25. Ein Arschloch kommt selten allein

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Der nächste Morgen kam schneller als gedacht. Auch im MACUSA war schon eine große Unruhe verbreitet, dabei war es noch so unglaublich früh. Bereits beim betreten der Auroren-Etage konnte man den Braten förmlich riechen. Es war still. Zu still. Sonst war hier immer reger Betrieb, diesmal hätte man eine Eule pupsen hören können, nicht das ich das je hätte , geschweige denn wollte. Vorsichtig lief ich weiter. Aha, da war der Grund für diese unheimliche Stille. Die meisten Auroren hatten sich im zweiten Gang versammelt, nur um sehen zu können, wie jemand öffentlich zur Schnecke gemacht wurde. Wie sich herausstellte, war die betroffene Person Miss Goldstein. Das arme Mädchen. Sie bekam oft Ärger, nur weil sie auf ihr Herz hörte. Der Mann der sie jedoch zur Schnecke machte, war mir nicht unbekannt. Ich hatte bereits Gestern das Vergnügen gehabt ihn kennenzulernen. "Was soll das bitte heißen?? ICH SAGTE IHNEN DOCH SCHON AN DIE HUNDERT MALE DAS SIE ENDLICH IHR HIRN BENUTZEN SOLLEN!" Autsch, das nenn ich mal einen harten Umgangston. Die arme Goldstein vor ihm wurde immer kleiner. Wer weiß was nun wieder vorgefallen war. "Sir, ich..", setzte sie an, jedoch ließ Woodmaker ihr keine Zeit etwas zu sagen. "Nichts da Sir! Bei Merlin noch Mal, ich kann wirklich nicht nachvollziehen weswegen Graves Ihnen immer wieder aufs neue den Arsch rettet, jedoch nutzen Sie diese Chance ja nicht mal!" Wütend begann er, ihr weitere unfeine Dinge an den Kopf zu werfen. Ich wollte nicht wissen wie lange das schon ging. "Was ist denn hier bitte los?! Haben Sie alle nichts zu tun?" Eine eiskalte Stimme erfüllte den Gang. Augenblicklich wurde es still. Auch Woodmaker verstummte sofort. Jeder drehte den Kopf in die Richtung, aus welcher die Stimme kam. Graves, eher Gellert, kam mit eleganten Schritten auf uns zu. Es sah aus als würde er schweben. Sein Mantel fegte hinter ihm her, als wäre er Magie selbst. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie die anderen Umstehenden verschwanden. Goldstein wurde nun wirklich so blass wie die Wand hinter ihr. "S-Sir ich dachte.." Ein zynisches Schnauben unterbrach sie. "Genau Goldstein, Sie dachten." Woodmaker schien sie wahrlich zu hassen. "Direktor Graves, Goldstein hat sich mit diesem No-Maj angelegt. Die Frau die sich um diese merkwürdigen Kinder kümmert, obwohl es ihr klar verboten wurde."  Gellerts Augen huschten kurz über die fast weinende Tina. "Wir klären das später. Gehen Sie zurück an Ihren Platz. Die Berichte will ich keine Minute später bekommen, ist das klar?" Panisch nickte die Frau und verschwand so schnell sie nur konnte um die nächste Ecke. Ich wollte Gellert gerade fragen ob dies nicht netter ging, als mir jemand zuvor kam. "Was bitte soll das? Dieses Weib ist unfähig und bereitet nur Probleme. Trotzdem fasst du sie nur mit Samthandschuhen an!" Wow, er konnte echt nicht lockerlassen. Mich ignorierte er dabei komplett. War wohl besser so. "Komm runter. Goldstein ist nützlich, auch wenn du es nicht siehst. Gewiss ist sie nervig, aber das sind fast alle Menschen. Sie will einfach nur gefallen." Woodmaker schmeckte diese Antwort gar nicht. "Gefallen? Wenn sie jemandem gefallen will, sollte sie es ihrer Schwester gleich machen, die Klappe halten und brav Kuchen servieren. Eine Frau hat in diesem Job nichts zu suchen. Das einzige wofür Frauen gut sind, ist zum putzen und dem Mann zu gefallen. Wenn sie das nicht kann ist sie nutzlos und sollte entsorgt werden." Er sprach mit einer Ernsthaftigkeit, die mir Angst machte. "Ich habe sie im Auge. Keine Sorge. Pass du lieber auf das du deinen Job machst, sonst bist du bald nutzlos. Wie sagtest du eben noch? Nutzlose