Lights of our world

By lightsproject

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Er musste die Mauer wieder aufbauen. Denn wenn sie es wüsste, würde sie sterben. Und das war das Einzige, was... More

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1.Kapitel-Nebel|1
1.Kapitel-Nebel|2
2.Kapitel-Schließe nicht die Augen|1
2.Kapitel-Schließe nicht die Augen|2
3.Kapitel-die Königsfamilie|1
3.Kapitel-die Königsfamilie|2
4.Kapitel-Ist das Sicherheit?|1
4.Kapitel-Ist das Sicherheit?|2
5.Kapitel-Träume|1
5.Kapitel-Träume|2
6.Kapitel-gelbe Blüten|1
6.Kapitel-gelbe Blüten|2
7.Kapitel-Bücher und Bilder|1
7.Kapitel-Bücher und Bilder|2
8.Kapitel-Meines ebenfalls|1
8.Kapitel-Meines ebenfalls|2
9.Kapitel-Flammen und Sternenhimmel
10.Kapitel-Heute|1
10.Kapitel-Heute|2
11.Kapitel-Wie allein sind wir wirklich?|2
11.Kapitel-Wie allein sind wir wirklich?|1
12. Kapitel-Fragen
13. Kapitel-Blitze und Sonnen|1
13.Kapitel-Blitze und Sonnen|2
14.Kapitel-Neumond|1
14.Kapitel-Neumond|2
15.Kapitel-Blut und Schlüssel|1
15.Kapitel-Blut und Schlüssel|2
16.Kapitel-Sprache unserer Sonne|1
16.Kapitel-Sprache unserer Sonne|2
17.Kapitel-Versprechen|1
17.Kapitel-Versprechen|2
18.Kapitel-Lügen|1
18.Kapitel-Lügen|2
19.Kapitel-Wie die Sonne, wie der Mond|1
19.Kapitel-Wie die Sonne, wie der Mond|2
20.Kapitel-der Wartende|1
20.Kapitel-der Wartende|2
21. Kapitel-Glut|1
21.Kapitel-Glut|2
22.Kapitel-Im Herbst blutet die Welt|1
22.Kapitel-Im Herbst blutet die Welt|2
23.Kapitel-Unsere Augen|1
23.Kapitel-Unsere Augen|2
24.Kapitel-Auf dass er lange herrschen möge|1
24.Kapitel-Auf dass er lange herrschen möge|2
Epilog

PROLOG

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By lightsproject

Ich würde mich sehr über alle Arten von Feedback freuen. Auch Verbesserungstipps sind erwünscht! Ich hoffe, es gefällt euch :)
Vor ab möchte ich auch sagen, dass dies nicht die aktuelle Version der Geschichte ist, da ich einiges überarbeitet und verbessert habe, jedoch nicht dazu gekommen bin, dies auf Wattpad zu übernehmen. Trotzdem viel Spaß beim Lesen!





„Komm schon, Ben, lass uns gehen, du weißt, dass sie mich suchen." Meine Stimme hallt unnatürlich laut in der Stille um uns herum wieder. Nervös blicke ich zu Ben auf. Er grinst mich nur an. „Du hast doch nicht etwa Angst, Bren?" Ich verdrehe die Augen. Es war mir klar, dass er mich nicht ernst nimmt. Sogar nach all den Jahren in denen er es eigentlich gelernt haben sollte, tut er es nicht.
Stattdessen zieht er mich selbst in den ernstesten Situationen mit seinen äußerst unlustigen Sprüchen auf. Und diese Situation ist verdammt nochmal ziemlich ernst. Ich sehe die die roten Linien unter uns flimmern. Sie bilden ein Netz, das jeden den es fängt zu Asche zerfallen lässt. Ich schaudere und schlinge die Arme um meinen zitternden Oberkörper. „Ben, bitte. Wenn sie mich hier erwischen, dann...ach verdammt, du weißt, was dann passiert!"

