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Das „Wohnzimmer" war ausgesprochen hübsch. Etwas anderes war wohl auch nicht zu erwarten. „Mr. Dumbledore, richtig? Darf ich fragen was mir die...Ehre verschafft, Sie in meinem Hause begrüßen zu dürfen?" Obwohl seine Augen dunkel waren, brannten sie einem wie Eis auf der Seele. Es war unangenehm und verhinderte, ihm direkt in die Augen zu sehen. Nicht das ich das vorgehabt habe. So schön das Anwesen auch war, umso mehr war ich auf Alarmbereitschaft gestellt. „Ich sagte doch bereits, dass Albus meine Begleitung ist." Diese Bemerkung wurde eiskalt übergangen. Ich wusste aus Erfahrung, dass Gellert sowas überhaupt nicht ausstehen konnte. Genauso wenig wie ich Lügen mochte. „Ich denke deine Begleitung ist bereits alt genug um mir selbstständig zu antworten, oder irre ich? Sollte ich mich diesbezüglich getäuscht haben, so tut es mir aufrichtig leid."

Das Amusement schwang zum Ende hin deutlich in seiner Stimme mit. Sein Gesichtsausdruck änderte sich dabei jedoch nie. „Ich bin gekommen um etwas zu bestätigen, Sir." Kurz huschte mein Blick zu seinen Augen. Ein kalter Schauer kroch über meinen Rücken, als ich etwas in ihnen aufblitzen sah, sobald ich diese Worte gesprochen hatte. „Ist das so? Dann hoffe ich das Sie fündig werden." Gelangweilt widmete er sich seinem Glas Wein. „Warum wolltest du unbedingt das ich komme? Es ist nicht so, dass ich großartig um diese Frau trauern würde, geschweige denn das du meinen Beistand brauchst." Für den Bruchteil einer Sekunde, zogen sich die Mundwinkel von Gellerts älteren Abbild nach oben. Das geschah so schnell, dass es durch das Licht auch nur so gewirkt haben kann.

„Mach dich nicht lächerlicher als du bist." Kein Wunder das Gellert nur sprechen wollte, wenn es wirklich notwendig war. Würde ich solche Antworten bekommen, dann wären Konversationen das Schlimmste für mich. „Ich habe meine Gründe. Die Beerdigung war so oder so schon. Ich beneide sie tatsächlich etwas, denn sie muss nun nicht mehr deine Scheiße ausbügeln." Ein leises Kratzen war zu hören. Unmerklich ließ ich meinen Blick zu meiner Rechten wandern. Das Glas auf dem Tisch vor uns, welches für Gellert bestimmt war, zierte einen kleinen Riss. „Dann sollte ich mich wohl glücklich schätzen. Einer weniger der mein Gewissen plagt." Wenn Blicke töten könnten, dann wären diese Worte wohl ein zusätzlicher Unverzeihlicher. Die Luft war zum zerreißen dünn. „Nein bist du heute wieder witzig unterwegs. Die Zeit im Ausland tut dir scheinbar gut."

Verächtlich schnaubend lehnte mein Partner sich zurück. „Nicht wahr? Mein Sinn für Humor scheint sich noch mehr gebessert zu haben. Vielleicht sollte ich anfangen als Humorberater zu arbeiten. Ich könnte..." „Ich habe gesagt es reicht." Augenblicklich verstummte er. „Was hältst du davon, wenn die Elfen deinem Gast sein Zimmer zeigen? Er ist sicher müde von der Reise." Das war offensichtlich ein Wink mit dem Zaunpfahl. Ich war störend, nur versuchte er es jetzt nicht mehr zu verstecken. „Gute Idee. Albus, ich komme gleiche nach. Bitte ruh dich derweil etwas aus." Die Elfen welche brav vor der Tür gewartet haben, deuteten bereits an, dass ich mich erheben sollte. Was blieb mir noch anderes übrig als zu gehorchen? Manche Dinge mussten in der Familie geklärt werden. Da hatten Außenseiter nichts dabei zu suchen.

Ich verabschiedete mich also höflich und folgte den Elfen durch das Anwesen zu einem der Gästezimmer. An jedem Fleckchen dieses Gebäudes spürte man die Magie uralter Zauber. Hier unbemerkt umherzulaufen war unmöglich. Jeder Schritt wurde überwacht, da war ich sicher. Das hieß leider, dass mein Plan A gescheitert war.
Müde ließ ich mich auf dem federweichen Bett nieder. Ob Gellerts Zimmer wohl genauso ausgesehen hat? Es war hübsch, wirklich. Das Zimmer war modern gehalten jedoch irgendwie befremdlich. Man konnte sich nicht wirklich ˋzu Hause ' fühlen. Ein Kind sollte ein freundlicheres Zimmer haben.

***

Kurz nachdem es dämmerte, holte eine der Elfen mich ab und führte mich erneut durch das Haus. Erst jetzt bemerkte ich, dass keine Gemälde die Wände schmückten. Auch sonst gab es nichts, dass diesem Haus etwas Leben einhauchte.

„Ich habe dir gesagt warum ich mich so entschieden habe. Es ist mir egal, was du daraus machst."
„Natürlich ist es dir egal. Denkst du er ist so blöd und merkt es nicht?! Wenn Albus das herausfindet..."
„Albus hier, Albus da. Gibt es noch ein anderes Thema in deinem Spatzenhirn? Mir ist egal was dieser Abschaum denkt. Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle verbrannt und dich gleich mit. Das du es überhaupt wagst, solchen Unrat in mein Haus zu schleppen!"

Die Schritte des Elfen verstummten. Das waren definitiv Gellert und sein Vater. „Bitte warten Sie hier." Damit verschwand der Elf mit einem leisen ˋ Plopp '. Kurz darauf ertönte ein schrilles Zischen. Meine Hand schoss zu der Stelle, an welcher ich meinen Stab versteckt hielt. Dieses Geräusch war eindeutig. So klang ein Fluch. Ich war gerade dabei in den Raum zu stürzen, aus welchem das Geräusch kam, als die Tür mit einem ohrenbetäubenden Knall geöffnet wurde. Herausgestürmt kam Gellert. Seine Augen sprühten nur so vor Hass und auch die Aura die ihm umgab war mörderisch. Sein Gesicht war rot vor Zorn. Er wollte gerade an mir vorbei rauschen, da änderte sich sein Gesichtsausdruck. Der Hass wich und machte Platz für Sanftheit. „Was machst du denn hier?" Erst jetzt hatte er mich bemerkt.

Es war einer dieser seltenen Momente, in welchen er keine Maske trug um seine Emotionen und Gedanken zu verstecken. Die Besorgnis stand ihm auf die Stirn geschrieben. „Ich wurde von einer Elfe hier her gebracht. Ich wusste nicht das...Merlin, du blutest!" Die Röte in seinem Gesicht kam nicht nur von seiner Wut. Seine rechte Wange war von einem tiefen Schnitt gezeichnet, aus welchem das Blut nur so tropfte und schließlich über sein Kinn nach unten auf sein Hemd lief. Erst jetzt schien er die Wunde zu bemerken. „Ach das, ist halb so wild. Mach dir keine Gedanken deswegen." „Keine Gedanken? Wie soll ich mir bitte keine Gedanken machen. Du bist verletzt." Behutsam legte er einen Finger auf meine Lippen. „Nicht hier. Lass uns auf dein Zimmer gehen."

Gesagt getan. Keine fünf Minuten später saßen wir beide auf dem Riesen Bett. So vorsichtig wie nur möglich strich ich über den Schnitt, welcher sich daraufhin allmählich schloss. Die Verletzung war tiefer als gedacht. „Kannst du mir bitte sagen wie das passiert ist?" Konzentriert wischte ich noch das restliche Blut von seiner Wange, bevor ich mich seiner Kleidung widmete. „Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit. Das ist nichts besonderes." „Eine Meinungsverschiedenheit? Daher hetzt er dir einen Fluch auf den Hals? Seinem Sohn??" Fassungslosigkeit machte sich in mir breit. Hielt er mich ernsthaft für so blöd? „Es war eine Warnung. Er sollte mich daran erinnern, dass er mich auch jeden Moment auf diese Weise zum schweigen bringen konnte." Das Zittern in seiner Stimme hätten andere gewiss nicht bemerkt, aber ich kannte ihn zu gut.

Sein Vater könnte ihn zum schweigen bringen. Das war auch eine Möglichkeit die Situation zu beschreiben. Was Gellert eigentlich meinte war, dass der nächste Schnitt auch seinen Hals treffen könnte. Seinen Hals, um seinen Kopf von seine, Körper zu entfernen. Es war eine unausgesprochene Morddrohung.
Ohne großartig über mein Handeln nachzudenken, nahm ich ihn in den Arm. „Ich weiß nicht weswegen oder worüber ihr gestritten habt, es geht mich auch nichts an aber.. bitte sei vorsichtiger." Alexis Grindelwald... oder besser ˋ AG  war jemand den man nicht unterschätzen sollte. Ein Mann mit Macht ist respektable, ein Mann mit Macht der keinerlei Gefühle hatte, war ein Monster. Das war der Unterschied.

„Albus, ich bin nicht hier her gekommen um mich mit ihm zu versöhnen oder zu trauern. Ich bin hier um etwas wichtiges zu erledigen, etwas, das ich schon längst hätte tun sollen. Bitte verwechsle das nicht." Da war er wieder, der Gellert der seine Gefühle versteckte. „Nein, werde ich nicht." Zur Belohnung spürte ich sogleich seine sanften Lippen auf meiner Wange. „Danke für's verarzten." Schmunzelnd drehte ich meinen Kopf zu ihm. „Gerne. Die Rechnung lasse ich dir noch zukommen." Ein kräftiger Ruck durchfuhr mich und im nächsten Moment fand ich mich auf einem Schoß wieder, umschlungen von zwei kräftigen Armen. „Wie gut das du nie frech werden würdest." Und schon lagen seine Lippen auf meinen. Das bekannte, warme Gefühl machte sich wieder in mir breit. Wie konnte ich all die Jahre nur ohne das leben ?

„Du wirst wieder Mist bauen, oder?"
„Ist das jetzt ein Kompliment oder eine Beleidigung?"
„Gellert..."
„Fein. Ich hab vielleicht an sowas in der Art gedacht. Natürlich nur wenn es nicht anders geht."

Das war ja wieder typisch. „Du willst dir das Erbe holen, richtig? Du bist hier um den Titel, den Einfluss und das Geld zu bekommen." Bingo. Das hat den Nagel auf den Kopf getroffen. „Wie gesagt: Ich bin nicht hier um mich mit ihm auszusprechen." Damit war das Thema für ihn beendet. „Noch etwas: Bitte hör nicht auf das was die Elfen sagen. Auch die Bemerkungen meines Vaters sind nichts Wert. Alles was dieser Abschaum von sich gibt sind Lügen." Machte er sich gerade Sorgen um mich? „Ich hatte nicht vor es mir zu Herzen zu nehmen."

Für den Moment schien alles ganz ruhig zu sein, doch mein Gefühl sagte mir, dass dies nicht so bleiben würde.

When History Is Rewritten.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt