, stattdessen gehe ich lieber auf keine seiner Bemerkungen ein, nenne ihm die Adresse von Max und genieße die Ruhe, die während der restlichen Fahrt herrscht. Es hat schon immer die größte Wirkung gezeigt, solche Leute einfach zu ignorieren.

Ich atme auf, als wir endlich bei Max angekommen sind und ein Stein, nein, eher ein riesiger Fels fällt mir vor Erleichterung vom Herzen. Die ganze Fahrt über war ich total angespannt, ich habe mich selten so unwohl gefühlt, dagegen hilft kein Alkohol der Welt.
„Bist du eigentlich nüchtern?", kommt mir erst jetzt die Frage in den Sinn. Am Ende habe ich gerade mein Leben aufs Spiel gesetzt, dabei bin ich bei sowas sonst immer übervorsichtig. Es würde mich stark wundern, wenn er nichts getrunken hat heute Abend.
„Bist du irre? Natürlich, ich hänge an meinem Leben." Nun bin ich in der Tat verwundert und bezweifle, dass ich ihm blind vertrauen sollte.
"Du kannst mir wirklich glauben, vom Alkohol halte ich meistens fern, erst Recht, wenn ich noch Auto fahren muss", fügt er etwas gereizt auf meinen Blick hinzu, der ihm scheinbar deutlich macht, wie wenig ich an seine Worte glaube. Er ist wohl der Letzte, der sich von mir beleidigt fühlen darf.

„Dann ist ja gut. Ich gehe jetzt, danke fürs Fahren", zwinge ich mich zu sagen, auch wenn es mir äußerst schwerfällt, nett zu sein. Wer hätte es mir verdenken können, wäre ich wortlos ausgestiegen, doch meine guten Manieren melden sich selbst bei Menschen, die sie nicht verdienen, zu Wort.
Als ich vor Max Haustür stehe und kurz davor bin, zu klingeln, überkommt mich die Aufregung. Wie soll ich Max jetzt gegenübertreten? Ich bin immer noch enttäuscht und beschämt. Wird er sich so verhalten, als wäre nichts geschehen oder würde er sogar den Versuch starten, die Aktion von vorhin fortzusetzen? Wäre ich dazu momentan bereit? Und wie soll ich ihm erklären, wo ich gerade eben noch war und warum ich so eine Fahne habe? Vermutlich war die Idee, ausgerechnet hierher zu kommen doch nicht die Beste, aber was bleibt mir anderes übrig? Das sind eindeutig zu viele zu komplizierte Fragestellungen für diese Uhrzeit. Eigentlich darf ich mir gar nicht so viele Gedanken um die Situation machen, erst Recht keine Angst haben. Max ist mein Freund, er sollte die Person sein, der ich alles erzählen und der ich am meisten vertrauen kann. Wenn er mich liebt, wird er mir wohl kaum den Kopf für heute Abend abreißen. Bestimmt werden wir ganz in Ruhe über alles reden und nochmal von vorn beginnen. Also fasse ich eine Sekunde später all meinen Mut zusammen und drücke die Klingel. Und warte. Ich versuche es noch ein zweites und ein drittes Mal, doch nichts tut sich, die Tür geht nicht auf. Ich trete ein paar Schritte zurück und sehe nach seinen Fenstern. Sie sind alle dunkel. Schläft er schon? Ich beschließe als letzten Versuch, ihn anzurufen. Auch hier starte ich drei erfolglose Versuche, die mich in die Verzweiflung treiben. Ich habe alles darauf gesetzt, dass Max mittlerweile wieder hier ist, was kann denn da schon so lange dauern? Einen Plan B habe ich nicht, weshalb ich notgedrungen doch nur nach Hause gehen kann, was ich unter allen Umständen verhindern wollte.
„Steig wieder ins Auto!", fordert mich Nik auf, der ausgestiegen ist und sich auf dem Dach abstützend auf mich wartet. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass er immer noch hier ist, damit habe ich nicht gerechnet. Plötzlich bin ich gar nicht mehr so undankbar, dass er mich durch die Gegend kutschiert, schließlich hat ihn niemand darum gebeten. Ich frage mich immer noch, was er sich davon erhofft. Diesmal überlege ich nicht mehr so lange, sondern steige gleich in den Wagen. Ich werde langsam müde und würde mich gern hinlegen. Es war ein langer, aufregender Tag, der endlich ein Ende haben soll. Da will ich nicht noch die ganze Strecke nach Hause laufen müssen.

„Keine weiteren Zickereien?", fragt Nik mich skeptisch, worauf ich ihm keine Antwort gebe. Ich fühle mich mit einem Mal so schlapp, dass ich einfach nur liegen und schweigen will. Als Nik schon ein paar Meter gefahren ist, fällt mir auf, dass ich ihn meine Adresse gar nicht genannt habe. Innerlich sträube ich mich regelrecht dagegen, aber was kann ich sonst tun? Zurück zum Club fahren und jemanden fragen, ob er mich mitnimmt, scheint mir die einzige machbare Lösung, auch wenn es mir unangenehm ist. Vielleicht erklärt sich Tom bereit, auch wenn ich ihn kaum kenne.
„Wo fahren wir hin?", will ich nun endlich wissen. Das wird doch keine Entführung, oder?
„Du kannst bei mir schlafen, bevor du noch sonst wo landest. Ich habe genügend Platz in meiner Wohnung", überrumpelt er mich, mit einem Plan B, den ich nie in Betracht gezogen hätte, den ich nie in Betracht ziehen werde.
„Das kommt gar nicht in Frage. Tom nimmt mich bestimmt mit", wehre ich seinen Vorschlag ab.
„Ich fahre jetzt nicht nochmal hin und her, außerdem hat Tom in seinem Zimmer im Studentenwohnheim gar keinen Platz für dich. Ich tue dir schon nichts, also nimm das Angebot einfach an, als eine Art Wiedergutmachung." Tom kann ich also vergessen, Josh und Ana würde ich ebenfalls nicht fragen wollen. Was bleibt mir anderes übrig? Meine Begeisterung hält sich zwar in Grenzen, überrascht bin ich dennoch, dass er das Bedürfnis hat, seinen dummen Kommentar wieder gutzumachen.
„Max wird nicht gerade davon begeistert sein", spreche ich meine Gedanken laut aus und bereue es gleich darauf.
„Dein Max hat die Situation erst verursacht. Außerdem schläfst du doch nur bei mir und nicht mit mir", lacht Nik. „Aber wenn du es ihm heimzahlen willst, dann kannst du ihn ja gern eifersüchtig machen oder du wendest dieses interessante Konzept namens Lügen an."
Ich betrachte Nik von der Seite. Nein, das würde mir Max niemals abkaufen. Er kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich mich auf jemanden wie ihn nicht einlassen würde. Zum einen, weil ich Nik so gut wie gar nicht kenne und zum anderen, weil er ein völlig anderer Typ ist. Dabei muss das nicht mal an Niks Art selbst liegen, kein Mensch traut mir zu, dass ich fremdgehen könnte, weder mit Nik noch mit jemandem wie Max. Ich sollte dringend aufhören, mir ständig klarzumachen, dass Nik und ich grundlegend verschieden sind. Das wirkt beinahe so, als müsste ich mich selbst davon überzeugen, dass ich Abstand von ihm halten sollte. Bis wir bei Nik ankommen, versuche ich, meinen Kopf bestmöglich auszuschalten und verbiete mir, weitere Gedanken daran zu verschwenden, schließlich führen sie zu nichts. Für heute habe ich mir genügend den Kopf zerbrochen. Er hält vor einem schönen, alten Wohnhaus, in einer Gegend, in der die Mieten nicht gerade dafür bekannt sind, niedrig zu sein. Ich gucke nicht schlecht, als wir ausgerechnet darauf zusteuern. Mit so einer schicken Wohngegend habe ich wirklich nicht gerechnet. Da drängt sich mir die Frage auf, was er eigentlich beruflich macht und aus was für einer Familie er stammt. Ich gehe mit einem vollkommen Fremden nach Hause. Meine Fantasie reicht nicht aus, um mir Nik in irgendeinem Arbeitsumfeld vorzustellen, dass zu ihm passt. Das einzige, was mir in den Sinn kommt, ist Mitglied in einer Rockband, doch darauf würde ich nicht setzen. Ohne ein Wort zu verlieren, betreten wir das Gebäude und bleiben vor einer Wohnung im Erdgeschoss stehen. Wenigstens muss ich keine vielen Stufen steigen. Als ich die Wohnung von innen sehe, bin ich schockverliebt. Sie ist das komplette Gegenteil von Max Wohnung, die viel moderner und enger eingerichtet und gebaut ist. Diese hier ist geräumig, mit hohen, verzierten Decken, wie man es sich bei einer Altbauwohnung oft vorstellt. Die Einrichtung bezeichnet man wohl am treffendsten als Vintage. Allerdings stelle ich mir die Frage, ob das alles für eine Person nicht etwas zu groß ist. Ich würde mir hier allein ziemlich verloren vorkommen. Der Flur führt uns in ein riesiges Wohnzimmer, das genauso aussieht, wie ich es mir ebenfalls eingerichtet hätte. Wir werden doch nicht tatsächlich etwas gemeinsam haben? Erstaunlicherweise fühle ich mich nicht unwohl wie erwartet, dazu bin ich viel zu beeindruckt und durch und durch überrascht. In meiner Vorstellung waren alle Wände schwarz gestrichen und in den Ecken stand der ein oder andere Totenschädel.

„Gefällt es dir?", holt mich Nik irgendwann aus dem Staunen zurück.
„Du kannst in meinem Bett schlafen, wenn du willst. Mir macht es nichts aus, auf der Couch zu schlafen", bietet er mir an und ich bin überrascht von seiner plötzlichen Höflichkeit. Erst fährt er mich, dann lässt er mich bei sich schlafen und bietet mir nun sogar noch sein Bett an. Welcher Schalter hat sich bei ihm so plötzlich umgelegt? Niemals käme mir allerdings in den Kopf, in seinem Bett zu schlafen.
„Das muss nicht sein, ich kann auch auf der Couch schlafen, ist doch fast das Gleiche", wehre ich sein Angebot ganz schnell ab.
„Wie du willst, dann hole ich dir noch eine Decke und so." So schnell, wie er weg ist, kommt er auch wieder und macht mir die Couch sogar noch schlafgerecht. Ich weiß gar nicht, was ich denken soll, das hätte ich auch selber machen können.
„Das Bad ist links, wenn du aus dem Flur kommst. Wenn irgendwas ist, dann sag Bescheid." Wir stehen beide für ein paar Sekunden unbeholfen da und finden vermutlich die Situation etwas schräg. Vorhin wollte ich ihm noch ins Gesicht spucken und jetzt genieße ich seine Gastfreundschaft. Diese Entwicklung ging mir etwas zu schnell, ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte.
„Gute Nacht", wünscht mir Nik nach einer langen Weile betretener Stille und lässt mich allein in diesem riesigen Zimmer. Ich glaube, ich bin nicht müde genug, um hier ein Auge zuzubekommen.

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