Ich schaue ihn flehentlich an, doch er legt mir nur seine Hände auf die Schultern. Vermutlich soll diese Geste beruhigend wirken, aber sie zwängt mich ein. Sie lässt mich noch unbehaglicher fühlen. „Sie haben eine Besprechung, das weiß ich aus einer sicheren Quelle." „Eine Sichere Quelle? Wie-" Er bringt mich zum Schweigen, indem er mir einen Finger auf die Lippen legt. „Glaub mir, heute Nacht ist hier niemand, der uns sehen könnte." Während er spricht, nimmt er meinen Kopf in seine Hände und dreht in ein wenig zur Seite, sodass ich zum Abgrund schaue. „Ben, lass das! Sag mir jetzt einfach was du mir zeigen wolltest und lass uns dann verschwinden", sage ich und schüttle seine Hände ab.

Vor etwa einer Stunde, als ich schon auf dem Weg zu Amy war, der alten Frau, die in einem heruntergekommenen Container in der Nähe des Flusses wohnt, und für mich -mit Ben und seinen Geschwistern natürlich-der einzige Mensch ist, der annähernd so etwas wie Familie bedeutet, fing mich Ben ab. Er sagte er wolle mir unbedingt etwas zeigen. Und wie immer konnte ich nicht Nein zu ihm sagen. Ich verfluche mich tagtäglich dafür, dass ich diesem Idioten so sehr vertraue. Aber wie könnte ich nicht?

Jetzt lächelt er mich von der Seite an. „Findest du nicht, dass die Aussicht hier fantastisch ist?", fragte er mich. Genervt stöhne ich auf und trete von einem Fuß auf den anderen. „Du weißt, dass ich diesen Ort nicht mag. Er macht mich nervös", schnaube ich, und bevor er etwas erwidern kann füge ich hinzu: „Und jetzt mach dich gefälligst nicht über mich lustig! Ich weiß schon, du kannst sie nicht sehen und hältst mich für verrückt. Aber sie sind da. Genau unter uns." Ich zeige auf das surrende Netz.

Meine Hand hat sich selbstständig gemacht und zittert unkontrolliert, obwohl ich mich bemühe, sie ruhig zu halten. Ben greift nach ihr und drückt sie. Vielleicht ist es genau das, was ich an ihm so liebe. Das er trotz seiner furchtbar leichtsinnigen Seite merkt, wann es mir wirklich ernst ist. Wann ich wirklich Angst habe. Und dann bleibt er bei mir und sorgt dafür, dass es aufhört. „Hey, es ist alles gut. Wir sind nicht nur wegen der Aussicht hier." Ein schelmisches Grinsen breitet sich in seinem Gesicht aus und ich verwerfe meinen vorigen Gedanken an seine fürsorgliche Seite schnell wieder. Um mein Unbehagen zu überspielen, ziehe ich spöttisch eine Augenbraue hoch und bemühe mich so viel Spott in meinen Blick zu legen, wie möglich. Auf diese Geste bin ich stolz, aber Ben schüttelt nur amüsiert den Kopf. „Heute ist Neumond", hilft er mir auf die Sprünge.

Mein Spott verkriecht sich eilig wieder in irgendeine dunkle Ecke meines Bewusstseins und ich ziehe überrascht die Luft ein. Wenn es ganz dunkel ist, ohne das Licht des Mondes, der die zerstörte Stadt beleuchtet, die wir unser Zuhause nennen, durch den man den Smog in wabernden Schwaben wie Wolken über den Dächern hängen sieht, dann sieht man die Lichter der zweiten Welt.

Einen anderen Namen haben wir für sie nicht. Die Krone fürchtet sie, will sie vernichten, will ihr Land. Beschuldigt sie der Ungerechtigkeit. Sie ist zu anders, unterscheidet sich zu sehr von unserer Welt. Dort gibt es Wälder und Seen, die nicht voller Abgase, Müll und mutierter Tiere sind. Dort kann man die Luft einatmen, ohne Angst zu haben, sie würde einen vergiften. Sauberes Wasser, Essen, das nicht aus dem Labor stammt. Wunderschöne Tiere...und dann wären da noch die Einheimischen. Sie haben Fähigkeiten, die sich der Vorstellung eines einfachen Menschen entziehen. Jedenfalls sagen das alle. Niemand weiß welche Absichten sie haben. Ob sie uns töten würden, wenn sie nur könnten. Ob sie wütend auf uns sind, weil wir Alles zerstört haben. Alles offene Fragen. Denn niemand von uns hat dieses Land je betreten. All unser Wissen stammt von unseren Vorfahren, die dokumentiert haben, was in dieser Welt vorging.

