S I E B E N U N D V I E R Z I G

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Schadenfroh grinse ich meine Mutter an, die seit fünf Minuten versucht ihr Husten zu unterdrücken, da sie sich an einem Stück des Filets verschluckt hat. »Ist alles in Ordnung?«, fragt River besorgt, als ihr Kopf hochrot anläuft und es so aussieht, als würde sie jeden Moment explodieren.

»Ja ja, Schätzchen«, krächzt sie, während ich meinen Kopf von ihr wegdrehe, um mich weiterhin zu beherrschen. Doch aus meinem Mund ertönt ein leises Glucksen, weshalb sofort alle Beteiligten zu mir schauen. Na super.

»Pyper, was ist daran so lustig?«, fragt mein Vater, grinst mich aber auch leicht an, als meine Mutter gerade nicht hersieht. Vielleicht wird der Abend doch gar nicht so schlimm!

Da ich ein sehr netter Mensch bin und mich um das Wohl meiner Mitwelt schere, frage ich meine Mutter, ob es ihr denn tatsächlich gut gehe. Natürlich verlässt dieser Satz ohne bösen Hintergedanken meine Lippen, da ich ein Engel in Menschengestalt bin.

Könnten Blicke töten, würde ich nun jedoch mit meinem Kopf auf der Pizza liegen und den letzten dramatischen Atemzug nehmen.

»Wo hast du nur deine Boshaftigkeit her, du grässliches Kind!«, raunt meine Mutter mir zu und hofft anscheinend, dass River nichts von ihrer Rede mitbekommt. Doch glücklicherweise ist dieser zu neugierig und hat sich schon halb über den Tisch gebeugt, um das Gespräch mitzuhören. Empört sieht er nun meine Mutter an. »Pyper ist ein sehr nettes Mädchen! Sie wollte sich doch nur über Ihre Gesundheit informieren.«

Ich weiß ganz genau, dass er das nicht ernst meint, da ich ihn oft genug gemobbt habe, um ihn davon zu überzeugen, dass ich die Ausgeburt des Teufels bin.

Grinsend halte ich ihm meine Hand vor die Nase und warte darauf, dass er einschlägt. Meine Mutter beobachtet das Ganze mit gerunzelter Stirn und fassungslosem Blick. Ruckartig starrt sie meinen Vater an und deutet auf meinen Nachbarn und mich. »Siamesische Zwillinge, zusammengewachsen an ihren Hohlköpfen!« Lachend legt mein Dad einen Arm um seine Gattin. »Schatz, lass den beiden doch ihren Spaß«, versucht er sie zu beruhigen, doch Mom schlägt seinen Arm aggressiv weg, steht schwungvoll auf - wobei ich kurz Angst habe, dass sie die Tischdekoration mit sich reißt - und stolziert in Richtung Toilette. Was für ein theatralischer Abgang. Schmunzelnd sehen wir ihr hinterher.

»Warum hat sie denn nicht einfach zugegeben, dass sie sich verschluckt hat?«, fragt River amüsiert. »Sie wollte einen guten Eindruck bei dir hinterlassen. Ich glaube ja, sie steht auf..-« Bevor ich meinen Satz beenden kann ist meine Mutter schon wieder da und klatscht mir ihre Hand auf den Mund. »Das nennt man Manieren, mein Kind«, meint sie an River gewendet. Dieser nickt ihr ungläubig zu und deutet dann wieder auf den Platz neben sich.

»Wollen Sie sich nicht wieder setzen? Ihr Essen wird sonst noch kalt.« Lächelnd lässt sich meine Mutter wieder auf ihren Stuhl plumpsen. Anscheinend hat die aggressive Phase nur kurz angehalten und man kann sich nun wieder normal mit ihr unterhalten.

Schade eigentlich... Es war schon ziemlich lustig sie so zu sehen.

Gerade als ich mit wieder ein Stück meiner Pizza in den Mund schieben möchte, trifft mich etwas hartes am Schienbein. Zischend blicke ich zu meiner Mutter, die bereits zu mir sieht. »Was sollte das denn?«, frage ich und fasse mir an die schmerzende Stelle. »Das war dafür, dass du so gemein bist, du Amsel!«

Fassungslos schaue ich ihr dabei zu, wie sie sich seelenruhig wieder ihrem Essen zuwendet und sich kein bisschen um mein Wohlbefinden schert.

Vielleicht habe ich das ja verdient, schließlich war ich nicht besonders nett zu ihr. Aber andererseits beleidigt sie mich zuhause am laufenden Band, also gibt es keinen Grund, weshalb sie jetzt beleidigt sein sollte.

Ein Räuspern ertönt, weswegen ich zu dem Übeltäter schaue. River knetet nervös seine Hände, als er die Blicke meiner Eltern auf sich spürt. »Also ich... ich wollte Sie fragen, ob Sie einverstanden wären, wenn Pyper mit mir nach Island fliegt. Ich habe die Reise schon geplant, allerdings wollte ich zuerst alleine dorthin, doch dann habe ich mir überlegt, dass Ihre Tochter ja vielleicht mitkommen möchte. Natürlich nur wenn das für Sie in Ordnung ist.«

»Oh aber natürlich, Schätzchen! Wir überlassen dir doch gern unsere Tochter. Bei dir können wir uns ja sicher sein, dass sie in guten Händen ist.« Bevor mein Vater noch etwas sagen kann, erwidert River schon ein »Vielen Dank«, womit das Gespräch offensichtlich beendet ist.

Schön, dass man mich auch fragt, ob ich überhaupt mit möchte.

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