Dinge sollten entsorgt werden. Ich nehme mir Ratschläge meiner Schutzbefohlenen immer gern zu Herzen und versuche sie zu befolgen." Seine Stimme war so aalglatt, dass man hätte darauf ausrutschen können. Auch Woodmaker hatte verstanden, dass er seine Kompetenz weit überschritten hatte. Angst huschte für einen kurzen Moment über sein Gesicht, bis er seine Gefühle wieder unter Kontrolle hatte. Verlegen räusperte er sich. "Verzeihung Sir. So war das nicht gemeint." Mit einer angedeuteten Verbeugung verschwand er. Was ein Arschloch. "Was war das denn bitte? Redet er immer so mit den Auroren, oder nur mit den weiblichen? Ist ja eigentlich auch egal. Es ist beides schlimm!" Gellert, der bis eben noch in die Richtung sah in welche der junge Mann verschwunden ist, drehte langsam seinen Kopf zu mir. "Und wenn schon? Was geht mich das an. Es sind nicht meine Leute. Davon abgesehen hat sie sich den Job doch freiwillig ausgesucht, oder etwa nicht? Wer sich nicht an Regeln halten kann, muss nun mal mit Konsequenzen rechnen. So sieht es auch das Gesetz vor, an welchem du so unermüdlich festhältst." Schmollend stellte ich fest, dass er recht hatte. Wer sich nicht an Regeln hielt, musste sich nicht über Folgen wundern. Dennoch hätte man etwas netter sein können. "Woodmaker ist ein Arsch. Er behandelt jeden abfällig. Du solltest mit ihm reden." Genervt drehte Gellert sich komplett zu mir. "Seid wann musst du mir erklären wie ich meinen Job zu machen habe? Seine sozialen Kompetenzen sind mir egal, solange er Leistungen bringt und genau das tut er. Demnach gibt es für mich keinen Grund, ihn zu maßregeln. Wenn du so scharf drauf bist den Lehrer heraushängen zu lassen, mach es doch selbst. Viel Glück dabei." Entsetzt blieb mir der Mund offen stehen. Was hatte dem denn in den Kaffee gespuckt? Er war doch nicht etwa noch immer wegen gestern angefressen, oder? So lange konnte nicht mal er schmollen. Vielleicht gab es auch nur wieder eine unangenehme Unterhaltung mit der Präsidentin. Wo man vom Teufel sprach. Keine 15min später kam diese zu meinem Schreibtisch. Sie wirkte schlecht gelaunt, so wollte ich ihr eigentlich nie begegnen müssen. "Madame Präsident, wie kann ich helfen? Geht es um die Akten?" Abwertend blickte sie auf die vergilbten Zettel. "Nein, darum geht es nicht. Travers ist hier. Er will sich mit Ihnen unterhalten. Da Sie ja nicht mehr in Großbritannien sind, muss er hier her kommen und uns nerven. Also kommen Sie bitte." Verwirrt erhob ich mich. Travers, dass konnte nichts gutes bedeuten. Der Mann hasste mich, wie so viele andere, aber bei ihm stand ich wohl auf Platz eins. Er hasste mich noch mehr als Gellert und das sollte was heißen. Dabei habe ich ihm ja nie was getan. Schweigend folgte ich der Präsidentin in eine große Halle. Dort schien Travers bereits zu warten. Er war alleine. Keiner seiner Hunde war zu sehen, was hieß er wollte mit mir unter vier Augen reden. Heute war wirklich mein bester Tag. Sobald er mich sah, bedankte er sich bei der Präsidentin und wartete bis sie die Halle verließ. Das ich mich nicht in geringster Weise wohl fühlte, zeigte ich ihm nicht. Diesen Triumpf wollte ich ihm nicht geben. "Sie haben sich ja schnell erholt. Da sagt noch mal einer Askaban sei zu grausam. Sehe ich da ein paar Speckfalten? Sie lassen sich ja ganz schön gehen." Der Spott war nicht zu überhören. Arsch. Gequält setzte ich ein falsches Lächeln auf, bevor ich auf dem Stuhl vor ihm platz nahm. "Was kann ich für Sie tun? So weit ich weiß habe ich dem MoM gegenüber keine Verpflichtungen mehr." Kaum hatte ich den Satz beendet, schlich sich ein böses Grinsen auf seine Lippen. "Wir mussten Sie gehen lassen, ja. Aber das heißt nicht das wir keine Fragen stellen dürfen. Bitte, trinken Sie doch." Mit seinem Kopf nickte er dem Glas vor meiner Nase zu. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei. "Ich fürchte ich muss dankend ablehnen. Ich hatte gerade eben erst einen Tee. Earl Gray, köstliche Sorte. Kennen Sie sicher?" Schlagartig verengten sich seine Augen. Was waren die Leute in letzter Zeit nur immer so schlecht gelaunt? "Das war keine Bitte. Trinken Sie Dumbledore." Ich hatte also recht. In dem Glas befand sich nicht nur Wasser. Eine böse Vorahnung überkam mich. Zögerlich roch ich an dem Glas, bevor ich einen Schluck davon nahm. Es schmeckte ganz normal, roch auch nach nichts. Wollte Travers einfach nur seine Macht demonstrieren? Kaum hatte ich den Schluck genommen, lehnte Travers sich ein Stück über den Tisch. Seine Augen funkelten dabei gefährlich. "Gut, dann unterhalten wir uns mal ohne Halbwahrheiten und Lügen. Ab jetzt gibt es nur die absolute Wahrheit. Nicht mehr und nicht weniger." Mir wurde schlecht. "Kommen wir zu Frage eins. Nehmen wir für den Anfang was leichtes. Arbeiten Sie gegen das Ministerium?" Was für eine dumme Frage, jedoch spiegelte diese sein IQ wieder. In meinem Kopf begann es zu rattern. Ich wollte eigentlich einen sarkastischen Spruch drücken, jedoch viel mir kein einziger ein. Nur ein Wort. Meine Zunge begann zu schmerzen, mein Mund schmeckte plötzlich nach Blut und es fühlte sich an, als wolle mein Mund ohne meine Erlaubnis zu sprechen beginnen. Je länger ich dagegen ankämpfte, je stärker wurde der Schmerz und der Geschmack. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und das Wort rutschte mir von den Lippen. "Nein." Entsetzt legte ich meine Hand vor den Mund. Ich hatte eine böse Ahnung. Travers schien mit meiner Antwort zwar nicht zufrieden zu sein, jedoch vergnügte ihn mein entsetzen köstlich. "Oh, ich bin sicher Sie haben schon davon gehört. Es nennt sich Veritas-Serum. Diese kleine Mittelchen wird seid neustem genutzt um Geständnisse zu entlocken. Der der es nimmt, wird für einige Zeit lang nur die Wahrheit sprechen können. Ob er will oder nicht." Jetzt war mir wirklich übel. Niemand war da, weswegen keiner darauf achten konnte, dass Travers fair blieb. Wobei es den anderen auch so egal gewesen wäre. Travers hatte mich in der Hand und damit auch Gellert. "Kommen wir also zur nächsten Frage. Am besten wir machen es etwas interessanter. Was fühlen Sie für Grindelwald?" Ein Schauer durchfuhr mich. Wie befürchtet fragte er alles was mir schaden könnte und mich demütigte. "Ich..", stammelte ich. Der Schmerz war beinah unerträglich. "Ich liebe ihn", flüsterte ich. Meine Wangen wurden rot vor Scham und ich wollte einfach nur noch verschwinden. Angeekelt verzog der Mann vor mir den Mund. Schwule waren im Auge der Gesellschaft weniger Wert als Vieh. Sie waren krank und gehörten weggesperrt. Viele fanden in ihrer Verzweiflung nur noch einen Ausweg. Den Tod. Die Methoden zur so genannten Heilung waren unmenschlich, teilweise sogar tödlich.  "Schwuchtel also. Was war auch zu erwarten. Wie ist er denn so? Ich nehme an das ging schon damals so? Erzählen Sie schon." Es war ihm anzusehen, dass er diese Situation mehr genoss, als es gesund war. Dies war also auch eine Art um Rache zu nehmen. "Er ist... er.. " Angestrengt ballte ich meine Hand zur Faust. Ich wollte es nicht sagen. Aber ich musste, mein eigener Körper gehorchte mir nicht mehr. "Er ist sanft, manchmal zumindest. Gellert ist keine schlechte Person. Er ist ein Mensch mit Gefühlen. " Tränen stiegen mir in die Augen. Das war ein Albtraum. "Können Sie deswegen nicht gegen ihn kämpfen? Weil Ihr großes Herz noch immer dem bösen Ritter gehört?" Lachend nahm er einen Schluck von seinem Getränk. Dieser Mistkerl. "Sie haben nehme ich an miteinander geschlafen?" Dieser Mann widerte mich an. Die Art und Weise wie er sich an Leid anderer Leute ergötzte war einfach nur zum Kotzen. "Haben wir", flüsterte ich. "Damals und später auch. Drei Mal." Enttäuscht schüttelte er den Kopf, als würde er ein kleines Kind belehren. "Also wirklich. Nicht nur ein Mal sondern gleich drei Male? Sie wissen wirklich nicht wann genug ist, huh? Wo wir schon mal dabei sind. Folgen Sie ihm? Immerhin lieben Sie ihn doch." Wütend blickte ich ihm entgegen. Was hatte das bitte damit zu tun?! "Nein. Ich.. ich weiß es nicht. Ich arbeite nicht für ihn und erledige keine seiner Arbeiten. Ich weiß ja nicht mal was er plant." Im Augenwinkel sah ich, dass er sein Glas fester umschloss. "LÜGNER!" Erschrocken fuhr ich zusammen. "Ich? Ein Lügner? Aber wie soll das möglich sein? Sie sagten doch selbst das es unmöglich sei unter Einfluss des Trankes zu Lügen. Ich kann nur die Wahrheit sprechen. Nicht mehr und nicht weniger. Ihre Worte, Sir." Meine Antwort schmeckte ihm in etwa so gut wie mir seine Fragen. Einen kleinen Zug von Triumpf konnte ich mir nicht verkneifen. Das ich die Wahrheit sagen musste hieß nicht, dass ich vor ihm kuschen würde. "Sie mieser, kleiner..." Seine nicht ganz so freundliche Antwort wurde von einem lauten Knall unterbrochen. Irritiert drehte er sich um. "Ich sagte doch ich will nicht gestört werden!" Erst zu spät sah er, wen er dort anschrie. "Es interessiert mich einen feuchten Dreck, Travers. Was Sie wollen kann schließlich nur Müll sein." Es war Gellert. Seine Mimik war unerbittlich und Bemühungen seine Wut zu verstecken machte er auch nicht. "Wie kann es sein, dass ich per Zufall darüber informiert werde, dass Dumbledore befragt wird!" Genauso geladen erhob Travers sich. Mit dem Unterschied das er einen halben Kopf kleiner war als Mr. Graves. "Ist ja wohl mein gutes Recht. Er ist Englischer Staatsbürger!" In Travers Haut wollte ich nicht stecken, wenn Gellert so dermaßen wütend war. Das war er äußerst selten. "Oh nein mein Lieber. Ich habe für ihn gebürgt, weswegen ich IMMER informiert werden muss und auch dabei sein muss, wenn etwas mit ihm ist. Man macht sich sogar Strafbar wenn dies missachtet wird." Kurzerhand schob er sich an dem anderen Mann vorbei, packte meine Hand und zog mich an sich. Zischend stoß ich gegen seine Brust. Sein Griff war verdammt fest! "Ich überlege noch ob ich es melde oder nicht." Ruckartig und alles andere als sanft zog er mich hinter sich her. "Wir gehen. Und wehe Sie lassen sich hier noch mal ohne Termin blicken. Dann sei Ihnen Merlin gnädig!!" Damit schlug die Tür hinter uns zu. Wenige Minuten später fand ich mich auf dem Sofa in Mr. Graves Büro wieder. Gellert schimpfte schon die ganze Zeit aufgebracht wie ein Rohrspatz und hatte die anderen britischen Auroren hochkant rausgeworfen. Auch die Auroren des MACUSA hatten einen Bogen um ihn gemacht, als er mit finsterer Miene an ihnen vorbei stiefelte. Mich im Schlepptau. "Was fällt diesem Rindvieh bitte ein ?!" Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Gellert bitte beruhige dich." Ganz falscher Satz. "Beruhigen?! WAS WENN ER DICH GEFRAGT HÄTTE OB DU WEIßT WO ICH BIN!" Da hatte er wohl recht. "Hat er aber nicht. Dank dir. Du bist rechtzeitig gekommen." Aufgebracht setzte er sich auf den Schreibtischstuhl. "Du musst besser aufpassen. Geh nach Hause, nicht das dich noch jemand etwas fragt. So wie ich das Zeug kenne, wirst du noch bis heute Abend brav die Wahrheit sagen. Da freut sich der Weihnachtsmann sicher." "Du kennst den Weihnachtsmann?" "Ach halt doch die Klappe!" Schnell kritzelte er etwas auf einen Zettel. "Hier. Deine Krankmeldung. Ich komme heute Abend wahrscheinlich vorbei um genaueres mit dir zu besprechen. Jetzt geh."

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