Sie waren Verbündete, die Grenzen waren offen, doch jetzt nicht mehr. Als die Menschen merkten, dass sie all ihre Lebensgrundlagen nach und nach zerstört haben, war es bereits zu spät. Sie fragten die Einheimischen der zweiten Welt nach Hilfe, nach einem Stück ihres Landes. Versprachen es nicht zu zerstören. Die Bewohner der anderen Welt weigerten sich, aus Angst sie hätten nichts aus ihren Fehlern gelernt. Es gab Krieg, die Einheimischen siegten und errichteten die Grenze. Das ist jetzt über 100 Jahre her. Ich weiß, dass ich sie hassen sollte, ihnen die Schuld für unser Leben hier geben sollte. Aber das kann ich nicht. Wir sind selbst verantwortlich für unsere Lage, und so wie ich die Krone kenne, finde ich es durchaus verständlich, dass die Anderen ihr nichts von ihrem Land geben wollte. Da ist nur ein Funke der Sehnsucht in meinem Herzen. Sehnsucht nach grüner Landschaft, so wie ich sie auf den Bildern in Bens Schulbüchern gesehen habe, Sehnsucht nach dem blauen Himmel und...

„Erde an Brenda!" Ich schrecke zusammen und boxe Ben leicht gegen die Brust. „Hör auf mich immer so zu erschrecken! Das ist nicht lustig." Ich hebe meinen Kopf und schaue in seine haselnussbraunen Augen. Ich habe gerade geklungen wie ein kleines Baby, aber er macht keinen Kommentar dazu. Sehr untypisch. Normalerweise würde er mir das noch wochenlang unter die Nase reiben. Meine Hand liegt noch immer auf seiner Brust und ich spüre seinen Herzschlag. Er scheint nervös. Das ist auch nicht normal. Eigentlich bringt ihn nichts so leicht aus der Ruhe. Ich sehe wie er schluckt und mir entgeht auch der Ausdruck in seinen Augen nicht. Er wirkt...traurig. „Alles in Ordnung?" Er schüttelt verwirrt den Kopf, als hätte ich ihn grade aus seinen Gedanken geholt, und dann ist der Ausdruck schon wieder verschwunden und er grinst mich an. „Mir ging es noch nie besser." Ich merke wie ich rot werde und ziehe schnell meine Hand zurück.

Hastig wende ich mich wieder dem Abgrund zu. Und da sind sie, die Lichter. Wir waren so sehr mit uns selbst beschäftigt, dass wir sie nicht bemerkt haben, was mir bei ihrem Anblick nun ziemlich unmöglich vorkommt. Denn es sieht wunderschön aus. Hinter der Grenze, die von hier aus nur an dem Streifen grüner Bäume zu erkennen ist, erstrecken sich blaue, grüne und violette Muster im Himmel.

Fast wie die Nordlichter, die ich in den alten Dokumentationsfilmen von Amy gesehen habe, nur viel schöner. Es sieht aus als würden sie miteinander tanzen, ineinander verschmelzen und sich dann wieder voneinander trennen. Immer neue Farbtöne entstehen. Farben die ich so noch nie gesehen habe. Ich merke, dass ich über das ganze Gesicht strahle.

„Warum haben wir das nicht schon früher einmal gemacht?", vor Begeisterung zittert meine Stimme. Ich spüre, wie Ben von hinten näherkommt und die Arme um meine Hüften schlingt. Er vergräbt sein Gesicht an meinem Hals und sofort umgibt mich sein Geruch nach warmem Brot und Kaminfeuer. Der Geruch nach Sicherheit. „Vielleicht, weil ein gewisses Mädchen zu viel Angst hatte?", nuschelt er in meine Haare. „Oder", erwidere ich „weil die Neumondnacht noch nie auf die einer Besprechung gefallen ist, und dieses 'gewisse Mädchen' zu vernünftig war, um ihr Leben für das hier zu riskieren." Ben lacht und drückt mich noch näher an ihn. „Oder das", gibt er nach und drückt mir einen kurzen Kuss auf den Hals. Ich spüre, wie ich erschaudere.

Obwohl solche Gesten von ihm schon längst normal für mich sein sollten, bringt es mich immer wieder aus der Fassung. Ich drehe mich um und er nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Du weißt doch, dass ich dich nie in Gefahr bringen würde, oder?", plötzlich ist seine Miene ganz ernst. Ich nicke. „Natürlich weiß ich das. Warum fragst du?" Solche Fragen sehen Ben überhaupt nicht ähnlich, er weiß, dass ich ihm vertraue, und ich weiß, dass er mir vertraut. Das war schon immer so. „Nur so", Ben legt seinen Kopf an meine Stirn und ich schließe die Augen, atme tief ein und genieße den Moment. Hier mit meinem Freund unter den Lichtern der zweiten Welt. Für einen kurzen Moment verspüre ich nichts, als Ruhe und Frieden. Dann öffne ich die Augen und sehe Ben an. Er hat Tränen in den Augen. Was ist los mit ihm? Ich lege eine Hand an seine Wange und fange eine vereinzelte Träne auf, die seine Wange hinabläuft. Er schaut mich an und seine Lippen beben, als er flüstert: „Es tut mir leid, Bren. Es tut mir so entsetzlich leid." Ich runzle die Stirn, will gerade zu einer Antwort ansetzen, ihn fragen was los ist, was ihm leidtut, aber ich komme nicht dazu, denn hinter ihm tauchen bewaffnete Männer auf.

Sie kommen aus der Richtung der Stadt, müssen aber dem Schmutz auf ihrer Kleidung nach zu urteilen, einen Umweg durch die Schrottberge gemacht haben. Wobei da nicht viel Unterschied besteht. Die Straßen der Stadt quellen vor Müll nur so über. Aber jetzt sind sie hier. Vor mir. Heute. Warum heute? Von all diesen Jahren, an denen sie mich hätten fassen können, fällt es ausgerechnet auf heute. Ich meine, mir war klar, dass ich mich nicht mein Leben lang verstecken kann. Ich wusste ganz genau, dass dieser Moment kommen würde. Ihre Gewehre sind auf uns gerichtet. Tausend Gefühle rühren sich in meinem Inneren. Schock. Angst. Schmerz. Wie haben sie uns gefunden? Woher wussten sie, wo wir sind? Was werden sie mit uns machen? Halt. Mir ist klar was sie mit uns machen werden. Das heißt, mit mir. Denn da ist einzig ein Gedanke ist da der mich tröstet. Sie werden Ben verschonen, sie werden ihm nichts tun. Das Einzige, was sie interessiert, bin ich.
Meine Fähigkeit, die ich selbst nicht verstehe und mein Tod. Sie sagen, es wäre für Alle am besten, wenn ich sterbe. Sie sagen, ich bin ein Monster, das es nicht verdient hier zu leben. Ich weiß es besser. Sie haben Angst, Angst vor dem Unbekannten. Wollen, dass sie alles unter Kontrolle haben, wollen herrschen. Und ich stehe ihnen dabei im Weg, bin nichts mehr, als ein kleiner Kieselstein der zwischen ihnen und ihrer perfekten Welt liegt. Denn ich sehe ihre Waffen. Sie können weder die Kameras noch die Strahlen gegen mich einsetzten. Und das finden sie gelinde ausgedrückt ziemlich blöd. So blöd, dass sie mich umbringen wollen.

„Ben?", flüstere ich, meine Stimme zittert. Er reagiert nicht, ich sehe, wie er mit sich ringt, sehe, wie sein Blick nervös hin und her schweift und sich schließlich verhärtet, einen Entschluss fasst.

Er tritt zur Seite, aus der Schusslinie der Soldaten. Überlässt mich den Leuten, vor denen ich mich Jahre lang versteckt habe. Ich spüre wie sich etwas in mir zusammenzieht. Angst. Pure Angst. Und Trauer. Ich schaue Ben an, unfähig zu sprechen. Und genau in dem Moment, in dem die Soldaten unsere Klippe erreichen und beginnen hochzusteigen, fasse ich einen Entschluss.

Sie werden mich foltern, das weiß ich. Sie wollen wissen, warum ich so bin, wie ich bin. Sie wollen wissen, ob es noch mehr Leute wie mich gibt. Und dabei interessiert es sie kein Bisschen, dass ich selbst ihnen die Antworten auf diese Fragen auch nicht geben kann. Sie werden es mir also nicht vergönnen zu sterben. Sie werden die komplette Kontrolle darüber übernehmen, ob ich lebe oder sterbe. Ich hasse es, wenn ich etwas nicht unter Kontrolle habe. Wenn ich ihnen schon nicht lebendig entkommen kann, dann wenigstens tot. Das habe ich mir schon vor Jahren klar gemacht. Und trotzdem, jetzt wo meine Befürchtungen real werden, kann ich nicht leugnen, dass ich zögere.

Nur einen kurzen Moment, aber dieser eine Moment reicht aus, um mir das Gefühl der Unentschlossenheit tief in den Geist zu brennen. Ich schaue noch einmal zu den Soldaten hinunter. Die ersten sind schon fast bei uns angelangt. Nun sprinte ich wie von selbst los, so als würde mein Körper endlich auf meinen Befehl reagieren, an Ben vorbei zu der Kante. Ich registriere die Strahlen unter mir, aber ich habe keine Angst mehr vor ihnen. Mit geschlossenen Augen lasse ich mich einfach nach vorne fallen.

Ich habe mich schon oft gefragt, wie es sich anfühlt zu sterben und was mein letzter Gedanke wäre. Letzteren weiß ich jetzt. Ich frage mich, wie ich es mein ganzes Leben mit diesen Fragen ausgehalten habe. Wer bin ich? Warum kann ich mich nicht an mein Leben vor Ben erinnern? Jedenfalls nicht an viel davon. Wer sind meine Eltern? Warum kann ich Dinge sehen, die sonst niemand sieht? Ich habe keine Sekunde meines Lebens damit verbracht, Antworten auf diese Fragen zu finden. Und jetzt, als ich kurz vor meinem Tod stehe, merke ich, was für einen riesigen Fehler ich dadurch begangen habe.

Aber ich weiß nicht, wie es sich anfühlt zu sterben. Ich weiß nur, wie sehr es schmerzt, wenn einem mit voller Wucht am Arm gerissen wird. Ich hänge über dem Abgrund, nur Bens Hand um meinen Unterarm hält mich davon ab, zu fallen. Warum tut er das? „Ben." Meine Stimme ist kaum mehr, als ein Flüstern. „Wir haben eine Abmachung." Als wir zehn Jahre alt waren, das heißt, er war zu dem Zeitpunkt zwölf, hat er mir auf meinen Wunsch hin geschworen, mich im Fall der Fälle sterben zu lassen. In einem Fall wie jetzt. Er sieht durch mich hindurch, zieht mich hoch, stellt mich auf die Füße und schiebt mich vom Abgrund weg.

Ich starre ihn an, unfähig zu sprechen. Schaue ihn an, als einer der Soldaten mich gewaltsam am Arm packt. Und dann ist meine Stimme wieder da und mit ihr die Panik. Ich fange an zu schreien und schlage um mich, versuche den Soldaten zu treten, zu beißen, ihn irgendwie dazu zubringen loszulassen. Genauso gut hätte ich auf einen Felsen einschlagen können. Meine Knöchel fangen an zu bluten und Tränen strömen mir übers Gesicht. „Ben!", schreie ich und Wut überkommt mich „Benjamin!" Ich sehe wie er beim Klang seines ganzen Namens zusammenzuckt. Ich sehe den Schmerz in seinen Augen, doch er lässt mich kalt.

Als mich der Soldat zu Boden wirft, meinen Kopf in den Schlamm drückt und ich die Sicherung der Gewehre klicken höre, sehe ich Ben immer noch an. Und eine einzige Frage brennt in meinem Inneren, kämpft sich gewaltsam ihren Weg nach Draußen. „Warum?", brülle ich ihm zu, schmeiße ihm die Worte vor die Füße, und dann schießen sie.

Ein kurzer Schmerz durchfährt meinen ganzen Körper und auf einmal werde ich müde, so müde. Ich spüre, wie mich einer der Soldaten über seine Schultern wirft und hebe leicht den Kopf. Das letzte, das ich sehe, ist Bens zusammengesunkene Gestalt vor den Lichtern der zweiten Welt. Und dann sind sie weg.

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