Z E H N

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10 || überarbeitet

Während Jelly und ich nach Hause gefahren sind, haben wir Trish aufgegabelt. Schon seit fünf Minuten ist er nur am Meckern. „Du kannst doch nicht einfach so bei rot über die Ampel fahren!", mault er Jelly an. Genau das meine ich. „Lass sie doch." „Ja, ich darf machen was ich will, wir sind hier schließlich in einem freien Land." Trish zeigt ihr nur den Mittelfinger.

Ich schnappe mir seinen Finger und biege ihn so, dass er ein lautes Knacken von sich gibt. „Ahh, bist du wahnsinnig?" Kopfschüttelnd dreht er seinen Kopf von mir weg und schaut aus dem Fenster. Wenn er jetzt beleidigt ist, nur weil Jelly auf Verkehrsregeln scheißt, versteigere ich ihn auf Ebay. Es kann doch nicht jeder so ein Moralapostel wie er sein.

Mittlerweile hat es angefangen zu regnen. Das Wetter auch einen an der Klatsche. „Also, dass du wirklich... rote Ampel... ich fasse es nicht!", murmelt die männliche Nonne.
Er sollte sich vielleicht mal beruhigen oder wenigstens etwas gegen seine Ausraster nehmen. Ich kann Ritalin empfehlen.

„Hör doch mal auf die ganze Zeit an mir rumzumaulen! Du bist auch nicht perfekt." Jelly funkelt ihn böse an, konzentriert sich dann aber wieder aufs Fahren. „Weiter rechts!", brüllt Trish auf einmal. Hä?

Ich schaue aus dem Fenster und merke, dass Jelly nicht auf der rechten Seite der Straße, sondern in der Mitte fährt. „Es kommt doch sowieso kein Gegenverkehr." „Ihr seid unmöglich!" Ist dieser Perfektionismus bei allen Männern so stark ausgeprägt oder liegt das daran, dass er schwul ist?

Mein Blick wandert wieder nach draußen. „Mein Hot-Boy Radar schlägt aus! Auf drei Uhr." Jellys Kopf schießt sofort nach rechts. Bei ihrem Fahrstil ist das wahrscheinlich keine gute Idee. Keine Sekunde später ertönen Würgegeräusche, weshalb ich den Jungen genauer betrachte. „Oh, ist doch nur dein hässlicher Ex", erkläre ich ihr, als ich Connor erkenne.

Wir biegen in meine Straße ein und tuckern langsam auf mein Haus zu. „Vorsicht!", schreit Trish von hinten. Ups, da hätten wir doch beinahe River gegen die Wand geklatscht. „Seid ihr wahnsinnig?!", brüllt dieser von draußen. Jelly steigt genervt aus. „Stell dich doch nicht in den Weg. Glaubst du ich bremse extra wegen dir, nur weil du glaubst du kannst dich vor fremde Häuser stellen? Ist doch klar, dass du dann überfahren wirst!", gibt sie genauso laut von sich, ohne auf seine eigentliche Frage zu antworten.

River schaut sie verdutzt an. „Ich wollte eigentlich nur Pypers Eltern für morgen Abend zum Essen einladen." Ganz sicher nicht. Ich weiß doch wie das läuft. Erst lädt er uns ein, dann müssen wir ihn natürlich auch mal einladen, dann lädt er uns nochmal ein und in einem halben Jahr treffen wir uns dann zwei mal die Woche mit ihm. Und meine Mutter will uns dann wahrscheinlich auch noch verkuppeln, weil wir ja so ein süßes Paar wären.

Darauf kann ich gerne verzichten.

Außerdem kommt mein Vater morgen Nachmittag von seiner Geschäftsreise aus Japan zurück. Da hat er bestimmt keine Lust abends auch noch zu jemandem zum Essen zu gehen. Hoffe ich zumindest. Außerdem findet es mein Vater bestimmt gar nicht cool, dass meine Mutter River toll findet.

„Pyper?", fragt mein Nachbar nun mich, weshalb ich aufsehe und das Auto auch verlasse. „Hm?" „Kannst du deine Eltern von mir fragen, ob sie morgen kommen wollen?" Warum denn immer ich? „Klar, mach ich." Noch ein falsches Lächeln aufgesetzt, damit er keinen Verdacht schöpft und fertig. Ich könnte einen Youtube Channel haben.

How to get away from an ugly dumb ass.

River ist zwar weder hässlich, noch ein Arsch, aber so hört es sich doch gleich ganz toll an. Ich schnappe mir die Einkäufe aus dem Kofferraum uns stolziere zur Haustür. „Bis morgen dann", verabschiede ich mich. Ich erhasche noch einen schnellen Blick auf Trish, der die ganze zeit im Auto sitzen geblieben ist. Warte mal, weint er etwa? Tatsächlich.

Wie ein tollwütiges Wildschwein renne ich auf ihn zu und knalle volle Kanne gegen die Autotür. Erschrocken sieht er mich an. Fehlalarm, er lacht. „Was machst du da?" Er hat das Fenster runter gelassen und sieht mich verstört an. „Eh...also, ich wollte nur mal testen, ob mich das Auto aushält, falls mal ein Reh dagegen rennt oder so." Ich gehe mich dann mal vergraben...

Wieso mache ich auch andauernd irgendeine Scheiße? Beschämt gehe ich ins Haus.

„Du willst mir etwas sagen?", fragt meine Mutter als ich die Küche betrete und die Taschen auf den Küchentisch. „Hast du uns belauscht?", frage ich fassungslos und starre auf die hochgezogenen Jalousien und die offenen Fenster. „Das Fenster war zufälligerweise offen. Also?" Seufzend lasse ich mich auf einen Stuhl sinken. „River will uns morgen Abend zum Essen einladen." Warum muss ich es ihr überhaupt erzählen, sie hat es doch anscheinend sowieso gehört.

Begeistert klatscht sie in die Hände. „Die Idee ist toll." „Aber Mom! Dad kommt doch morgen wieder nach Hause und dann will er sich bestimmt erst einmal ausruhen." „Keine Widerrede. Wir gehen da hin."

Toll.

••• 10 •••

Crazy ThingsWhere stories live. Discover now