Jess.

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Jess

Lachend entziehe ich mich Dave, der mich unentwegt an sich zieht. ,,Dave, ich muss mit dir reden", versuche ich an die Vernunft zu appellieren. Doch seine Teenager Seite gewinnt die Oberhand. Seine Lippen finden meine und tanzen einen wunderschönen, sinnlichen Tanz. Noch nach Jahren bekomme ich eine Gänsehaut von seinen Berührungen. Dachte ich früher, mit dem Alter verliert man an Leidenschaft, so blende ich das nun voll aus. Männer werden im Alter noch attraktiver. Was mich angeht, bin ich da nicht so sicher. Doch Dave gibt mir das Gefühl jeden Tag etwas Besonderes zu sein. 

In meiner Mittagspause komme ich oft in Daves Büro, um von seinem Tag zu hören. Da er öfter nach mir nach Hause kommt, ist das eine schöne Möglichkeit uns am Tag mehr zu sehen. Die Kinder macht es auch nicht unglücklich. Tyler trifft sich direkt nach der Schule mit seiner Nachhilfelehrerin und hat danach auch keine Lust zu Hause zu sitzen. Über Gina muss ich nicht reden. Sie ist nur außer Haus, hat genug in ihrem Leben zu meistern. Gerade jetzt, wo der Schritt zur Frau so nah ist. Natürlich brauchen Kinder trotzdem ihre Eltern und ich zumindest, bin genug zu Hause um mitzubekommen, wie verliebt Gina in ihren Chris ist und Tyler sich in ein Mädchen namens Sina verknallt hat. Seine Röte beweist es, wenn er mit mir über dieses Mädchen spricht. Anscheinend haben die zwei gemeinsame Kurse. Mal sehen wann er sie uns vorstellt. 

Nun löse ich mich aber wirklich von Dave und schiebe ihn an seiner Brust von mir. Seine Hände liegen auf meinen Oberschenkeln. Dabei setzt er sich wieder auf seinen Chefsessel und rückt näher, damit er seine Hände nicht ausstrecken muss. Seine Augen durchleuchten mich, sehen mich an, wie ich da auf seinem Schreibtisch platz genommen habe. Sie sind atemberaubend schön und ich werde mich niemals satt sehen. ,,Sag mir, warum du dich in Ginas Leben einmischt", rücke ich direkt mit der Sprache raus. 

,,Sie ist meine Tochter. Dafür wurde sie geboren", entgegnet er schlicht und ergreifend. Was soll das denn heißen? 

,,Dave, sie wird in zwei Wochen Achtzehn. Danach wirst du sie nicht mehr so in Schach halten können..."

,,Solang sie bei uns wohnt, schon." Er sagt es so leichtfertig, als würde er wirklich daran glauben. 

,,Da kennst du deine Tochter aber schlecht, mein Lieber. Sie wird dir deine Kontrolle um die Ohren hauen. Zu Recht. Ich war damals genauso und meine Eltern haben mich machen lassen. Aus mir ist auch etwas geworden." Darauf erwarte ich nun eine Erwiderung. Doch stattdessen sieht er mich mit gehobener Augenbraue an und schweigt. Was ein Lottogewinn. 

Meine Füße setzen sich in Bewegung auf die andere Seite des Tisches. Daves Blick folgt jedem meiner Schritte. Das hat mir schon immer gefallen. Sogar als ich es nicht zugeben wollte. Seinem Charme kann niemand widerstehen. ,,Du kannst sie nicht mit dir vergleichen, meine Liebe", sagt Dave dann doch was, als ich gegenüber von Tisch stehe. 

,,Du hast Recht. Und sie hat das Recht ihre eigenen Fehler machen zu dürfen", erwidere ich. Dave ist da nicht mit mir einer Meinung und das weiß ich schon bevor ich Worte aus meinem Mund purzeln lasse.

,,Solange ich ihr Vater bin, werde ich versuchen ihr die schlimmsten Fehler zu ersparen." Ich liebe Dave für seine unerbittliche Liebe zu Menschen, die ihm etwas bedeuten. Doch leider weiß ich einfach, dass es ihm nur noch viel mehr wehtun wird, wenn er es nicht schafft unsere Kinder vor allem zu beschützen. 

-

Nach der Arbeit schaue ich schnell bei Rick vorbei. Schon länger war ich nicht mehr bei ihm und sein Wohlergehen liegt mir sehr am Herzen. Besonders seit es mit Kate nicht geklappt hat. ,,Hey", lächle ich ihn froh an, während er in Jogginghose und drei Tage Bart vor mir steht. Rick ist ein Hoffnungsloser Fall. Diese Wohnung ist ein Saustall. Er kümmert sich nicht mehr und leider kümmert er sich auch nicht mehr um seine Patentochter. Gina. 

,,Was verschafft mir die Ehre?", fragt Rick mich und führt mich in sein Wohnzimmer. Da höre ich plötzlich die Tür laut zufallen. Ich erschrecke mich und schaue Rick entgeistert an. 

,,Wer war denn das?", frage ich, obwohl ich die Antwort wohl schon kenne. Er hat immer mal wieder etwas mit anderen Frauen, die ihm einfach nichts bedeuten. Rick ist unverbesserlich.

,,Ne Bekannte", antwortet er schwach. ,,Willst du n Tee, Kaffee?" Ich schüttle meinen Kopf, denn lange wollte ich nicht bleiben. Gina muss ich nachher noch vorbereiten. 

,,Gina wird bald achtzehn. Ich wollte dich fragen, ob du zu ihrem Geburtstag kommst", springe ich mit der wichtigsten Frage raus, wegen der ich hier bin. Also, sie hat mich einfach noch mehr hierher getrieben. Es sind schon alle informiert, nur Rick war nie erreichbar. 

,,Ja sicher. Schreib mir kurz davor nochmal. Sonst könnte ich das vergessen", stimmt er zu. Das sind doch gute Nachrichten. 

,,Rick jetzt setz dich doch zu mir. Ich will mit dir reden", fordere ich ihn auf. Er geht ständig hin und her, in die Küche und wieder zurück. Jetzt sieht er mich auch mal an und fügt sich seinem Schicksal. 

,,Bitteschön, Mrs. Stark", entgegnet er wie ein kleines Kind. Ich muss etwas schmunzeln. 

,,Sag mir, wie es dir geht." Ich mache mir Sorgen um ihn. Die Trennung geht nicht an ihm vorbei und eigentlich sollte er darüber hinweg sein... Eigentlich. Wenn man mal davon absieht, dass jeder sein eigenes Tempo braucht... Wer hat wen verlassen? Wie stark hat man geliebt?...

,,Super, Jess. Mir ging es als Single nie besser", antwortet Rick und das könnte ich ihm glauben. Nur wie ist es, wenn er es mal mit seiner Beziehung vergleicht? 

,,Die Trennung ist schon Monate her, wenn nicht schon Jahre. Ich kann mich nicht genau erinnern..."

,,Es ist egal wie lange sie her ist, Jess...", unterbricht mich Rick und zeigt nun offen seine Gefühle. ,,Ich habe Kate geliebt... Ich habe Fehler gemacht, aber daran hätte man arbeiten können. Wenn sie doch Tyler als den Mann ihrer Zukunft ausgewählt hat, dann ist das so. Ich muss irgendwie wieder klar kommen. Das weiß ich, aber im Moment habe ich dazu keine Lust." Das kann ich doch verstehen. Wenn Dave mich für eine andere verlassen würde, könnte ich damit genauso wenig leben, egal wie viel Zeit vergeht.

,,Es tut mir leid, Rick. Ich bin wohl etwas unsensibel", entschuldige ich mich und Rick winkt ab.

,,Nicht nur das. Alt bist du auch. Daher verzeihe ich dir das", vergibt er mir charmant...

-

Zurück zu Hause, kommt mir schon Gina von Oben entgegen. ,,Mama! Wo warst du?", fragt sie mich aufgebracht. Ich muss lächeln, denn ich kann sehr gut  nachvollziehen, wieso sie so angespannt ist. Ob die Nachrichten, die ich für sie habe allerdings gut sind, das wage ich zu bezweifeln.

,,Ich war noch bei Onkel Rick, mein Schätzchen. Ich wusste ja nicht, dass du so darauf brennst." Doch, natürlich wusste ich das. Ich war auch mal jung und war froh, dass mein Vater mir sowas nicht zugemutet hat.

,,Na, sag jetzt schon!", drängt sie mich. Statt ihr direkt zu antworten, gehe ich erstmal in die Küche, begrüße unsere Haushaltshilfe und mache mir einen Tee. Gina hüpft neben mir herum und kann es kaum erwarten. Ich hätte so gerne positivere Nachrichten.

Mit der Teetasse in der Hand, schiebe ich Gina ins Wohnzimmer, damit wir nicht im Weg rumstehen. ,,Also, dein Lehrer hat bestätigt, dass es getrennte Mädchen und Jungsflure gibt. Die Zimmer werden regelmäßig kontrolliert. Das hat deinen Vater ein wenig ruhiggestellt. Das heißt, du darfst mit auf die Klassenfahrt", beginne ich mit der guten Nachricht.  Gina springt mich fröhlich an.

,,Oh danke, Mama! Ich muss sofort Alex anrufen..." Bevor sie aufsteht, halte ich sie noch auf.

,,Gina, es gibt aber eine Bedingung." Damit ist die Freude wie weggeblasen und ihre Schultern hängen.

,,Na klar. Da ist Papa ganz in seinem Element", schimpft sie.

,,Chris wird dabei sein." Ich sehe in ihren Augen Erleichterung, aber auch ein wenig Verwirrung. Sie weiß wohl selber nicht, was sie fühlen soll. Immerhin ist sie in Chris verliebt.

,,Wie soll das denn funktionieren?", fragt sie vorsichtig.

,,Mit dem Direktor hat dein Vater gesprochen. Chris wird einfach als eine Art Betreuer eingesetzt. Das heißt für dich, dass du ihm auch nicht widersprechen darfst, wenn er etwas sagt, Gina. Er tarnt sich nicht nur als solcher, er wird es sein. Damit hat die Schule auch einen Vorteil..." Ich erkläre ihr noch die restlichen Pläne. Unerwartet ruhig geht sie hoch in ihr Zimmer. Das hat doch gut geklappt.

Ich will Dich!Where stories live. Discover now