Samstagnachmittag

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Kevins Sicht:
Seit Dienstag war Milenas Laune wirklich undefinierbar, aber die zwei Tage in Amsterdam mit ihrer Mutter haben ihr anscheinend gut getan. Immer wenn sie von da zurück kommt ist sie wie ausgewechselt. "Die Menschen da sind so toll. Ganz anders als hier", ihre Standardantwort.
"Ich kann es immernoch nicht glauben, dass du morgen wirklich zu dem Spiel kommst", sage ich zu ihr und freue mich insgeheim, obwohl ich nicht spielen werde. "Ich auch nicht. Und ausgerechnet dann, wenn du nicht spielst", antwortet Milena mit ihrer entwaffnenden Herzlichkeit. "Ich glaube wir wissen beide, dass du eigentlich nicht wegen mir kommst", bringe ich mit einem Grinsen hervor. Schade eigentlich, dass sie so etwas nie für mich gemacht hat. Aber sie hat von Anfang an klargemacht, dass wir nie mehr als Freunde sein werden. Und wenn man einen Menschen, wie Milena, in der Nähe hat, dann tut man alles, sie bei sich zu behalten. Auch wenn nicht mehr als Freundschaft gehen wird.
"Wir gehen in den Palmengarten. Was meinst du?", fragt mich Milena und reißt mich aus meinen Gedanken. "Wer?", frage ich völlig verwirrt. "Na, Erik und ich", gibt sie lachend zurück. "Schöne Idee", antworte ich ehrlich und überlege, wann ich das letzte Mal dort war. "Ich hab gedacht wir gehen lieber irgendwo draußen hin, damit wir nicht wieder einfach so im Bett landen", erklärt sie mir und wartet auf eine Antwort. Ehrlich gesagt finde ich ihre Idee mehr als gut. "Du bist so ausgefuchst", sage ich und umarme sie kurz. "Würde mir alles vererbt", gibt sie lachend zurück.
"Ich bin jetzt weg. Wir sehen uns später, ja? Kannst du bitte noch Toblerone kaufen gehen? Die ist schon wieder leer", ruft Milena noch und die Tür fällt ins Schloss. "Milena und ihre Schokolade", denke ich kopfschüttelnd und muss unweigerlich lächeln.

Milenas Sicht:
Jetzt muss ich erstmal Erik abholen und dann sehen wir uns wenigstens für ein paar Stunden. Seltsam, wie aufgeregt ich immer bin, sobald ich weiß, dass er gleich vor mir stehen wird. Von Weitem sehe ich ihn schon am Hintereingang des Hotels stehen und warten. Ganz still schleiche ich mich an und tippe ihn leicht an. Sofort fährt er herum und guckt als ob er ein Gespenst gesehen hat. "Bist du immer so schreckhaft?", necke ich ihn. "Ich wusste doch, dass du das bist", sagt er lässig und umarmt mich. Dabei löst er in mir wieder dieses Kribbeln aus. "Schön, dass wir uns sehen können", sage ich zu ihm und merke, wie er mich nich fester an sich drückt.
"Wo gehen wir hin?", fragt Erik neugierig. "Hoffentlich gefällt es ihm", schießt es mir durch den Kopf und ich werde nervös. Es ist irgendwie so normal. Nichts wirklich besonderes. "Wir gehen in den Palmengarten picknicken", sage ich und warte auf seine Reaktion. "Hört sich gut an. Ich war noch nie im Dunklen und im Winter picknicken", sagt Erik und legt einen Arm um mich. "Dann wird es aber mal Zeit. Weißt du was auch gut ist?", frage ich grinsend. "Sag schon", fordert Erik mich auf. "Es ist Ende November und schon nachmittags dunkel. Das heißt dich erkennt niemand so schnell", sage ich lachend. "Also gehen wir im Sommer nicht zusammen raus, weil man mich erkennen könnte", fragt Erik lachend. "Im Sommer? Denkt er wirklich schon ein halbes Jahr voraus", frage ich mich, schüttle aber meinen Kopf. "Richtig. Da sperren wir uns ein und gehen erst wieder im Oktober raus. Clever kombiniert, Erik", antworte ich ihm und ziehe ihn zum Eingang vom Palmengarten.
"Milena?", fragt Erik ganz unruhig. "Ja. Was gibt's?" "Wieso ist hier niemand. Also außer uns? Sind hier giftige Pflanzen oder sowas?", sagt Erik und meint es offensichtlich ernst und bringt mich damit zum Lachen. "Manchmal muss man nur nett fragen und man hat alles für sich. Aber ich teile natürlich mit dir", bringe ich unter Lachen hervor. "Wie machst du sowas nur?", fragt Erik und nimmt meine Hand und löst so unweigerlich ein Kribbeln in mir aus.

Eriks Sicht:
Milena ist doch verrückt. Ich frage mich, wie sie es geschafft hat, dass wir hier alleine sind. "Wir gehen dahinten auf den Hügel. Da ist es am schönsten", sagt Milena und ich folge ihr. "Außerdem ist es mein Lieblingsplatz", sagt sie und strahlt dabei so schön.
"Es ist total gemütlich hier. Gut, dass du mir immer was Neues zeigst", sage ich und sehe, wie sie lächelt, während wir uns setzen. "Ich muss dir aber was beichten. Ich habe kaum Picknicksachen mit. Nur Schokolade, Obst und Tee", sagt sie und guckt mich einfach nur an. "Aber du musst ja sowieso deine Linie halten. So als Profisportler", fügt sie frech hinzu. "Du bist unmöglich, Milena", sage ich und ich rutsche näher zu ihr und wir kuscheln uns in die Decke ein, die Milena mitgebracht hat. "Einer muss ja so sein, du bist es nämlich nicht", lacht sie, verschränkt aber unsere Hände miteinander.
"Milena", beginne ich und frage mich, wie sie auf meine Frage reagieren wird. "Hm", gibt sie von sich und legt ihren Kopf auf meiner Brust ab. "Wieso bist du am Freitag so schnell weggewesen, als ich nach Helmut gefragt habe?", sage ich und beobachte ihre Reaktion. "Du bist ganz schön aufmerksam", sagt Milena und dreht sich, so dass sie mir direkt in die Augen sehen kann. "Helmut heißt so, weil mein Großvater so hieß", sagt sie und muss sich beim Sprechen ziemlich konzentrieren, dass ihre Stimme nicht zittert. Ich lege eine Hand in ihren Nacken und beginne langsam sie zu kraulen und sehe, wie sie sich entspannt. "Du musst nicht...", beginne ich, werde aber durch Milena unterbrochen, die mir einen Finger auf die Lippen legt. "Als er verstorben ist haben meine Eltern Helmut geholt, damit ich endlich wieder anfange das Haus zu verlassen. Ich habe mir vorher nie Gedanken um Verlust oder solche Sachen gemacht. Aber von einem auf den anderen Tag war einer der wichtigsten. Menschen in meinem Leben nicht mehr da. Es war ein Unfall, einfach so", erzählt sie und kuschelt sich wieder an mich. "Komm her", flüstere ich und gebe ihr einen Kuss auf die Haare.

Zurück im Hotel habe ich das Gefühl, dass ich Milena noch näher bin, als zuvor. "Und wie war's", fragt Mats mich. "Perfekt", ist das einzige was ich sagen kann. Langsam beginnt sie, mir Sachen anzuvertrauen und das ist das, was ich mir wirklich wünsche.

Der Abend, der alles verändert (Erik Durm & Marco Reus FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt