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Vier weitere Monate sind seit der Nachricht vergangen. Inzwischen war es unmöglich den Bauch zu verstecken. Aus diesen Gründen habe ich mich auf unbestimmte Zeit krank gemeldet und Hogwarts verlassen. Würde mich jemand in diesem Zustand sehen, würden Fragen aufkommen. Ein Mann der schwanger war, sowas gab es nicht und sollte es auch nicht geben. Die Gesellschaft würde damit nicht klar kommen.
Da mich aus diesen Gründen auch sonst keiner sehen durfte, habe ich mich in unser altes Familienhaus zurückgezogen. Das Haus war stickig und beinahe einsturzgefährdet. Hierzu sein fühlte sich merkwürdig an, fremd und unangenehm. Viele Erinnerungen waren hiermit verbunden.

Jedenfalls hauste ich jetzt schon beinahe einen Monat hier. Notgedrungen habe ich das Haus etwas gereinigt und dies und das repariert. Neben Stuart und dem Heiler, besuchte mich nur noch eine Person. Sie war auch etwas in die Jahre gekommen, jedoch noch genauso gutherzig wie ich sie in Erinnerung hielt: Meine Nachbarin, Bathilda Bagshot und damit Gellerts Tante. Sie sah nicht mehr gut, weswegen sie auch der Bauch nicht großartig störte. Ich glaube, sie wäre eine der wenigen Menschen, die auch mit voller Durchsicht kein Problem damit gehabt hätte. Sie war es immerhin, die hinter Gellerts und meiner Beziehung stand, als wir noch jung und dumm waren. Ein Lächeln huschte mir über die Lippen. Das waren noch Zeiten. Alles schien perfekt und einwandfrei.

Träge wurf ich mir meinen viel zu großen Umhang über. Spazieren zu gehen wurde in letzter Zeit zu einem meiner wenigen Hobbys. Wer hätte gedacht, dass es so erholsam sein könnte? Nun, eine große Wahl hatte ich eh nicht, da mir das apparieren verboten wurde. Ziemlich lästig, wenn man zuvor nichts anderes getan hat.
In wenigen Schritten hatte ich den verfallenen Garten verlassen. Von Außen würde keiner mehr ahnen, dass in diesem Haus noch jemand hausierte. Geplant war es von mir jedenfalls nicht, daher bin ich genauso überrascht.
Beinahe eine halbe Stunde später hatte ich mein Zeil erreicht. Ich war am Meer. Der einzige Ort an dem ich mich entspannen konnte und meine Sorgen verflogen.

So viele Dinge werden sich von nun an ändern. Ich weiß, dass ich ohne zu zögern zugestimmt habe, dass Kind zu behalten. Diese Entscheidung würde ich immer wieder treffen, nur was kommt nach der Geburt? Ich musste ein Haus finden, irgendwo außerhalb, wo mich keiner kannte und sich niemand für das Leben eines anderen interessierte. Das nächste Problem wäre dann, dass ich das Kind mit auf Arbeit nehmen müsste. Bereits jetzt grübelte ich an einer plausiblen Erklärung für Minerva. So schnell würde sie nicht locker lassen. Diese Frau war ein wahrer Löwe. Meine Zukunft wäre gewiss anstrengend, das war außer Frage.
Lächelnd legte ich eine Hand auf meinen Bauch. Jedoch hatte ich endlich eine wahre Aufgabe, um die ich mich kümmern konnte. Eine Aufgabe, die mich die Liebe meines Lebens immer bei mir haben ließ. Ein wahrlich unbezahlbares Geschenk. Egal wie und was kommt, ich würde das Kind mit allem beschützen was mir zur Verfügung steht, auch wenn ich bestimmt nicht die beste Mutter bin.

Nach einiger Zeit des auf- und abgehen am Strand, wurde es mir dann doch etwas zu frisch und ich begann zurück zu laufen. Meine Füße schmerzten. All zu lange würde es bis zur Geburt nicht mehr dauern. Morgana war ich froh, mich eines Tages wieder normal bewegen zu können, vom Essen mal abgesehen.
Ich schlug gerade den Trampelpfad welcher vom Markt kam ein, als eine Stimme alles in mir erfrieren ließ. „Tantchen, Ich sagte doch.." „Wie oft muss ich dir Bengel noch sagen, dass du mich nicht Tantchen nennen sollst. Baths oder Bathsy klingt doch viel schöner!" Jup, da war es wieder, mein heiß geliebtes Schicksal, das es liebte mir den Mittelfinger zu zeigen. Musste ausgerechnet DIESE Person hier sein?! Warum jetzt?? „Ganz sicher nicht. Das ist sowas von niveaulos."

So leise wie möglich drehte ich mich auf dem Absatz um, aber es war zu spät. „Albus?" Verdammt! Ich könnte einfach losrennen und so tun als hätte ich es nicht gehört... Ha, rennen. Klar, watscheln traf es wohl eher. Verflucht.
Geschlagen drehte ich mich um. Unbewusst zog ich den Umhang fester um mich. „Gellert, was ne Überraschung. Gut siehst du aus." Geez, an meinem Smalltalk musste ich echt arbeiten, das war ne Katastrophe. Das einzig Gute an dieser Situation war Gellerts überraschtes Gesicht. Zu doof das ich keine Kamera dabei hatte. Wäre definitiv unter die Top 10 der dümmsten Gesichter gekommen. „Albus~~" Das war die gute Bathilda. „Jungchen, warum kommst du nicht rein ? Mein süßer Gellert wollte eigentlich direkt wieder gehen, aber so können wir wenigstens gemeinsam Tee trinken, wie damals immer."

