Vingt-quatre

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Bei meiner Wohnung angekommen schloss ich die Tür auf. Ich hörte keine Stimmen, nur der Klang von Livia am Klavier erreichte mein Ohr. „Leise," flüsterte ich zu Lena, die nur nickte. Als sie die Tür leise hinter sich schloss, kam schon Natalie aus dem Wohnzimmer. „Aha, da habt ihr euch wohl ausgesprochen. Livia hat's mir erzählt. Was läuft da zwischen euch?" Ohne viel zu reden gab ich vor meiner Schwester Lena einen leidenschaftlichen Kuss.

„Livia spielt aber schön Klavier," schwärmte Lena. Ja, Livia kann sehr gut Klavier spielen, auch wenn sie noch nicht lange spielt. Livia spielt mit so viel Gefühl, hat beim Spielen so viel Spaß. Einmal fragte ich sie, wie sie das macht, wie sie es schafft mit soviel Gefühl zu spielen. Ihre Antwort darauf war, dass sie einfach nur spielt. „So viel Gefühl," sagte Lena. „Dabei fühlt sie das nichtmal. So hat sie mir das mal gesagt." Ich fand es schon komisch, als sie meinte, dass sie nicht merkt mit wie viel Gefühl sie eigentlich spielte. Aber es könnte ja stimmen.

Das eine Musikstück beendete sie und fing an das nächste zu spielen. Vor ein paar Tagen musste ich ihr die Noten von einem Lied heraussuchen. Das müsste es wohl sein. Lena, Natalie und ich öffneten die Tür und stellten uns ins Zimmer ohne sie dabei zu stören. „Sie hat vorhin damit angefangen," flüsterte Natalie.

Gespannt hörten wir drei zu und waren sofort in der Musik. Sie ging richtig ins Herz, berührte mich zu tiefst. Ich spürte, mit wie viel Gefühl sie spielte und ihr höre ich besonders gerne zu, ich konnte es einfach fühlen, das passiert nicht oft. Livia selbst war so sehr in das Spielen vertieft, dass sie uns gar nicht bemerkte. Es waren noch ein paar Fehler drin, aber dafür, dass sie erst damit begonnen hat, war das ziemlich gut.

Mittendrin fing sie an zu weinen, ich hörte ihr Schluchzen und kurz darauf hörte sie auf und haute wütend auf die Tasten. „Maus, was ist denn los? Das war doch so gut." Sie schüttelte nur den Kopf. Ich setzte mich neben sie, legte meinen Arm um sie und drückte sie ganz fest. „Ich krieg das net hin. Ich kann das einfach nicht." „Du kannst das Liv. Üben, dann schaffst du das. Schau mich doch mal an, wie ich spielen kann. Ich kann's gar nicht," mischte sich Lena ein, die gerade eine Hand auf Liv's Schulter liegen hatte.

„Ihr habt euch vertragen?" fragte sie uns überrascht, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und brachte sogar ein leichtes Lächeln über ihre Lippen. Wir nickten beide nur. „Papa, kannst du mir bitte helfen? So ein bisschen, nur so ein kleines bisschen. Nur etwas," flehte die mich an. „Maus, ich dachte wir gehen zu viert in den Zoo. Es ist noch nicht zu spät. Dann beruhigst du dich auch und morgen oder heute Abend helfe ich dir ein bisschen."

„Lena kommt mit?" fragte sie unglaubwürdig und ihre Augen wurden ganz groß. „Ich komme mit Maus." Sofort sprang Livia auf und zog sich die Schuhe an. Das ging schneller als gedacht. Doch ausgequetscht wurde ich von ihr noch nicht. Dies würde sicher später kommen.

„Noch mussten wir ihr das noch nicht sagen," meinte Lena plötzlich. „Mhm," meinte ich nur ich zog mir auch die Schuhe an. Ich wusste zwar, dass sie sich freuen würde, doch in mir war auch diese Angst. Aber wovor ich Angst hatte wusste ich nicht. Es war so, als würde sich mein Magen zusammenziehen.

„Papa, Lena habt ihr euch eigentlich ganz ganz dolle lieb und seid zusammen?" fragte Liv uns plötzlich mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ja, das sind wir und wir bitten dich, dass du das für dich behältst," meinte ich nur. Und sofort sprang meine kleine Tochter auf und lief schreiend durch die Wohnung. „Papa hat eine Freundin!" rief sie, was Lena und mich so zum Lachen brachte.

„Lass sie," meinte Lena nur und beobachtete wie sie weiter fröhlich durch die Wohnung lief. „So du Quatschkopf, wir gehen jetzt in den Zoo. Du behältst das für dich sonst gibts richtig Ärger," meinte ich streng, doch Livia nickte nur und ging fröhlich weiter durch die Wohnung.

„Papa, darf ich dann jetzt eigentlich den Tiger aus dem Zoo mitnehmen?" Kann sie nicht eine normale Vorstellung von einem Haustier haben? „Livia, wenn es dir nichts ausmacht, würde ich euch öfter besuchen mit Kiwi. Wäre das nicht besser als ein Tiger?" Da geht einem ja das Herz auf. Livia strahlte dabei so sehr. „Oh ja und wenn du arbeiten musst, darf Kiwi dann hier bleiben? Ich werde mich auch sehr gut um sie kümmern." Lena war einverstanden. Beide waren so sehr in ihrem Gespräch vertieft, dass sie mich vergaßen und den Ausflug in den Zoo. Doch Natalie und ich amüsierten uns indem wir dieses süße Gespräch beobachteten.

„Lensche!" rief ich nach ein paar Minuten. „Können wir dann los? Wir haben nicht ewig Zeit. Ihr habt noch genug Zeit zum reden." Frauen können manchmal echt gefühlt endlos reden. Und irgendwie fühle ich mich als einzige männliche Person etwas fehl am Platz, alle weiblich nur ich nicht.

Während der gesamten Autofahrt redeten die drei weiblichen Geschöpfe der Erde ununterbrochen über alles mögliche. „Nati, Liv und Leni könnt ihr vielleicht etwas leiser sein? Ich muss hier noch Autofahren. Ihr redet dezent etwas zu viel und etwas laut." Doch auf mich hörten sie nicht. Das einzigste was sich änderte war die Lautstärke des Gesprächs. Wenigstens etwas. Doch natürlich freute ich mich auch, dass sie sich so gut verstanden. Besonders Lena und Livia. Dieser Gedanke zauberte mir doch ein Lächeln ins Gesicht. Im Zoo angekommen herrschte plötzliche Ruhe. Daran müsste ich mich wohl gewöhnen. Das heute würde nicht das letzte Mal gewesen sein.

Wie früher Mal Dich (Lenark)Where stories live. Discover now