Eine Woche danach 1.1

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*Frankfurt*
"Milena, steh bitte auf", höre ich Kevin verzweifelt sagen und spüre, wie sich meine Matratze senkt, während er sich zu mir auf das Bett setzt. Seit einer Woche sagt er mir das jeden Morgen und ich fühle mich immer schlecht, weil ich ihn immer wegschicke. "Ok", flüstere ich unter der Bettdecke und langsam wird mir diese weggezogen und ich gucke in grüne Augen. "Dann komm. Mach dich in Ruhe fertig und dann gehen wir raus", erklärt Kevin mir und lächelt mich warm an. Wie immer, egal was ich mache. Aber raus wollte ich nicht. Nur aus dem Bett, aber nicht auf die Straße. Außerdem will ich niemanden sehen und gesehen werden. Ich vermisse Erik und frage mich, wieso er sich nicht einfach meldet. Anscheinend bin ich ihm nicht wichtig genug und war es wahrscheinlich auch nie.

"Du siehst wieder aus wie du", sagt Kevin lachend, als ich unsere Treppe hinuntergehe und mich frage, wieso ich nicht im Bett geblieben bin. Trotzdem fühle ich mich geschminkt, mit gekämmten Haaren und normalen Klamotten wirklich besser. Immerhin ein bisschen. "Du siehst auch aus wie du", erkläre ich ihm und muss tatsächlich ein kleines bisschen lächeln. Ja, Kevin sieht immer ziemlich gut aus, aber schöne Männer hat man nie für sich alleine. Fast wie bei Erik. Nachdenklich betrachte ich Kevin, während er seine Jacke überzieht und danach den Reisverschluss meiner bis oben hin zuzieht. "Was überlegst du?", fragt er auch sofort und ich komme mir ertappt vor und winde mich ein wenig. "Nichts", versuche ich mich rauszureden, während Kevin mir auch noch meinen Schal richtig umlegt. Er tut gerade so, als würden wir Minusgrade draußen haben. Mit hochgezogenen Augenbrauen steht er vor mir und wartet auf eine weitere Antwort, weil meine erste natürlich nicht überzeugt hat. "Ich hab mich gefragt, wie du im Bett bist", gebe ich kleinlaut zu und frage mich, wie ich auf die Idee kam. Grinsend betrachtet Kevin mich, während ich unruhig auf meiner Unterlippe herum beiße. Vorsichtig kommt Kevin meinem Gesicht näher und legt seine Stirn an meine. "Endlich sprichst du wieder. Nur das werden wir nie erfahren, oder?", fragt er leise und muss immer och leicht lachen. "Nein", flüstere ich zurück und sofort sind meine Gedanken wieder bei Erik.

"Ruf ihn doch einfach an", sagt Kevin zu mir und hält mir sogar sein Handy unter die Nase. Am liebsten würde ich es nehmen und Eriks Nummer eintippen, seine Stimme hören und danach von ihm in die Arme geschlossen zu werden. Aber ich will, dass er sich meldet, zu mir kommt und sich entschuldigt. "Bestimmt nicht", antworte ich und sehe, wie Kevin resigniert die Hand mit Telefon sinken lässt, während er den Motor startet. "Wo fahren wir überhaupt hin?", frage ich lustlos und überlege, ob ich nicht einfach aussteigen soll, um mich wieder in mein Bett zu legen. "Essen", bekomme ich als knappe Antwort. Passend, dass ich keinen Hunger mehr habe, seit ich das letzte Mal mit Erik gesprochen habe. Ich fühle mich so leer und weiß einfach nicht wohin mit mir. Kein Erik der mir schreibt, mich anruft, mich zum Lachen bringt oder mit dem ich Zeit verbringen kann. Ich bin alleine.

