02. Februar 2019

8 0 0
                                    

Tagebucheintrag, 02. Februar 2019, 6.13 Uhr, auf dem Heimweg


Genauso schön wie Freitagabende, sind Samstagmorgende. Da sparen sich alle die abschätzigen Blicke, arbeiten muss ja sowieso kaum jemand. Alle schlafen in der Tube, alle sehen kaputt aus. Manche haben noch so einen Rest Energie, ich zum Beispiel gerade und das passt alles. Und wenn man dann aussteigt und hinein in den Tag spaziert, dann stört einen der arschkalte Wind gar nicht mehr so doll, man genießt die letzte Zigarette und das letzte Bier vor dem Bett, weil man genau weiß, was Besseres kommt heute nicht mehr, man genießt diese zwanzig Minuten Fußweg, weil klar ist, dass der Rest des Tages scheiße wird, das Highlight wird ein viel zu großes Mittag sein, vielleicht ist der Kater bis zum Abend so weit weg, dass man ein bisschen Sport machen kann oder nochmal feiern gehen, aber falls das mit dem Sport nichts wird und feiern noch zu anstrengend ist, dann wird das ein Tag der Berieselung, Netflix, bei Freunden im Halbschlaf auf dem Sofa liegen und den ganzen Tag nicht aus dem Schlafanzug kommen, also einer dieser unproduktiven Scheißtage ohne echten Inhalt und da muss man die letzte Zigarette und das letzte Bier genießen und dieses Freiheitsgefühl, was kostenlos mitgeliefert wird, mit so einem frischen Morgen und den leeren Straßen, die einem suggerieren, dass die Welt ganz allein einem selbst gehört.


Das ist ganz gut, denn diese Freitagnächte und Samstagmorgen müssen den verschwendeten Samstag aufwiegen. Wobei. Damn, heute ist Abschiedsfeier in der WG, weil Ala sich morgen aus dem Staub macht und Jesús und Carla dann auch in den nächsten Wochen. Das wird ganz lustig, weil wir einfach allesamt alle Leute, auf die wir so Lust haben, eingeladen haben. Und wir mögen ganz unterschiedliche Leute. Ala mit ihrem Hipster-Umfeld und Jesús mit seinen Party-Südländern. Dann Lexie und ihre Nerds, ich und meine coolen Leute und Carla mit diesem schicken Freundeskreis. Ich muss ganz eilig ins Bett. Nach dieser letzten legendären Kippe. Zum Frühstück dann vielleicht gleich Konterbier, gar nicht ausnüchtern.


***


02. Februar 2019, 19.57 Uhr, in der WG


"I don't wanna talk, cause it makes me feel sad", sagte ich scheinheilig zu Jesús, der gerade versucht hatte, den perfekten zukünftigen Mitbewohner/ die perfekte nächste Mitbewohnerin zu entwerfen.

"Please don't quote ABBA", grummelte Lexie, deren idealer Mitbewohner irgendwie große Ähnlichkeit mit dem glitzernden Buch-Edward zu haben schien, auch wenn sie das nicht zugab. Ich war nicht viel besser. Ich war immer noch auf dem Harry Potter Zug und mir nicht sicher, ob ich lieber mit Darren Criss als Harry Potter oder Meryl Streep als Donna zusammenwohnen würde.

"Did I?", fragte ich scheinheilig.

"Uh-uh. The winner takes it all", informierte Lexie, ohne auch nur im Mindesten den Sarkasmus aus meinem Satz herausgehört zu haben.

"I told you watching Mamma Mia was a bad idea." Das hatte ich wirklich gesagt. Es war aber unsere einzige echte Option gewesen. Versuch mal einen Film zu finden, auf den sich fünf Leute einigen konnten, die nicht alle high waren. Und wir hatten ein Trinkspiel gespielt.


Es klingelte. Auf die Minute genau.


"I bet it's one of Lexie's friends", grinste ich.

"Five pence against it", bot Carla an. Das war eine Menge, die ich bereit zu setzen war.

"You're on." Ich grinste und rieb mir die Hände. Carla prostete mir zu. Ich bereute es langsam, so selten mit ihr getrunken zu haben. Carla konnte Spaß machen.

Die SucheWhere stories live. Discover now