9.Geheimnisvoller Wald

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ALEX

Das alte Haus lag außerhalb unserer kleinen Stadt, höchstens einen halben Kilometer entfernt. Schätzungsweise war es schon nach 20 Uhr, aber ich konnte das ohne Uhr nicht belegen. Ich trug nie eine Uhr, das bedeutete ja immer eine Art Zwang. Man musste immer pünktlich sein. Ich lebte, ohne mir Pünktlichkeit vorzuschreiben.

Wenn ich mich allerdings mit meiner Angili verabredet hatte, dann erschien ich sogar rechtzeitig zum Treffen. Sie war aber auch der einzige Mensch, für den ich das tat.

 Ich gab es nicht gerne zu, aber ich vermisste Angi mehr, als wenn ich sie Wochen nicht gesehen hätte und ich machte mir Sorgen. Ihr konnte alles Mögliche passiert sein.

Ich erreichte den Anfang eines Feldwegs und spazierte ihn entlang. Nach ein paar Minuten entfaltete sich der ganze Schein des alten Hauses.

Dies war kein Haus, es war ein Schloss, eine Burg. Etwas so riesiges, dass der Name Haus nicht zu dem passte, was vor mir erbaut worden war.

Dieses alte Haus zählte schon einige Jahre und umgab sich mit vielen Legenden und Geschichten. So sagte man zumindest. Doch keiner kannte eine richtige Geschichte... Wieso sagte man dann, dass es viele Geschichten und Legenden um dieses Haus gab?

Die Logik der alten Generation.

Ich schaute mir das Gebäude näher an.

Zertrümmerte Türen, zerschlagene Fenster und kaum noch vorhandene Balkone zierten die Außenwand sowie Ranken, die sich ihren Weg nach oben schlängelten. 

Wie das Haus von innen aussah, wusste niemand. Man vermutete, dass es einen großen Saal im Erdgeschoss gab oder zahlreiche Zimmer, die sich vermutlich auch auf den restlichen Etagen befanden. 

Über dem Haus kroch hinter den Wolken ein Halbmond hervor, der meiner Meinung nach mindestens so hell leuchtete wie ein Vollmond.

Ich trat aus dem Wald hinaus auf die Lichtung, die sich vor dem Jahre altem Gebäude erstreckte. Wow. Ich konnte verstehen, warum viele Touristen, die von diesem Ort gehört hatten, ihn gerne besuchen wollten. Es war total beeindruckend.

Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch, ein Zweig knackte.

Blitzschnell drehte ich mich um, entdeckte jedoch nichts. Vielleicht ein Tier? Oder doch Jacko?

Rede dir selbst keine Angst zu, Angsthase. Ich fand Jacko interessant. Er war ein lebender Zeitzeuge von, für unsere Kultur wichtige, Geschichten. Er erzählte Vergangenheit. Und zwar aus seiner Sicht. Er erklärte seine Version. Das fand ich fantastisch. Doch als er Maja so erschreckt und ihr das Buch mit Gewalt weggenommen hatte, traute ich ihm nicht mehr ganz über den Weg.

Ich betrachtete das Buch in meiner Hand. Ob es sich überhaupt gelohnt hatte, dieses Buch zu klauen? Ich wollte es gerade aufschlagen, als ich wieder Geräusche aus dem Wald hörte. Ich schlich in die rechte Richtung und suchte im Dunkeln ein Versteck.

Genau dieses bot mir ein Baum, zwischen dessen Wurzeln und dem Boden sich ein wenig Platz befand. Ich kroch in diesen Unterschlupf und wurde dabei nass vom auf dem Boden liegenden Schnee und schmutzig von dem Laub und der Erde darunter. Verängstigt traute ich mich kaum zu atmen. Wenn mein Herz weiterhin so laut hämmerte, würden es die, die die Geräusche verursacht hatten, hören. Sei leiser, sei leiser. Doch je mehr ich versuchte, meinen Herzschlag zu beruhigen, desto panischer und verzweifelter wurde ich, als es nicht funktionierte und umso mehr beschleunigte sich wiederum der Rhythmus meines Herzen. In einem Teufelskreis gefangen. Na toll.

Das Knacken von Ästen und das dumpfe Pochen von Schuhen im Schnee wurde wider meiner Erwartungen lauter. Sie kamen zum alten Haus. Oder nur einer? Maja und Jacko? Angi und Ben? Angi und Jacko? Wer verdammt war das?

Das alte HausWhere stories live. Discover now