40 || Du bist mein und deshalb werde ich dich nicht teilen.

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Im Auto herrschte so eine Stille, die mir Angst machte. Bitte! Redet doch. Denn so hatte ich nur meine eigenen Gedanken, denen ich zuhören musste. Gedanken, die mir sagte, ich sei nicht gut genug für Yoongi. Er wolle lieber eine Frau heiraten. Yoongi wollte bestimmt jemanden, aber nicht mich. Ich machte mir so eine Panik und ich stand so knapp vor einem Blackout. Mein selbstgeschriebenes Eheversprechen war mir plötzlich peinlich.

"... ich verspreche, dich zu lieben und zu ehren und dir treu zu sein..."

Oh... "Was nuschelst du denn da, Jimin?" Danke! Ich sah die Kirche vor uns und das machte mir so eine Panik. "Mein Eheversprechen! Mama! Was, wenn ich es nicht mehr weiß?" Was soll ich machen, wenn ich in einem Blackout drinnen war und mich an nichts mehr erinnern konnte? Wenn ich nicht mehr wusste, wie man redete und wenn ich so eine dicke Sperre vor meinem Mund hatte, sodass ich sogar nicht mehr atmen konnte.

Yoongi wird mich umbringen.

"Nein, Jimin! Das wird. Vertraue mir." Und was wenn nicht? Ich hatte gelernt, nur mir selbst zu vertrauen und irgendwie war das, was ich kann, nicht das, was man von mir verlangte. Ich kann nicht heiraten. Das wird eine Katastrophe. Aber wenigstens hatte mir Yoongi versprochen, mir zu verzeihen. Gott... Wieso musste ich nur so einen perfekten Mann heiraten? Wieso war da so eine große Lücke zwischen uns? Zwischen dem komischen Jimin und dem perfekten Yoongi.

Die Kirche war zu, alle waren also schon drinnen. Heilige Scheiße. Darf ich zuerst sehen, wer alles gekommen war? Ich drehte mir meinen Verlobungsring zurecht, atmete tief durch. Du kannst das nicht, Jimin, aber gib einfach dein bestes. "Yoongi, ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich, Yoongi." Meine Mutter knallte die Autotür zu. "Was flüsterst du da?" Ich schüttelte schnell den Kopf, spürte die Hitze in meinem ganzen Gesicht. Das wird eine Katastrophe. Das wird ganz schlecht. Irgendetwas wird noch passieren. Ich spürte es schon.

"Schau. Da ist dein Vater." Das hieß, dass die ganze Sache jetzt wirklich ernst wurde. Ich werde von meinem Vater zum Altar gebracht. Ich werde dort stehen und Yoongi wird dort stehen und dann werden wir uns das Ja-Wort geben, verheiratet sein, zusammenziehen, Sex haben, uns lieben, Kinder adoptieren, alt werden und sterben.

Aber ich werde nicht alleine sterben.

"Dann sind wir drinnen, mein Schatz." Ja! Verlasst mich einfach alle! Ich stellte mich neben meinen Vater, wartete, bis meine Mutter und meine Tante drinnen verschwunden waren. Oh je. Das hieß aber jetzt wirklich, dass es so was von ernst wurde. "Aufgeregt, Jimin?" Ich nickte vielleicht etwas zu heftig mit meinem Kopf. Mein Vater seufzte auf, strich mir mein Jackett nach. "Du siehst wirklich gut aus, Jimin." Ja, danke... Ich lächelte leicht. Auf drei geht es also los. Zwei, eins.

"Stopp!!" Ich sah erschrocken zur Seite. Da lief Hoseok. Oh natürlich kam noch etwas total unerwartetes! Natürlich. Ich kann ja auch nicht einfach so heiraten gehen! "Yoongi ist noch nicht da.", keuchte er, atmete tief durch. Unsere Augen trafen sich kurz. "Wow. Siehst du gut aus, Jimin." Danke! Irgendetwas muss daran also stimmen! Ja!! Nur für Yoongi sah ich heute so gut aus. Für einen Yoongi, der noch nicht da war.

"W-Wo ist Yoongi?", fragte ich leise, krallte mich an den Arm meines Vaters. Keine Panik, Jimin. Er wird noch kommen. Keine Panik. Er hat dich nicht noch vor der Eheschließung verlassen. Er hatte keine kalten Füße und rennt weg. Nein, das war doch Yoongi... und Yoongi... "Yoongi hat Panik und kommt nicht aus der Toilette raus."

Yoongi hatte Panik.

Ich lachte ungläubig auf. Das sollte doch ein Scherz sein! "Darf ich jetzt auch Panik haben?" Denn Gott. Ich raste gleich noch komplett aus. Hoseok und mein Vater schüttelten gleichzeitig den Kopf. "Nein, Jimin. Bloß keine Panik!" Ja, doch. Sehr wohl Panik! Alarmstufe dunkelrot! Yoongi kommt nicht pünktlich zu unserer Hochzeit! Er will Jimin nicht heiraten. Alarmstufe schwarz! Ich darf mich jetzt umbringen gehen, weil ohne Yoongi mein Leben keinen Sinn mehr hat.