Gerade noch rechtzeitig konnte ich mein Lachen mit einem Husten kaschieren. „Mein süßer Gellert" war immer noch besser als „mein kleiner Gellert" oder „Gellertlein" beziehungsweise „GelGel". Die Namen dachte ich mir gerade leider nicht aus. So hat sie ihn damals wirklich genannt. Einer der Gründe warum Gellert nur ungern bei seiner Tante war.
Ergeben folgte ich ihr also in ihr Haus. Begeistert war ich nicht, immerhin war die Person die ich am meisten meiden wollte in eben jenem Raum. Kaum hatten wir uns niedergelassen, verschwand die Gute auch schon in der vermeintlichen Küche. „Das Haus war früher schon eine Bruchbude, aber jetzt? Das dieses Weib überhaupt noch Platz zum Atmen hat..." Tadelnd warf ich ihm einen Blick zu. „Sie ist alt und hat niemanden. Was erwartest du?" Der hat gesessen.

Zähneknirschend wich Gellert meinem Blick aus. „Ich komme ja hin und wieder, Einkäufe kann sie nicht erledigen und außerdem habe ich ihr eine Elfe angeboten, nur die will sie nicht." Verständlich, jemand der immer eigenständig war, würde sich durch eine Elfe nur bevormundet fühlen. „Was machst du eigentlich hier? Solltest du nicht in deinem geliebten Gruselkabinett sein?" Mit ˋ Gruselkabinett' meinte er Hogwarts. „Hab Urlaub. Ich soll eine Pflanze oder so finden." An Gellerts Gesicht war zu sehen, dass er kein Wort davon glaubte. Glücklicherweise kam genau in diesem Moment Bathilda zurück. „Albus mein Lieber, sehe ich richtig? Hast du deinen Umhang noch an? Möchtest du ihn nicht lieber ausziehen?" Ack, da war ja was. Automatisch versteifte ich mich etwas. „Nein, nein, schon gut. Der Umhang ist sehr bequem."

Zwei prüfende Augen lagen auf mir. „Albus, ich will dir nicht zu nahe treten, aber kann es sein das du zugenommen hast?" „Nein wie charmant. Ich sage das du gut aussiehst und du kommst mir mit ˋ du bist fett geworden '. Komplimente haben dir schon immer im Blut gelegen." Verlegen röteten sich seine Wange. „Sorry, so war das nicht gemeint. Ich dachte nur, weil dein Umhang so spannt..." Warnend funkelte ich ihn an, woraufhin er sofort verstummte. „Es ist wirklich kein schönes Thema, weißt du? Hab ich halt zugenommen, na und? Findest du mich jetzt hässlich oder was!?" Aufgebracht erhob ich mich. „Wenn ich dir plötzlich zu wieder bin, kann ich ja auch gehen!" Ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, schritt ich an dem Tisch vorbei und war daran zur Haustür zu gehen, als ein stechender Schmerz durch meinen Unterleib fuhr.

Mir wurde schwarz vor Augen. Das Frühstück von heute Morgen schien sich bemerkbar machen zu wollen und auch meine Beine gaben nach. Ich sah mich schon halb auf dem Fußboden, als ich ein paar starker Arme spürte, welche sich behutsam aber bestimmt um meinen Bauch legten und mich auf den Beinen hielten. Sofort spürte ich eine warme Brust an meinem Rücken. Merlin sei dank, das ging gerade noch einmal gut.
Nach drei tiefen Atemzügen hatte sich mein Körper zum Glück erholt. „Tut mir leid. Ich wollte nicht das du so wütend wirst. Natürlich finde ich dich noch immer wunderschön und begehrenswert, das würde sich doch niemals ändern." Entschuldigend drückte er einen federleichten Kuss auf meinen Nacken, welcher einen Stromschlag durch meinen Körper schickte. Ein Verlangen auf ewig in seinen Armen zu bleiben machte sich in mir breit.

„Ich weiß, tut mir leid. Ich hab überreagiert. Das passiert mir in letzter Zeit öfter." Schweren Herzens wollte ich mich aus der Umarmung befreien, als Gellert mich mit eisernen Griff festhielt. Langsam tastete er meinen Bauch ab, bevor er diese unter meinen Umhang schob. Mir wurde Heiß und Kalt zugleich. „W-was machst du da? Lass das!" Panik stieg in mir auf, doch Gellert ignorierte meinen Protest gekonnt. Ausgerechnet in diesem Moment durchfuhr mich ein Ruck. Gellerts Hand zuckte kurz vom meinem Bauch weg, bevor er sie endgültig zurück zog. Seine Anspannung erfüllte den ganzen Raum. „Albus, ich will die Wahrheit wissen. Warum bist du hier?" Seine Stimme ließ keine Widerrede zu. Unangenehm berührt wich ich seinem Blick aus. Diese Situation wollte ich doch eigentlich vermeiden!

„Albus, ich warte. Du weißt wie sehr ich Lügen hasse. Was ist mit dir los??" Seine schlanken, starken Finger legten sich um mein Kinn und drehten meinen Kopf zu ihm. So sehr ich es auch wollte, so war es mir unmöglich seinen Blick abzuwenden. „Albus..."

„Ich bin schwanger!"

When History Is Rewritten.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt