Kapitel 14 | Vorbereitungen

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„Jasmine, los kommt hinter der Trennwand hervor!", sagte Sapphire streng und ungeduldig und sah Jasmine, durch die Trennwand, flehend an. Jasmine konnte ihren Blick nicht sehen, aber sie wollte einfach nicht hinter der Trennwand hervor kommen. „Nein, ich möchte nicht!", gab sie trotzig zurück und Sapphire seufzte. „Prinzessin. So schlimm kann es doch nicht sein. Na los, zeigt mir Euer Kleid.", bat Sapphire sie nun mit ruhiger und geduldiger Stimme. Jasmine guckte vorsichtig mit ihrem Kopf hinter der Trennwand hervor und sah Sapphire ein wenig Hilfe suchend an. „Du wirst nicht lachen?", „Nein, das werde ich nicht. Versprochen, Mylady..." Jasmine zog ihren Kopf wieder zurück hinter die Trennwand und trat langsam hinter dieser hervor. Sie stellte sich mit schmollendem Mund vor die Trennwand und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sie sah Sapphire schmollend an, damit sie merkte, dass Jasmine das Kleid nicht wirklich gefiel. Sapphire war für einen kurzen Moment sprachlos. Jasmine sah sie immer noch an, schmollte allerdings nicht mehr. Sie kam sich langsam ziemlich dämlich vor. Warum sagte Sapphire denn nichts? „Sehe ich so lächerlich aus?", fragte Jasmine und in ihr Gesicht war Unsicherheit geschrieben. Sapphire antwortete hektisch: „Nein, nein keineswegs, Mylady! Ihr seht genauso aus wie Eure Mutter...", „Ganz genau das ist das Problem! Das ist nicht mein Stil!", protestierte Jasmine laut und sah an sich hinunter. Sie trug ein kobaltblaues, fast bodenlanges Kleid. Dazu trug sie einen hohen silbernen Gürtel, der ihr fast bis unter die Brust ging. Passend zum Kleid trug sie kobaltblaue Stöckelschuhe mit fünf Zentimeter hohen Absätzen. In den Haaren hatte sie – links und rechts jeweils zwei – weiße, glockenartige Blumen, die von ihrem Kopf ausgingen und in ihre Haare eingeflochten waren. Als Krone trug sie einen silbernen Stirnreif mit runden türkisfarbenen Edelsteinen. Vorne, in der Mitte ihrer Stirn, war der größte Edelstein des Stirnreifs. Sapphire schüttelte mit dem Kopf und schob Jasmine vor den großen Spiegel, damit sie ihr Spiegelbild betrachten konnte. Jasmine betrachtete sich selbst erst etwas skeptisch. Aber je länger sie in den Spiegel schaute, desto besser gefiel ihr das Kleid an ihr. Besonders der Kopfschmuck hatte es ihr angetan. Vielleicht war es doch nicht so schlecht wie sie anfangs dachte. „Ihr seht wunderschön aus, Prinzessin. Aber Ihr seid nun erwachsen. Ihr werdet Euch mit diesen Gewändern anfreunden müssen.", sagte Sapphire, die sich hinter Jasmine gestellt hatte und ihr durch den Spiegel aufmunternd zulächelte. Sie richtete währenddessen ein wenig die Blumen in Jasmines Haar. Jasmine zog ihre Mundwinkel zu einem leichten Lächeln hoch und Sapphire lächelte zurück. „Es ist nicht die Kleidung, Sapphire...", „Geht es wieder um Eure Schwester, Mylady?" Jasmine nickte und ihr kamen Tränen, die sie tapfer zurückhielt. „Heute ist ihr Geburtstag. Ich wünschte die Jedi würden sie mit uns feiern lassen. Auch sie wird dreizehn! Dreizehn! Sie wird erwachsen! Es ist der wichtigste Geburtstag von all unseren Geburtstagen! Aber das Schlimmste ist...wir haben uns so lange nicht mehr gesehen. Ohne das Gemälde..." Jasmine drehte sich um und ging auf ein kubistisches Gemälde im Raum zu. Sapphire folgte ihr. „...wüsste ich vielleicht nicht mal mehr wie sie aussah.", schwelgte Jasmine trauig in ihrer Erinnerung. „Jedoch weniger eckig als auf dem Bild.", zog sie ihre Traurigkeit sogleich ins Lächerliche, aber schaute mit einem traurigen Lächeln auf das Gemälde. Darauf waren Jasmine, Karina und ihre Mutter zu sehen. Als das Bild gemalt wurde, waren die Beiden gerade einmal fünf Jahre alt. Es entstand ein paar Wochen vor Karinas Abreise. Sie erinnerte sich wie schwer es ihr fiel so lange still zu halten und wie einfach es für Karina zu sein schien. „Wie sich Karina wohl verändert hat?", fragte sich Jasmine beim Betrachten des Bildes und malte sich ein aktuelles Bild ihrer Schwester aus. „Eure Wege werden sich wieder kreuzen, Mylady. Vielleicht schneller als Ihr Euch vorstellen könnt.", munterte Sapphire sie auf. Jasmine konnte sich ihre Tränen nun nicht mehr zurückhalten. Sie drehte sich zu Sapphire um und nahm ihre Hände. „Danke, Sapphire. Ich danke dir, dass du all die Jahre für mich da warst. Du hast Glück und Miseren mit mir zusammen durchlebt. Du hast mir geholfen, wenn es mir nicht gut ging oder ich ein Problem hatte. Ich konnte immer zu dir kommen egal was war. Das werde ich dir nie vergessen."