"Wir haben versucht ihn rauszubekommen, aber er weigert sich." Ja, ich weigere mich gleich auch. Ich sollte irgendetwas machen, bevor ich vor lauter Panik in mir mein Eheversprechen vergaß, zum Weg nach vorne stolperte und mir somit die Nase brach. Ich sollte schnell irgendetwas gegen die Tatsache machen, dass mein Verlobter sich auf einer fucking Toilette verkroch, anstatt mich zu heiraten!! Was? War ich so schlimm?

Ich wollte weinen und ich wollte auch schreien. Wieso war das bloß so frustrierend? Wieso nur immer ich? Konnte ich keine normale Beziehung haben? Eine, in der der eine Ehepartner nicht immer still war - ich - und einer, der sich vor seiner Hochzeit versteckte - Yoongi. "Oh, okay. Luna ruft an." Oh, Gott. Ich habe dich heute um eine Sache gebeten! Ich wollte doch nur, dass heute alles gut geht, damit ich Yoongi Ja sagen kann und wir dann verheiratet sind. Ich wollte nur einmal das etwas klappte!

Die Schule hatte nicht geklappt, denn anscheinend fanden alle es viel lustig mich zu ärgern und mir weh zu tun, anstatt meine Freunde zu sein.
Die Beziehung zu meinen Büchern hatte nicht geklappt. Denn, wenn es für mich nur Bücher wären, dann würde ich nicht davon sprechen eine Beziehung mit ihnen zu haben.
Die Verlobung mit Yoongi hatte nicht geklappt, denn nach diesen 16 Jahren hatte ich noch keine 'Ich liebe dich' gesagt und auch keins gehört.

Ich wollte doch nur einmal - einmal! - dass etwas klappte. Ich wollte nur eine schöne Eheschließung haben! Ich bitte doch nicht um mehr. Ich will nur endlich Ja sagen und ein Ja zurückbekommen und mein Leben wäre perfekt. Ich könnte die ganzen Desaster der letzten Jahre einfach vergessen!

"Oh, okay. Yoongi kommt raus." Das will ich doch auch von ihm hoffen! Ich hoffte sehr stark, dass er das alles nicht so meinte und mich trotzdem heiraten wollte. Ich hoffte es ganz stark für ihn, denn bald war ich nicht mehr der einzige, der in meinen Gedanken mit Büchern verkloppt wurde! Ich werde den heutigen Tag nicht überleben.

Fünf Minuten später und ich konnte mein Eheversprechen immer noch in meinem Kopf aussprechen. Hoseok hatte das Okay gegeben, dass Yoongi vorne stand und ich somit reinkommen durfte. Meinen Vater hielt ich an seinem Arm fest. Wenn ich also fallen sollte, dann fiel er mit mir und dann war es nicht mehr allzu peinlich. Mein Vater läge dann schließlich auch am Boden.

"Bereit für den größten Augenblick deines Lebens?" Nein. Denn wenn man mich gefragt hätte, dann bräuchte ich mindestens noch zwei Jahre, um mich darauf vorzubereiten mit meinen achtzehn Jahren heiraten zu können. Hilfe.

Die Tür der Kirche ging auf. Ich sah zuerst den langen Weg vor mir, die vielen Gäste, die die ganze Kirche ausfüllten und ich hörte die Orgel spielen. Ich spürte, wie sich mein ganzer Geist aus meinem Körper verabschiedete. Moment! Nimm mich mit! Denn ich war sowas von in einem Blackout drinnen, hörte mein Herz so laut schlagen, dass ich schon dachte, neben der Orgel spielte noch jemand Schlagzeug.

Die Beine butterweich, die Hände schwitzig, der Verstand leer. Dann sah ich nach vorne, während ich hauptsächlich von meinem Vater mitgezerrt wurde. Deswegen hatte man also eine Begleitung, wenn man zum Altar geführt wurde... Ich sah Yoongis Schwester an der Seite stehen und dann sah ich Yoongi. Ich verliebte mich mit einem Blick erneut in ihn. Oh, fuck. Als hätten wir uns abgesprochen trugen wir beide einen weißen Anzug. Wir passten perfekt zusammen.

Und plötzlich, wie aus dem reinen Nichts, fiel alles von mir ab. Das scheiß Gefühl des Nichts wurde ersetzt durch eine pure Vorfreude, die es mir sogar unmöglich machte, nicht leicht zu lächeln. Ein Lächeln von Yoongi zurück zu bekommen, war noch so viel schöner. Er sah mich. Yoongi sah mich. Yoongi wird mich heiraten. Er war da. Wir heirateten.

Yoongi und Jimin werden heiraten.

Verlobt, Verliebt, Verheiratet || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt