31. Oktober 2018

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Tagebucheintrag, 31. Oktober 2018, 00:24 Uhr, Zimmer


Ich bin gerade in Tränen ausgebrochen. Mal kurz Gefühle rauslassen. Irgendwie hab ich dafür ja sonst nicht so Gelegenheit. Gefühle zu teilen, ist nicht so einfach. Ich erzähle Leute gerne alles, was so an doofen Dingen in meinem Leben passiert, ich lass bloß nicht raus, wie ich mich deswegen fühle.


Die Karaoke Bar habe ich entgegen meiner Hoffnungen auch heute nicht gefunden, aber morgen ist ja auch noch ein Tag, richtig? Vielleicht kennt sich Clara ja wirklich besser in der Gegend aus. Es ist über zwei Wochen her, dass ich Elliott getroffen habe. Und ich weiß nicht, ob ich mich da nicht in etwas reinsteigere. Beziehungsweise bin ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich mich da in etwas reinsteigere. Wie soll ich mich denn an einem Abend in jemanden verliebt haben? Andererseits... ich hab gestern nichts gemacht. Ich habe nicht nach ihm gesucht und es hat mich wahnsinnig gemacht. Deshalb suche ich wohl weiter. Erst mal. Bis ich ihn finde und das ideale Bild, das auf meinen lückenhaften Erinnerungen beruht, mit einem lauten Knall zerplatzt.


Ich weiß nicht mal genau, was an ihm so toll war. Nur, dass er toll war. Und dass ich kein einziges Mal an Franck gedacht habe. So schnell bin ich noch nie über ein Beziehungsende hinweggekommen. Naja. Ich habe nie lange Trübsal geblasen, aber zumindest ein bisschen.


Ist es nicht verrückt, dass ich jetzt hier sitze, Bilder von Freunden von Elliott ausgebreitet habe und nach Hinweisen suche? Ich weiß, welches Bier wir in der geheimnisvollen Wohnung getrunken haben. Ich weiß, von welcher Marke der Beamer in der Karaoke Bar ist. Nur die wichtigen Sachen fehlen. Wer? Wo?


Ich bin ein verrückter Verschwörungstheoretiker geworden, der dringend schlafen sollte. Morgen ist Halloween. Ach nee. Mitternacht ist schon durch. Heute ist Halloween.


Hoffnungen sollte ich mir jedenfalls eigentlich nicht mehr machen. Ich bin seit zwei Wochen keinen Schritt vorwärtsgekommen. Aber hoffen ist einfacher als aufgeben. Immerhin gleicht der lange Spaziergang meine ungesunde Ernährung zumindest im Ansatz aus. Und um hier mal irgendwie was Positives stehen zu haben: Alexa hat gesagt, dass sie mich mag. Dass sie es toll findet, dass ich niemanden ausgrenze und mich nicht für die Meinungen von anderen interessiere (wenn ich das aufschreibe, klingt das irgendwie sehr sarkastisch und nicht positiv). Ich war sehr geschmeichelt. Wirklich. Wenn man bedenkt, dass wir uns gestern noch über die Grundidee des veganen Lebensstils gestritten haben, kam das auch sehr unerwartet. Also danke, Alexa.


Okay. Ich glaube, ich buffe jetzt noch eine Runde und dann hau ich mich aufs Ohr. In neun Stunden soll ich in der Uni sein und morgen ist Halloween. Ich geh auf eine Studentenparty und werde mich natürlich wieder nur nach Elliott umschauen und deswegen verpassen, dass Bessie und Benny Schuhe tauschen. Oder irgendwas anderes. Ich war mir übrigens verdammt sicher, dass die Bessie und Benny Zwilling sind, dabei sind die nicht mal verwandt. Wie auch immer. Wir lesen uns, Tagebuch. Wahrscheinlich nicht morgen (beziehungsweise heute), aber danach. Vielleicht finde ich ja Elliott.


***


31. Oktober 2018, 22.18 Uhr, irgendein Club


„What are you?" Schockiert schaute ich an mir herunter. Ich war die einzige mit einem guten Kostüm. Also es gab auch Leute mit aufwendigen Kostümen, aber meins war das beste. Ich hatte ganz einfach ein Laken mit zwei großen Löchern als Augen über dem Kopf. Und auch eine gruselige Wellenlinie als Mund.

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