„Es ist seltsam von hier fortzugehen. Von Euch fortzugehen. Ihr seid mir wie eine kleine Schwester, wenn ich das so sagen darf. Es war mir eine Ehre Euer Kindermädchen sein zu dürfen, Mylady."
„Und es ist mir eine Ehre dich ebenfalls als meine Schwester bezeichnen zu dürfen.", erwiderte Jasmine ebenfalls und beide fielen sich in die Arme. „Ich werde dich vermissen...", „Ich Euch auch, Jasmine.", gab Sapphire zurück und beide lösten sich aus ihrer Umarmung. Sapphire reichte Jasmine ein Stofftaschentuch, mit dem sie sich die Tränen wegwischte. Sie weinte nicht gerne vor anderen, aber in Sapphires Gegenwart war es für Jasmine in Ordnung.
Die Tür öffnete sich und Satine und eine Frau traten herein. Jasmine drehte sich zur Tür und lächelte ihre Mutter an. „Mama! Was verschafft uns die Ehre?", fragte Jasmine und blickte für einen Moment nervös zu der Frau neben ihrer Mutter. Es war ihre Etikette Lehrerin und Jasmine ahnte was nun kam. „Lady Thaxton möchte mit dir den morgigen Ablauf besprechen, damit du gut vorbereitet bist.", „Nun denn, Prinzessin. Wenn Ihr mir nun bitte folgen würdet.", sagte Lady Thaxton und deutete Jasmine mit ihr zu kommen. Lady Thaxton war eine sehr schlanke und recht große Frau. Ihre roten Haare waren immer zu einem würfelförmigen Dutt zusammengebunden und ihre braunen Augen wirkten monoton und ernst. Ihr Blick war oft ziemlich elitär und steif, aber sie wollte sich lediglich Respekt dadurch verschaffen. Das war jedenfalls Jasmines Theorie. „Kommst du nicht mit?", fragte Jasmine ihre Mutter verwundert. Die sah sie entschuldigend an und meinte: „Tut mir leid, Ad'ika. Ich muss noch einiges wegen morgen klären. Dein Geburtstag soll schließlich perfekt werden.", „Richtig...", gab Jasmine etwas enttäuscht zur Antwort, lies sich ihre Enttäuschung aber nicht anmerken. Ihre Mutter drehte sich um, um den Raum zu verlassen und fragte: „Sapphire? Würdest du mich bitte begleiten?", „Selbstverständlich, Euer Hoheit.", antwortete Sapphire und verlies mit der Herzogin zusammen Jasmines Zimmer. Jasmine sah beiden enttäuscht hinterher und verlor sich in ihren Gedanken. „Ich dachte wir unternähmen heute einen gemeinsamen Spaziergang?", dachte Jasmine bei sich und wurde sofort wieder aus ihren Gedanken gerissen, da Lady Thaxton laut hinter ihr in die Hände klatschte. Sie zuckte kurz zusammen, dann stellte sie sich kerzengerade auf und hörte Lady Thaxton aufmerksam zu. Lady Thaxton räusperte sich und begann Jasmine den Ablauf des morgigen Tages zu erklären.
„Das Kleid und den Kopfschmuck, welche ihr gerade tragt, werdet Ihr — wie Ihr sicherlich bereits wisst — auch morgen während der Feierlichkeiten tragen. Jede Farbe Eurer Gewänder wurde mit Bedacht ausgewählt. Das Kobaltblau vermittelt, dass ihr zuverlässig seid und das Volk Euch vertrauen kann. Das Türkis, der Edelsteine Eures Stirnreifs, symbolisiert Euer Pflichtbewusstsein gegenüber Eures Volkes und Eures Amtes. Und die weißen Callas in Eurem Haar symbolisieren einen Neuanfang. Für Euch und für—"
„Fehlt hier nicht etwas Schwarzes?"
„In der Tat, Prinzessin. Ihr habt gut aufgepasst. Da Schwarz nicht gut mit den anderen Farben Eurer Gewänder harmoniert, haben wir uns dazu entschieden die Farbe Silber zu verwenden. Diese vermittelt Klugheit."
„Das gefällt mir!", meinte Jasmine entschlossen und lächelte. Lady Thaxton lächelte nicht, da Jasmine sie immer unterbrach. Jasmines Lächeln verschwand wieder und sie hörte ihr weiter zu. Lady Thaxton räusperte sich kurz.
„Als Erstes geht Ihr von Eurem Gemach direkt zum Thronsaal. Dort werdet Ihr von der Herzogin, dem Premierminister, dem stellvertretenden Premierminister, Prinz Tal Merrik, Eurem Onkel und Eurem Cousin erwartet. Ihr bleibt vor den Stufen zum Thron der Herzogin stehen und werdet angekündigt als Jasmine Adhara Kryze, Klan Kryze, Haus Kryze, Prinzessin von Mandalore. Danach geht ihr die Stufen zum Thron hinauf, senkt Euer Haupt und die Herzogin setzt Euch den Stirnreif, den Ihr im Moment tragt, auf. Danach erhebt Ihr Euch wieder und geht, zusammen mit Herzogin und Gefolge, auf den großen Balkon, hinter dem Palast am großen Platz, und legt vor dem Volk Euren Schwur ab. Ihr kennt Euren Schwur?"
„Sicher, Lady Thaxton."
„Gut. Danach folgt Applaus, Ihr winkt und lächelt dem Volk ein wenig zu. Nach angemessen verstrichener Zeit wendet Ihr Euch wieder ab und trefft Euch mit Tulsa, Sapphire, Drea und mir wieder in Eurem Gemach, damit wir Euch für das Bankett umziehen können. Die Anprobe für das Bankettkleid hat meines Wissens nach schon stattgefunden?"
„Ja, bereits gestern."
„Perfekt. Nun kennt Ihr den Ablauf. Haltet Euch stets an das Protokoll und es wird alles ohne Fehler ablaufen."
Jasmine schwirrte der Kopf. Sie wollte doch nur ihren Geburtstag feiern und keine Staatsangelegenheiten daraus machen. Allerdings wollte Jasmine weder ihre Mutter noch Lady Thaxton enttäuschen und hoffte einfach, dass sie nichts wichtiges vergessen und alles glatt laufen würde. „Ich habe da eine Frage, Lady Thaxton.", meldete sich Jasmine etwas zögerlich. „Nur zu. Fragt nur."
„Darf ich, nachdem ich den Schwur abgelegt habe, noch etwas hinzufügen?"
Lady Thaxton musterte Jasmine nachdenklich. Die junge Prinzessin schämte sich nun ein wenig überhaupt nachgefragt zu haben. „Kommt darauf an was Euch vorschwebt...?", antwortete Lady Thaxton etwas misstrauisch. Jasmine überlegte einen kurzen Moment. „Nichts. Es war nur ein Gedanke.", beschwichtigte Jasmine sie und verwarf ihren Gedanken lieber sofort wieder. Sie sah Lady Thaxton an und die schaute mit dem gleichen ausdruckslosen Blick zurück. „Ich sage Tulsa sie soll Euch andere Callas bringen. Diese hier wirken bereits ein wenig...leblos.", sagte Lady Thaxton und nahm die Blumen in Jasmines Haar genauer unter die Lupe. Sie verabschiedete sich von Jasmine und trat aus der Tür. Jasmine stellte sich vor den großen Spiegel, nahm die Blumen aus ihrem Haar und nahm ihren Stirnreif vorsichtig in die Hand. Sie sah ihn traurig an. „Das wäre eigentlich deiner, Rina...", dachte Jasmine bei sich und legte den Stirnreif auf einen kleinen Tisch. Sie ging auf ihr Bett zu und ließ sich darauf fallen. Das war alles ziemlich viel für sie. Wie sollte sie das alles morgen schaffen? Sie wurde ihr ganzes Leben auf den Hof vorbereitet, wuchs am Hof auf, hatte die besten Lehrer. Und trotzdem fühlte sich noch nicht bereit für so viel Verantwortung. Es gab Tage da hatte sich Jasmine gewünscht Karina käme zurück und würde ihr ihre Sorgen und Verpflichtungen wieder abnehmen. Aber das würde nicht mehr passieren. Sie setzte sich langsam wieder auf, denn es klingelte an ihrer Tür. „Herein!", rief Jasmine und die Tür öffnete sich. Sie sprang hastig auf und verbeugte sich, denn mit diesem Besuch hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. „Premierminister! Was verschafft mir die Ehre?" Er verbeugte sich ebenfalls und trat näher zu Jasmine. „Man sagte mir ich solle mit Euch den Schwur für morgen durchgehen."
„Oh, nein das hat Lady Thaxton gestern bereits erledigt. Tut mir leid, dass man Euch nicht über die Änderung informiert hat.", sagte Jasmine und versuchte dabei ernst zu bleiben, aber nicht zu kühl zu wirken. Sie mochte ihn nicht besonders, aber Korkie mochte ihn und ihre Mutter vertraute ihm, weshalb Jasmine das Gleiche versuchte. „Habe ich Euch bei etwas gestört, Prinzessin?", fragte Almeck und sah Jasmine mit seinen violetten Augen prüfend an. „Nein. Alles gut.", versuchte Jasmine ihn vorsichtig abzuwimmeln, aber es gelang ihr nicht. Er sah sie immer noch prüfend an. „Ich sage Euch nun, was ich Eurem Cousin bereits oft gesagt habe. Wenn Ihr ein Problem habt könnt Ihr Euch gerne jederzeit an mich wenden.", sagte Almeck mit ziemlicher sanfter Stimme. Jasmine wusste nicht so recht, ob sie sich ihm öffnen sollte. Ging es ihn überhaupt etwas an? Sie riss sich zusammen und versuchte ihr Problem zu schildern. „Ich habe bedenken, wegen morgen. Von Geburt an war das alles Aufgabe meiner Schwester. Seit sie fort ist, ist es meine. Ich weiß nicht, ob ich der Aufgabe gewachsen bin.", beendete Jasmine ihre Erzählung und sah den Premierminister abwartend an. Zuerst sagte er nichts. Jasmine bereitete dies Unbehagen. Sie hätte doch lieber nichts sagen sollen. „Ich verstehe Eure Sorge, Prinzessin. Es ist verständlich, dass Ihr Euch sorgt und Euch fragt was wäre, wenn Ihr nicht diese Verantwortung tragen müsstet. Aber ich kann Euch versichern: das Volk und vor allem Eure Familie werden hinter Euch stehen. Aliit ori'shya tal'din, Mylady." Jasmine war überrascht. Die Worte des Premierministers sagten ihr tatsächlich zu und spendeten ihr Trost. Er hatte recht und er hatte ihre Hauptsorge durchschaut. Ihre Familie stand hinter ihr und dazu zählten für sie auch ihre Freunde und Sapphire. Vielleicht war er doch nicht so übel wie Jasmine immer dachte. Sie lächelte Almeck an und bedankte sich: „Ich danke Euch, Premierminister Almeck." Er verneigte sich wortlos und lächelte ihr ebenfalls kurz zu. „Wenn Ihr mich nun entschuldigt, Prinzessin. Ich überlasse Euch nun wieder Euch selbst.", meinte Almeck und mit diesen Worten trat er aus der Tür und verschwand wieder aus Jasmines Zimmer. Jasmine war erleichtert. Sie wusste nun an was sie denken musste, wenn sie morgen wieder zweifelte oder nervös wurde. „Familie ist mehr als Blut!", wiederholte sie in ihrem Kopf und lächelte entschlossen. Sie verschwand hinter der Trennwand und versuchte sich das Kleid von allein auszuziehen bis Tulsa mit den Blumen kam und Sapphire sich ein letztes Mal zu ihr gesellte.


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Aliit ori'shya tal'din - Familie ist mehr als Blut

Die Töchter des Obi-Wan KenobiWhere stories live. Discover now