Ich will aufwachen!

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Jonas Gesicht ist genau vor mir. Seine neutrale Miene blickt in meine. Ich habe das Gefühl einen vollkommen anderen Menschen vor mir zu haben, als den, den ich wochenlang gedatet habe. Scheinbar normal, doch ich weiß, dass er mir etwas verschwiegen hat. Etwas wichtiges und ich spüre, dass es keine Kleinigkeit ist. 

,,Gina, was machst du denn hier? Damit habe ich nicht gerechnet", begrüßt er mich überrascht und schiebt mich direkt ins Haus. Schon lange war ich nicht mehr hier. Es ist ruhig, seine Eltern sind nicht zu Hause. Also ist Jonas alleine. Macht mir das Angst? Das kann ich noch nicht sagen. 

,,Ich muss mit dir reden", möchte ich anfangen, aber er lässt mich nicht ausreden. Stattdessen schiebt er mich in die Richtung seines Zimmers. Dort sehe ich die Terrassentür offen stehen. Im Garten sind seine Freunde und nun höre ich den Lärm, den die Musik macht und die Gespräche, die zusammen wie ein Rauschen klingen. 

Ich muss mich konzentrieren, um ein einzelnes Gespräch herausfiltern zu können und doch gelingt es mir. Die Freundin, die mir damals den Vodka förmlich aufgezwungen hatte, sieht kurz zu mir, um sich lachend ihrem daneben stehenden Freund zu widmen. ,,Sie traut sich nochmal hierher." Als wär ich in einem Löwenkäfig gelandet. Wie damals schon, fühle ich mich unwohl und das liegt sicherlich auch daran, dass ich nun völlig alleine bin. Chris ist nicht bei mir. Schon damals habe ich die Spannung zwischen ihm und mir gespürt. Wieso habe ich mich nur so quer gestellt?

,,Meine Freunde sind da. Es freut mich, dass auch du hier bei mir bist. Ohne deinen Aufpasser. Ich freue mich so sehr", flüstert Jonas mir ins Ohr und ich zucke zusammen, denn seine Anwesenheit habe ich total vergessen. Wie benebelt drehe ich mich zu ihm um. Im Augenwinkel sehe ich einen Mülleimer... mit einem Bilderrahmen. Ist das...? Das ist mein Bilderrahmen. Jonas folgt meinem Blick, aber er kann sich nicht so schnell vor mein Sichtfeld stellen, dass ich das vergessen könnte. Was hat das alles auf sich? 

,,Jonas, wieso liegt das da?", frage ich ihn. Er lacht einfach und schüttelt leicht seinen Kopf, als hätte ich eine dumme Frage gestellt, die keinen Sinn machen würde. Als wär die Antwort sonnenklar. Dabei kann er nicht wissen, dass ich mir schon einiges zusammengereimt habe.

,,Gina, was unterstellst du mir hier? Bist du nicht hergekommen, um mich wieder in den Arm zu nehmen?", fragt er mich und zieht mich an meiner Taille zu sich. Als würde mich etwas stechen, weiche ich zurück. Jonas blickt sauer drein. ,,Was ist los mit dir?"

,,Wieso hast du das gestern gemacht?", konfrontiere ich ihn mit der gestrigen Situation. Erstmal klein anfangen. Doch bei seinem kurzen auflachen, der zögerlichen Antwort, kann ich mich nicht halten und unterbreche ihn, sobald er anfangen kann. ,,Wieso redest du schlecht über meinen Vater? Wieso bringst du mich immer in heikle Situationen? Wieso hast du mich wegen dem Bilderrahmen angelogen? Wieso", frage ich mit nachdruck. ,,Bist du so ein Arschloch und entschuldigst dich doch immer wieder?" Nun verändert sich seine Miene. Sie wirkt selbstsicherer. Ein Blick zu seinen Freunden und er scheint sich sicher zu sein. Nervös ist er nicht und auch diese Art wie er sich vor mich geschmissen hatte, um sich zu entschuldigen, davon sehe ich nichts mehr. Er ist durch, nur würde ich gerne wissen, womit genau er durch ist. 

,,Komm mit", fordert er mich auf und noch bevor ich nachdenken kann, geht er an mir vorbei um das Haus. Das mache ich auch, denn ich brauche Antworten. Ich brauche sie jetzt und ohne gehe ich hier nicht raus. Wir sind alleine, die Musik ist leiser geworden und ich fühle mich unwohl. In Jonas Gegenwart fühle ich mich nicht gut. Wieso ist mir das nie vorher aufgefallen? 

Er denkt nach und geht umher. Ich stehe da und warte. Jonas sieht aus, als wär er im Käfig gefangen und muss nachdenken, wie er hier rauskommt. Keine Ahnung wieso. Ich weiß nur, dass es mir in dieser Situation nicht gut geht. Plötzlich dreht er sich um und klemmt mich zwischen sich und die Wand. Sein Arm kesselt mich an einer Seite ein, aber ich habe keine Angst. Ich bleibe hart und sehe ihm stur in die Augen.

Ich will Dich!Where stories live. Discover now