31. Dezember 2018

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31. Dezember 2018, 23.17 Uhr, Berlin


Alle waren sie da, was komisch war, weil wir eigentlich alle nichts miteinander zu tun haben. Also untereinander ja, ich und Elias, Adi und Marco, Simon und Ralfi. Ich glaube, Elias hat einiges an Bieren ausgegeben, damit die Jungs ausgerechnet zu dieser Silvesterparty kommen. Adi passte her, der Rest eigentlich nicht. Wir hatten auch überlegt, richtig feiern zu gehen, aber so eine kleine Fabrikhalle mit lauter geladenen und deshalb definitiv coolen Leuten... viel besser. Seltsame Version vom Berghain-Klientel. Schmiss das Berghain eine Silvesterparty? Wahrscheinlich nicht, die hätten uns die Leute streitig gemacht. Das klingt jetzt, als hätte das Bergahain großzügig darauf verzichtet, eine Party zu schmeißen. Vielleicht war es auch so, Frauke arbeitete da und die war hier. Ich laber kompletten Stuss, ich hab Frauke seit September nicht mehr gesehen und Berlin ist eine schnelle Stadt. Vielleicht ist das Berghain einfach nicht mehr cool.


Ich rede zuerst mit Adi. Adi und ich sind früher sehr gut befreundet gewesen. Was heißt Adi und ich, Adi und Lorenz und deswegen auch Adi und ich. Adi ist Halbtürke, sieht aber aus, als wäre er Halbitaliener. Adi, das fällt mir immer wieder auf, ist sehr hübsch, braun (auch im Winter, wie unfair) und muskulös, gepflegt, dunkle Haare, die selbst direkt nach dem Friseurbesuch ein bisschen zu lang sind (es sei denn er lässt mich schneiden, aber das erste war bisher auch das letzte Mal), kantiges Gesicht, angenehmes Lächeln. Adis Aussehen macht Adi wett. Adi hat uns damals Berlin gezeigt, er wusste alles, kannte jeden, jeder mag Adi, obwohl ich um ehrlich zu sein, nicht weiß warum, weil, wie gesagt, Adi ist nicht so besonders. Wenn er vor mehr als einer Person redet, wirkt er immer nervös, druckst herum, redet zu schnell und zu viel und zu hochgestochen, bis niemand, er selber mit eingeschlossen, mehr mitkommt. Ich mag es, wenn Adi über Literatur redet, obwohl Adi in jeder Geschichte viel zu sehr drinsteckt, im Prinzip schon seine Bachelor- oder Master-Arbeit drüber schreiben könnte. Hat er aber nicht, noch nicht mal die Bachelor-Arbeit, obwohl er schon viel zu lange studiert, aber ihn stört das nicht, weil er findet das ja interessant, außerdem muss er ja feiern, in jeder Szene irgendwie drin bleiben, ab und an bei irgendeiner Initiative mitorganisieren, da ist das schwer, das Studium zu schaukeln. Er erzählte ein bisschen von Lore (der war letztens zu Besuch, sah gut aus, hat sich nicht verändert - das war mir vorher schon klar), wir reden über Foer, weil ich den ja gerade gelesen habe, Adi weiß zu viel, macht mir fast die Lust kaputt, andere Bücher von Foer zu lesen. Aber ich freue mich, Adi zu sehen, auch wenn Adi drauf ist, Koks, würde ich sagen, weil er nicht so ein bisschen, sondern wirklich komplett drauf ist.


Dann kommt Marco dazu und unterbricht Adis Redeschwall zu Foers komischen jüdischen Komplexen (ist gut, dass er unterbricht, ich habe schon mehr als einen Witz gemacht, über den weder Adi noch ich lachen konnten). Marco finde ich klasse, noch hübscher als Adi, obwohl Marco eigentlich ein bisschen zu klein für meinen Geschmack ist und eigentlich nicht wirklich krass hübsch, sondern einfach positiv normal aussieht. Normaler Style (kann er tragen), blonder Typ, aber auch irgendwie gesund braun (oder rosa, er ist ja kein Halbtürke) mit verschmitztem Grinsen und guter Laune, redet gerne, vor allem über nun wirklich belanglose Dinge, wie ich also, wir können gut miteinander reden. Seine Ohren sind nicht wirklich spitz, höchstens ein bisschen weniger rund als so ein Durchschnitts-Ohr, in meiner Vorstellung aber schon, ich hab ihn früher immer als Elfe bezeichnet, obwohl Kobold (weil Größe) wohl passender wäre, aber Kobold ist ja irgendwie eher negativ konnotiert – er ist so ein frecher Wichtel. Marco und Adi sind fast genauso unzertrennlich, wie Elias und Henni und ich, aber halt mit noch komplementäreren Charakteren, deswegen noch seltsamere Freundschaft.


Dann spiele ich mit Marco Tischkicker und das natürlich gegen Simon und Ralfi, weil wir es vorher nicht geschafft haben, eine gute Gesprächsbasis zu finden und ich mit denen noch reden wollte, bevor wir auf einmal zusammen in den Urlaub fahren und Tischkicker geht da natürlich als Einstieg immer.

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