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~ Der verhängnisvolle Sommer ~

Ein angenehmer Wind wehte mir um die Ohren. Es war etwas frisch, aber das störte mich nicht. Fasziniert nahm ich die Landschaft in mich auf. Die Luft war salzig und roch nach Fisch. Meine Schuhe standen auf weichem Boden. Es war Sand, bedeckt mit etwas Gras. Eine Düne. Die warmen Strahlen der Sonne kribbelten auf meiner Haut. Das Rauschen des Meeres verschmolz mit dem Wind. Die Szenerie war wunderschön und gab ein Gefühl von Ruhe. Neben mir bemerkte ich, wie sich etwas bewegte. In der ganzen Faszination habe ich vergessen, dass ich nicht alleine an diesem Ort kam. Ein wunderschöner junger Mann stand neben mir. Er war stattlich gebaut, seine Haltung elegant und sein Ausdruck etwas arrogant. Auch sein goldenes, engelsgleiches Haar spielte mit dem Wind. Er schien meinen Blick zu bemerken, denn seine Aufmerksamkeit lag auf mir. Ungleiche Augen trafen auf meine. Sie schienen durch mich durchsehen zu können.

„Wir sollten runter gehen", sprach er und machte sich auf den Weg ohne auf eine Antwort zu warten. Schmunzelnd folgte ich ihm. Wer hätte gedacht, dass ich mit meinem neuen Nachbarn mal an den Strand gehe. Gellert und ich haben uns schon öfter getroffen, seit einiger Zeit sogar täglich. Manchmal, wenn wir beide etwas haben das uns nicht schlafen lässt, treffen wir uns auch nachts. Unserer Zimmerfenster sind direkt gegenüber, was einen Austausch nicht erschwert. So geborgen wie bei ihm habe ich mich bei noch keinem gefühlt. Er war anders, schlau und einfach alles was ich je wollte. Er war wie ich und manchmal besser, als auch schlechter.
Je näher wir dem Wasser kamen, desto mehr schien sich mein Körper zu entspannen und leichter zu werden.

Sobald wir einen geeigneten Platz gefunden hatten, ließen wir uns in dem warmen Sand nieder. Der Himmel war frei von Wolken und schien förmlich zu strahlen. Ein wirklich wunderschönes Wetter. „Warum hast du mich hier her gebracht?" fragte ich an den Jungen neben mich gewandt. Gellerts Blick lag auf dem Wasser, welches glitzerte, als hätte es tausend Diamanten darin. „Ist Mal was neues. Eine andere Umgebung soll beim Denken helfen, hab ich gehört." Das machte Sinn. An verschiedenen Orten konnte man Dinge mit unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. „Außerdem..." Seine Stimme wurde leiser. „Außerdem sollte ich schon immer mal ans Meer." Überrascht huschte mein Blick zu ihm. Für mich war das Meer nichts besonderes mehr, immerhin war es in meiner Nähe. Da Gellert von guten Eltern kam dachte ich, er wäre regelmäßig an solchen Orten gewesen.

Nachdenklich ließ auch ich meinen Blick über das Meer schweifen. Ich habe die Welt gehasst. Die Ungerechtigkeiten, die Schikanen und die Dummheit derer, welche auf ihr hausen. Wenn ich mir nun aber das Wasser ansah, so musste ich zugeben, dass es auch schöne Orte gab, welche die Welt doch wieder wunderschön machten. „Was siehst du, Albus?" Das Gefühl ungleicher Augen auf meinem Körper machte sich bemerkbar. Was ich sah? Eine gute Frage. „Harmonie. Ich sehe Harmonie und Frieden. Eine Welt die wunderschön und doch frei ist, mit ihren eigenen Regeln mit jenen sich jeder wohl fühlt." Ich sprach ohne zu wissen was ich redete. Die Worte kamen einfach aus meinem Mund. Daraufhin herrschte Schweigen. Es war kein unangenehmes Schweigen sondern eines, dass erholsam wirkte. Wir verstanden uns auch ohne Worte.

„Eines Tages wird jeder in der Lage sein, die Welt so zu sehen wie du sie gerade siehst. Das ist mein Ziel. Eine Welt die wunderschön ist, im welcher man sich wohlfühlen kann ohne sich verstecken zu müssen. Eine Welt aus Freiheit und Harmonie. Das ist alles was ich möchte." Mein Herz füllte sich mit Wärme. Diese Worte waren bezaubernd. Sie kamen vom Herzen und waren voller Aufrichtigkeit. „Das wünsche ich mir auch. Ich wünsche mir, dass es eine Welt sein wird, in jener jeder eine faire Chance bekommt und akzeptiert wird. In welcher es Freiheit und Individualität gibt, welche aus Harmonie dennoch zusammen spielt und ein Bild wie dieses ergibt. Eine Welt aus Frieden." Während ich diese Worte sprach, neigte sich die Sonne langsam zur Neige. Gellert hatte zuvor die Gedanken ausgesprochen, die ich nicht in Worte fassen konnte.

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