Kevins Sicht:
"Und was hast du jetzt vor?", frage ich ruhig und betrachte Milena. Seit wir das Haus verlassen haben hat sie kaum ein Wort gesprochen und wusste nicht einmal, was sie essen soll. Sie liebt Essen. "Nichts", antwortet sie leise und stochert in ihren Nudeln herum, während ich sehe, wie die zwei Kerle am anderen Tisch sie dauernd ansehen. Klar, sie ist wunderschön, aber heute sieht sie einfach nur traurig und verlassen aus und das Schlimmste ist, dass ich nicht weiß, wie ich ihr helfen kann.

"Weißt du was?", frage ich vorsichtig und Milena blickt mich an, während sie unruhig an ihrem Armband herumzupft. "Emi geht es so gut. Obwohl Leo und sie mehrere Jahre zusammen waren. Und ihr wart ein paar Monate zusammen und dir geht es so schlecht", erkläre ich ihr und Milena nickt vorsichtig. Zeit ist nur ein Wort. Eine Beschreibung, die nichtssagend ist. "Hat mich auch gewundert, dass es ihr anscheinend so gut geht, um gleich mit dir im Bett zu landen", flüstert sie leise, kann sich ein Grinsen aber nicht verkneifen. Geschockt blicke ich auf und frage mich, woher sie immer alles weiß. "Schon gut, ich will garkeine Details wissen", sagt sie, während ihr Blick wieder traurig wird und sie einen Schluck Wasser trinkt. "Milena, das ist einfach passiert", versuche ich zu erklären und werde sofort stirnrunzelnd angesehen. Im Augenwinkel sehe ich, dass der Mann vom Nachbartisch seine Jacke anzieht und offensichtlich Richtung Milena geht. "Falls du willst, kannst du dich gerne melden", erklärt er, zwinkert Milena zu und legt eine Visitenkarte vor sie hin. "Wohl kaum", flüstert sie kaum hörbar und steckt die Karte unter ihren Teller, während ich sie immer noch beobachte. "Du musst mir das nicht erklären", knüpft sie da an, wo wir eben aufgehört haben. "Wenn es dir gut geht, bin ich glücklich", flüstert sie leise und lächelt mich leicht an. Ich möchte auch, dass Milena wieder glücklich ist.

"Milena, melde dich doch einfach bei ihm", flüstere ich ihr von der Seite zu und sehe, wie Milena vor Wut ihre Tasche auf den Boden wirft und Helmut erschrocken aus dem Wohnzimmer gelaufen kommt. "Er soll sich melden. Versteht das eigentlich niemand?", fragt sie laut und man hört deutlich, wie sehr sie Erik vermisst. Vielleicht so sehr, wie sie noch nie jemanden vermisst hat. Aber offensichtlich heißt das nicht, dass sie ihm hinterherläuft, egal, wie schlecht es ihr geht. "Und wenn er das Gleiche denkt?", frage ich weiter nach, während meine Gedanken wie immer verrückt spielen. Ihr soll es einfach nur gut gehen. Milena soll wieder strahlen, lachen und glücklich sein. "Dann ist das so", flüstert sie leise und eine einsame Träne läuft ihre Wange hinunter. "Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich kann nicht mehr denken oder sonst irgendwas machen", bringt sie noch hervor und legt sich mit dem Bauch auf unsere Couch. Ich weiß auch nicht, was ich machen soll. Vorsichtig streichle ich ihr über den Rücken und spüre, wie die aufgebaute Anspannung von Milena abfällt. Ein leises Vibrieren im Flur lässt uns beide aufschrecken. "Gehst du ran?", fragt sie leise und kuschelt sich weiter in die Couch. Leider ist es nicht Erik, wie erhofft, sondern Emi. "Hi. Was macht sie?", höre ich Emis Stimme am anderen Ende der Leitung und muss mit einem Grinsen an letzte Woche denken. "Ihr geht's nicht gut", flüstere ich so leise wie möglich. "Wir fahren zu diesem Erik, wenn er sich nicht bald meldet. Nächste Woche", erklärt Emi mir noch und schon höre ich ein Tuten in der Leitung. Allerdings weiß ich nicht, ob es so gut ist, wenn ausgerechnet ich bei Erik auftauche.

Der Abend, der alles verändert (Erik Durm & Marco Reus FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt