17.Kapitel-Versprechen|2

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Einen Vorteil hat es doch, dass ich mich nicht mehr um Jayden kümmern muss. Denn jetzt habe ich die Zeit in Ruhe mit der Priesterin zu reden und das passende Schloss für Alessijas Schlüssel zu finden. Ich habe immer noch Angst vor meiner nächsten Begegnung mit ihr, vor allem, wenn sie rausfindet, dass ich den Schlüssel habe. Wahrscheinlich weiß sie es schon, wird aber davon abgehalten mich auf der Stelle umzubringen. Noch. Ein dumpfer Schmerz hinter meinem rechten Auge hindert mich daran, weiter über die Prinzessin und ihre Rachegedanken nachzudenken. Ich schnappe überrascht nach Luft, so plötzlich kommt er. Mit der Hand stütze ich mich an der kalten Wand ab und schließe die Augen. Langsam einatmen und langsam wieder aus. Und dann ist er wieder weg und lässt mich noch verwirrter zurück, als ich eh schon bin. Mein Herzschlag geht ein wenig zu schnell, aber sonst scheint alles in Ordnung zu sein. Was zum Teufel war das? Ich habe den Schmerz wiedererkannt, das weiß ich genau. Er war derselbe, wie an dem Tag am Bach, nur eben sehr viel erträglicher. Langsam verliere ich wirklich den Überblick über all das was in letzter Zeit passiert. Und das trotz meines Notizbuches.

Ich habe beschlossen in Alessijas Räumen mit der Suche zu beginnen. Zwar ist es unwahrscheinlich, aber ich habe dennoch die Hoffnung unter all dem Gerümpel noch etwas Hilfreiches zu finden. Doch als ich die Türe öffnen will, höre ich Stimmen. Sie kommen aus dem Raum. Meine Hand verharrt schwebend über dem Türknauf, vor Aufregung zittert sie ein wenig. Ich erkenne die Stimmen. Es sind Marcel und Luna, die in Alessijas Zimmern über etwas diskutieren. Über Alessija selbst diskutieren. „Bist du dir sicher?" Lunas Stimme ist dünn und ich merke sofort, dass sie sich nicht wohl fühlt. „Ja, natürlich bin ich das. Und jetzt sei leise und such einfach weiter." Weiß er überhaupt, wie laut er spricht? Es gefällt mir nicht, wie er mit Luna redet, aber wenn ich darüber nachdenke fällt mir auch kein Grund ein, warum ich sie verteidigen sollte. Sie verheimlicht etwas, genau wie ihr Bruder. Jetzt ist es still. Es gefällt mir auch nicht, wie sie ihm gehorcht. Als wäre sie ein Nichts. Nur für ihn geboren. Natürlich weiß ich, wonach sie suchen. Der Schlüssel liegt gewichtig in meiner Tasche und ich schließe automatisch die Hand um ihn. „Sieh dir das mal an." Marcels Stimme ist so laut wie eh und je. Dumm für ihn, praktisch für mich. „Ist das...?" „Was sonst?" Mit einem Knall wird eine Türe zugeworfen. Nein, eine Schublade. Ich weiß, wie diese Schublade klingt. Irgendwie rostig. „Komm." Er kommandiert sie schon wieder herum. Trotz Alessijas grusligem Ausraster neulich, tut sie mir leid. Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich erst merke, was Marcel da eigentlich gerade gesagt hat, als es schon zu spät ist.

Die Türe geht auf und ich springe völlig überfordert mit der Situation zurück und tue so, als wäre ich gerade zufällig an der Tür vorbei gegangen. Marcel mustert mich mit zusammengekniffenen Augen von oben nach unten. Er durchschaut mich, was angesichts meiner Performance nicht gerade schwierig sein sollte. Luna steht hinter ihm, ihr Gesicht wird noch bleicher als sonst, als sie mich sieht. „Was machst du hier?" Marcels Stimme ist entgegen meinen Erwartungen unglaublich sanft. Seiden. Giftig. Tödlich. Ich beschließe gar nicht erst zu lügen, das würde alles nur schlimmer machen. „Ich wollte in Alessijas Räume." Ein Schatten huscht über sein Gesicht, Luna schüttelt beinahe panisch den Kopf. Sie hat ihm also nichts von unserem kleinen Zusammentreffen letztens erzählt. Vermutlich war das schlau von ihr. Marcel tritt vor und sieht auf mich herab. Ich kann seinen Atem riechen, er riecht nach Minze, aber dennoch weiche ich nicht zurück. „Luna, geh du schon mal vor. Erzähle der Priesterin nur das Nötigste." Während er spricht, weicht sein Blick keine Sekunde von meinem Gesicht. Luna läuft wie auf Knopfdruck los. „Hör auf sie zu behandeln, als wäre sie deine Dienerin." Keine Regung. „Sie ist nicht meine Dienerin. Sie ist meine Schwester, ich würde alles für sie tun. Und sie auch für mich. Wir stehen lediglich auf der gleichen Seite. Ich sage ihr nur, was unser nächster Schritt ist." „Wohin?" Fragend heben sich seine Augenbrauen. „Euer nächster Schritt wohin? Was wollt ihr?" Keine Antwort.

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