2.Kapitel-Schließe nicht die Augen|2

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Als ich aufwache fahre ich sofort alarmiert hoch. Mein Atem geht schnell und flach, aber in mir fühle ich eine seltsame Ruhe. Ich schaue mich um und stelle fest, dass ich in einem Wald bin, die hohen Bäume ragen über mir auf und unter mir fühle ich weiches Moos. Matt liegt neben mir, mit dem Gesicht nach unten, als ich vorsichtig sein Gesicht zur Seite drehe, sehe ich, dass er lächelt. Ich atme tief die Luft ein. Sie ist frisch und es riecht ein wenig nach Regen. Mein Herz macht einen Satz und dann erfüllt ein lautes Geräusch die Stille um uns herum. Mein Lachen. Hysterisch schüttle ich mich und betaste das feuchte Moos um mich herum.

Ich versuche aufzustehen, um mich meine Arme um mich zu strecken und mich zu drehen, so wie es immer die Kinder in den Büchern machen, die ich über die Zeit vor unserer gelesen habe. Doch ich bin zu schwach und meine Beine geben unter dem Gewicht meines Körpers nach. Ich lasse mich wieder in das Moos zurückfallen, schon durch diese kurze Bewegung bin ich so erschöpft, dass meine Augen drohen wieder zuzufallen. Zu spät merke ich, dass es nicht möglich ist, dass wir uns nicht in einem Wald befinden können. Die gibt es nur hinter der Grenze, und ich kann mich mit der Vorstellung diese überschritten zu haben einfach nicht anfreunden. Also fasse ich den Beschluss, dass Matt und ich wohl tot sein müssen. Denn anders lässt sich das hier nicht erklären.

Ich wache davon auf, dass ich Stimmen höre. Zwar versuche ich sofort die Augen zu öffnen und mich aufzusetzen, doch es gelingt mir nicht.
„Alex, nimm du den Jungen, ich kümmere mich um das Mädchen." Ich spüre, wie Matt neben mir hochgehoben wird und versuche schwach ihn festzuhalten, aber meine Finger gleiten an seinem Hemd ab.

„Ich glaube, sie ist wach", höre ich eine neue, tiefere Stimme sagen. Da sie aus meiner direkten Nähe kommt, vermute ich, dass es der Träger von Matt ist.
„Geh schon mal los und bring ihn zu Derek, er soll ihn versorgen." Der andere Mann scheint die Bemerkung des Trägers überhört zu haben.
„Was ist mit ihr?"
„Ich werde sie zu Keira bringen." Daraufhin folgt eine kurze Stille und dann entfernen sich die Schritte und ich bin allein mit dem anderen Mann. Ich spüre wie er seine Arme unter meinen Körper schiebt und mich hochhebt. Ich versuche mich zu wehren, aber er kümmert sich nicht darum.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Vorerst bist du hier in Sicherheit." Mir entgeht die Betonung auf das Wort Vorerst nicht, aber ich bin zu müde um darüber nachzudenken. Ich versuche mich noch wach zu halten, aber die gleichmäßigen Schritte des Mannes wiegen mich nach und nach in einen tiefen Schlaf.

Als ich meine Augen wieder öffne, spüre ich die Wärme einer weichen Polsterung. Ich drehe mich vorsichtig ein wenig und stelle fest, dass es sich um eine breite Couch handelt, die unter meinem Gewicht zusammensinkt. Ich wende mich in die andere Richtung und sehe einen hochgewachsenen jungen Mann, der in dem Zimmer auf-und abgeht. Als er merkt, dass ich wach bin, kommt er auf mich zu. Soweit ich es in dem schlechten Licht erkennen kann, es muss mitten in der Nacht sein, hat er dunkle Haare, die ihm wirr vom Kopf abstehen. Seine blauen Augen sind fest auf mich gerichtet und ich kann keine Regung in seinem Gesicht feststellen. Ich versuche mich zu erinnern, wer er ist und wo ich bin, aber meine Gedanken sind vernebelt.
„Endlich, ich dachte schon, du wachst gar nicht mehr auf." Ich kenne die Stimme, kann mich aber nicht erinnern woher.


„Wie seid ihr in den Wald gekommen und woher kommt ihr? Du siehst nicht aus wie eine von uns." Ich starre ihn nur weiter an, mein Gehirn rattert. Richtig, er war der Mann der mich aus dem Wald getragen hat. Ich fahre mir nervös mit der Zunge über meine trockenen Lippen.
„Matt", bringe ich mühsam hervor, meine Stimme ist kratzig und schon nach diesem einen Wort fühlt sich mein Hals an, als würde er in Flammen stehen. „Wo ist Matt?" Meine Stimme ist leise, aber er scheint mich trotzdem verstanden zu haben. „Ihm geht es gut. Einer unserer Leute kümmert sich um ihn." Ich erinnere mich. Ich glaube er hieß Derek. Ich bin erleichtert, dass es Matt gut geht, und am liebsten würde ich aufstehen und zu ihm rennen, aber stattdessen fallen mir meine Augen wieder zu.

„Wer seid ihr?" Ich spüre, wie der Mann näherkommt. „Was seid ihr?" Mit diesen Worten streckt er die Finger aus und berührt mich leicht an meiner Wange. Sofort reiße ich die Augen auf und mein Körper weicht der Bewegung wie von selbst aus.
„Fass mich nicht an!" Ich ignoriere den Schmerz in meiner Kehle und fauche den Mann wütend an. „Wage es nicht!" Als er einen kleinen Schritt auf mich zu macht, schlägt meine Wut auf einmal in Angst um. Ich wimmere leise auf und drücke mich verzweifelt gegen die Lehne der Couch. Ich schlage die Hände vors Gesicht und drehe mich von ihm weg. „Bitte nicht. Tu mir nicht weh." Ich schluchze auf und mache mich so klein, wie es nur geht. Plötzlich geht die Tür auf und ich höre wie jemand den Raum betritt.

„Was machst du denn? Alex hat gesagt, du wolltest sie zu mir bringen!" Die Stimme klingt weiblich und wirklich entrüstet. Der Mann entgegnet nichts. Ich heb den Blick und sehe eine kleine Frau mit blonden langen Haaren, die ihr in einem lockeren Zopf über die Schulter hängen, die den Mann wütend anstarrt. Dann wendet sie ihren Blick mir zu und ihre Züge werden sofort weicher. Sie macht ein paar Schritte auf mich zu und hebt beschwichtigend ihre Hände, als wäre ich ein wildes Tier, das es zu besänftigen gilt. Trotz dieser Geste habe ich Angst vor ihr. Ich will nicht angefasst werden. Von niemandem. Ich drücke mich noch enger an das Polster und meine Augen huschen auf der Suche nach einem Ausweg panisch umher. Als die Frau die Hände nach mir ausstreckt, will ich danach beißen, aber sie zieht ihre Hand schnell wieder zurück.

„Ist schon gut. Ich will dir nicht weh tun." Ihre Stimme klingt jetzt unglaublich ruhig und ich kann nichts dagegen machen, ich glaube ihr. Als sie mich berührt überkommt mich eine plötzliche Ruhe. Meine angespannten Muskeln entspannen mich und ich sinke erschöpft gegen die Frau. Obwohl sie so zierlich wirkt, scheint es sie nicht anzustrengen, als sie mich sanft hochnimmt. Schon bevor wir das Zimmer verlassen, schlafe ich ein.

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