Kapitel 55 - »Estel«, Substantiv, Sindarin. Siehe: »Hoffnung«

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Am nächsten Morgen hatte Lindir zwei Tablette mit Erdbeeren, Himbeeren, Blaubeeren, Salat und frischem Brot vorbei gebracht. Legolas war zum Frühstück in mein Zimmer gekommen; ich lag natürlich noch im Bett und schob mir abwesend eine Erdbeere nach der anderen rein, während er es sich auf dem Boden bequem gemacht hatte und über seine Faszination der noldorischen Baukunst redete. Er hatte schon längst aufgegessen, aber ich brauchte heutzutage eben ein bisschen länger. Dabei half Ablenkung etwas, obwohl ich nicht alles verstand, was der Elb so von sich gab.
Irgendwann klopfte es wieder an der Tür, sodass Leggy seinen Vortrag, warum Rankenverzierungen besser waren als zwergische Muster, unterbrechen musste.
„Herein", rief ich monoton.
Während die Tür sich öffnete, drehten Legolas und ich unsere Köpfe beide erwartungsvoll zum Eingang. Für die zwei gleich aussehenden Elben, die ins Zimmer sahen, mussten wir wohl wie Teenager beim Gossipen ausgesehen haben.
„Willkommen, Callisto und Legolas", setzten die beiden gleichzeitig an.
,,Und Ihr seid..?", fragte ich verwirrt.
,,Elladan", sagte Einer.
,,Und Elrohir", dann der andere.
,,Elronds Söhne", dann zeitgleich.
,,Oh, hi. Was können wir für Euch tun?"
,,Adar wies uns an, Euch zum Training einzuladen", antwortete Elladan. Oder Elrohir, ich konnte die beiden beim besten Willen nicht auseinander halten.
Ich wechselte einen fragenden Blick mit Legolas, der endlich aufstand und sich gänzlich zu den beiden drehte.
„Mit höchster Freude nehmen wir Eure Einladung an."
Du vielleicht. Ich hab seit n paar Monaten keine höchste Freude mehr erlebt. Aber klar. Hab sowieso nichts besseres zu tun. Sonst würde ich einfach nur weiter im Bett hocken und depressiv sein. Wo wir schonmal hier sind, können wir ja auch ein paar Tage bleiben", antwortete ich ganz casual, stopfte mir die letzte Erdbeere in den Mund und rappelte mich etwas unelegant auf.

Also führten die Zwillinge uns aus meinem Zimmer durch halb Bruchtal zu einer großen Wiese, auf der Holzpuppen zum Schwertkampf Üben, Zielscheiben zum Bogenschießen und noch mehr Holzpuppen zum Verkloppen standen. Am Rand der Wiese stand noch ein kleines Zelt, in dem so ziemlich jede Art von Waffe untergebracht war.
Wir vier waren aber nicht die einzigen hier. Ein kleiner Junge mit einem zu seiner Größe passenden Schwert in der Hand stand vor uns. Ich hockte mich hin, sodass ich mit ihm auf Augenhöhe war.
,,Hallo, Kleiner. Wer bist du denn?" Ich hatte einen echt freundlichen Blick aufgesetzt, nur das Lächeln fehlte.
,,Estel", antwortete er mit hoher Stimme. Irgendetwas machte Klick in meinem Kopf. Der Name sagte mir etwas, aber es fiel mir gerade nicht mehr ein.
,,Schön. Wie alt bist du denn?", fragte ich weiter.
,,Estel wird in ein paar Monaten elf", antwortete einer der Zwillinge.
Ich wuschelte dem Kleinen durch die braunen Locken, wobei mir auffiel, dass er keine spitzen Ohren hatte, und stand dann wieder auf.
,,Was macht er denn hier? Er ist kein Elb, richtig?", sagte ich an Elladan und Elrohir gerichtet, gerade laut genug, dass nur die beiden und Legolas es hören konnten. Die Brüder wechselten vielsagende Blicke, ehe sie mich wieder anschauten und mir rieten, das lieber ihren Vater zu fragen.


*


,,Ihr braucht kein Training, Callisto", keuchte Elladan, den ich gerade zu Boden geworfen hatte und ihm mein Schwert an die Kehle hielt.
,,Ist mir bewusst", murmelte ich, steckte Dagnir zurück an meinen Gürtel und war insgeheim doch überrascht, dass ich einen ausgebildeten Elbenkrieger besiegt hatte. ,,Aber danke, ich musste mal wieder meine Aggressionen rauslassen." Wahrscheinlich hatte es nur daran gelegen, dass ich mich hauptsächlich auf meine Wut konzentriert hatte, ähnlich wie Anakin Skywalker.
Ich lief rüber zu Legolas und Elrohir, die sich gegenseitig im Bogenschießen maßen.
„Stört es, wenn ich dich mal eben allein hier lasse?", richtete ich an Leggy.
Er schoss seinen Pfeil ab und traf genau in die Mitte der Zielscheibe. Was anderes hätte ich auch nicht erwartet.
„Ich sollte dich nicht allein lassen", sagte er ernsthaft besorgt.
„Ach, passt schon. Ich geh mich heute schon nicht umbringen", witzelte ich. „Wollt nur was mit dem Kleinen unternehmen." Dabei deutete ich auf Estel, der etwas weiter hinter mir eine Strohpuppe mit seinem Trainingsschwert verkloppte.
Abschätzend sah Leggy von mir zu dem Kind, dann nickte er widerwillig.
Also verschwand ich zu dem Jungen, der endlich sein Strohmännchen geköpft hatte.
„Na, Kleiner? Hunger?", begrüßte ich ihn.
Estel nickte, brachte noch schnell sein Holzschwert ins Zelt und folgte mir hinauf in die Siedlungen.
Da es erst in wenigen Stunden offiziell Zeit für Mittag war, schlichen wir uns zur fürstlichen Küche. Dort liefen Vorbereitungen für das gemeinschaftliche Mittagessen auf Hochtouren, und es wäre definitiv aufgefallen, wenn ich einfach herein spaziert wäre und was mitgehen lassen hätte.
„Ich will ja keine Kinder zu Straftaten ermutigen", begann ich flüsternd, „Aber du wärst bestimmt klein genug, reinzuschleichen, was mitzunehmen, und unbemerkt wieder rauszukommen."
Estels Augen funkelten und er grinste.
Ich hasste Kinder. Aber man, konnten sie manchmal süß sein. Das hier war wirklich eine perfekte Ablenkung.
Ich beobachtete also gespannt, wie der Zehnjährige an groß gewachsenen Elben vorbei schlich, sich hinter Theken duckte und schließlich einen Teller Blaubeeren zu fassen bekam. Erfolgreich kehrte er mit der Beute zurück und präsentierte sie stolz.
„Hast du super gemacht!", lobte ich. „Wär ich dein cooler Onkel, wär ich jetzt ganz stolz auf dich!"
Und als der Kleine mich so zuckersüß angrinste, konnte ich einfach nicht anders, als zu lächeln.
Es war erst ein komisches Gefühl, da meine Muskeln das ewig nicht mehr gemacht hatten. Aber es fühlte sich gut an. Und im Innern wusste ich, dass Kíli in den Hallen von Mandos selbst lächelte.

*

Während Estel und ich irgendwo auf dem Rand eines Brunnens saßen und Blaubeeren in uns rein stopften, gab ich dem Kleinen ein paar meiner besten Kampftipps. Im Gegenzug erzählte er von all den Drachen, die er später mal erschlagen wollte. Natürlich würde er nie die Chance kriegen, schließlich war Smaug meines Wissens nach die letzte Erwähnung von Drachen in Mittelerde gewesen.

Nach dem offiziellen Mittag, welches ganz formell mit Elrond, Elladan, Elrohir, Legolas, Estel und mir abgehalten worden war, verzog ich mich Richtung Pferdestall, um meine Sozialbatterie etwas aufzuladen.
Ich lag entspannt auf Haryons Rücken und streichelte seinen Bauch, während er zufrieden frisches Gras mampfte.
,,Bei Mahal, ich weiß es wieder!", entfuhr es mir.
Ich hatte gerade darüber nachgedacht, woher ich den Namen Estel kannte. Jetzt war es schon peinlich, dass ich nicht früher darauf gekommen war. Das war nämlich eigentlich Basiswissen.
,,Er ist Aragorn!"
Als Antwort schnaubte Harry nur.
,,Wow, ich hab gerade Klein-Aragorn kennengelernt. Besser so. Er ist es wert, wegen ihm wieder lächeln zu können."

*

Legolas und ich verbrachten noch etwa eine Woche in Bruchtal, wobei ich die meiste Zeit mit Estel verbrachte. Wenn Elladan und Elrohir mal nicht hinsahen, trainierte ich ihn sogar selbst im Schwertkampf.
Die Zwillinge und Legolas hatten mich auch irgendwie überredet bekommen, mit ihnen Bogenschießen zu trainieren. Das hatte allerdings damit geendet, dass ich Leggy fast einen Pfeil ins Auge gejagt hatte, und einen der Zwillinge aus Versehen den Bogen über die Rübe gezogen hatte. Also hatten wir kollektiv entschieden, mich nicht nochmal in unmittelbare Nähe des Schützenbereiches zu lassen.

Am achtundzwanzigsten Dezember wollten wir endlich weiter. Ja, wir hatten Weihnachten hier verbracht, aber mir war kaum nach feiern, und die Elben hätten ja sowieso nicht gefeiert.
Es war zwar noch ziemlich früh am Morgen, aber wir hatten mit der ganzen Familie Elrond bereits gefrühstückt.
Von Elrond selbst hatten wir uns nach dem Frühstück schon ganz förmlich verabschiedet, aber mit den Zwillingen und Klein-Aragorn hatten wir uns ziemlich gut angefreundet, sodass die drei uns am Stall Tschüss sagen wollten.
Genau da standen wir jetzt, Sachen gepackt und mit Gurten auf den Pferderücken verschnallt, die Zügel locker über deren Hälse gelegt, sodass wir sie nicht halten mussten.
„Danke fürs fast Sterben, weil ihr mir Bogenschießen beibringen wolltet", begann ich locker.
„Wir waren uns einig, dass wir nicht mehr darüber reden", protestierte einer der Zwillinge.
Ich nickte und hätte fast gelacht. Aber so leicht war es doch nicht, nur weil ein kleines Kind mich einmal zum Lächeln gebracht hatte.
„Ihr seid cool", meinte ich einfach und führte etwas awkward den Elbengruß aus. Sie neigten respektvoll die Köpfe und taten es mir mit mehr Grazie nach, genau wie Legolas.
Dann hockte ich mich vor Estel und brachte ein weiteres Lächeln zustande.
,,Also dann, Kleiner, wir sehen uns."
Ich tippte ihm einmal auf die Stupsnase, dann bot er eine Umarmung an. Ich willigte ein.
Als ich wieder aufstand, wuschelte ich ihm nochmal durch die Haare.
Endlich stiegen wir auf die Pferde, winkten noch ein letztes Mal, und trabten an.
Während Bruchtal hinter uns immer kleiner wurde, wuchs meine Vorfreude, Bilbo und das friedliche Auenland wiederzusehen. Und diesmal musste ich lächeln, als ich die Vorfreude bemerkte. Als würde Kíli mir eine Antwort schicken, kam die Morgensonne hinter Wolken hervor und wärmte mein Gesicht.
When you see the sun, know it's me just saying hello.



*



jemand auf ner lagerfeuer party wo ich war hat n baby vogel auf der straße gefunden und mitgenommen (was man btw NICHT machen sollte weil die eltern sich oft noch drum kümmern).

ich hab mich dann um quietschbert gekümmert, hab ein ameisen genocide für ihn begangen und musste den dann mit nach hause nehmen. hat actually die nacht überlebt, aber ist heute morgen gestorben :((
rest in peace quietschbert :(

~ 💀👑

(Bearbeitet: 03.04.2023)

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