Kapitel 19 - Warge und Adler

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Wieder wurden wir zur Beute, als die heulenden Warge lauter wurden, und das restliche Stück des Hügels hinunter rannten.
Gandalfs Zauberspruch hatte meinen Rücken so weit betäubt, dass ich kein Problem mit dem Sprint hatte, und ich konnte problemlos über Wurzeln und große Steine springen, die sich in meinen Weg legten.
Außerdem hatte es die Blutung gestoppt, und ich war mir sicher, dass sich die frischen Wunden bereits in Narben verwandelt hatten, auf dem besten Weg zur Heilung.
Ich achtete wenig auf meine Mitzwerge, und war schon wieder voll auf Adrenalin. Ich spürte meine Hände und Füße kaum; ein Zeichen dafür, dass mein Körper zurück in den Überlebensmodus geschaltet hatte.
Plötzlich kroch die Dunkelheit doch sehr schnell übers Land, und als ich endlich die letzten paar Bäume vor dem Abgrund erreicht hatte, wurde mein Weg nur noch vom Mond erhellt.
Endlich holte das Wargrudel uns ein, und auch wenn nur wenige von ihnen Reiter trugen, erschwerten sie einigen von uns den Weg nach unten.
Ich war eine der wenigen, die es problemlos bis hierhin geschafft hatten.
„Rauf auf die Bäume! Alle—sofort—los—klettern!", rief Gandalf und wies einige der Zurückgebliebenen einzeln zu sich.

Ohne mein Tempo zu zügeln, hielt ich geradezu auf einen der letzten Bäume zu, vor dem praktischerweise Dwalin stand. Kurz bevor er begann, zu klettern, sah er mich kommen und verstand. Er ging in die Hocke, sodass ich mit Leichtigkeit auf seine Schultern springen konnte und mich so auf einen höheren Ast katapultierte.
Dort verkeilte ich meine Beine zwischen Ast und Baumstamm, lehnte mich hinab und fing Ori auf, der von Dwalin zu mir geworfen wurde. Ich zog ihn auf einen Ast unter mir und machte mich bereit, weiter Hilfestellung zu geben.
Dabei fiel mein Blick auf Bilbo, der Probleme damit hatte, sein kleines Schwert aus einem vergleichsweise gewaltigen Wolfskopf zu ziehen.
Fíli und Kíli zogen an ihm vorbei und nutzten genau wie ich Dwalins Schultern, um problemlos in denselben Baum zu kommen. Erst schoben sie Ori ein paar Äste höher, dann kletterte Fíli ihm hinterher und Kíli kam neben mich.
„Höher!", rief er hektisch und schubste mich weiter nach oben, wo Ori und Fíli meine Handgelenke griffen und mich zu sich auf einen Haufen dicker Äste zogen.
Kíli kam ohne Hilfe zu uns hoch, und Dwalin folgte Thorin und Balin auf deren Baum. Bombur war der vorletzte und schaffte es irgendwie an den unteren Stamm des letzten Baums, in dem bereits Gandalf, Dori, Nori, Bifur und Bofur hingen.
Zu uns kamen noch Óin und Glóin, die nicht ganz so hoch kletterten wie wir.
Nur Bilbo hatte noch immer Probleme. Inzwischen hatte er zumindest sein Schwert wieder, aber er hatte das große Klettern nicht ganz mitbekommen und stand verwirrt unter dem Schatten der Bäume.
Das Rudel kam immer näher, und bald würden sie den Hobbit erreichen.
„Bilbo! Hier!", rief ich, und bekam seine Aufmerksamkeit.
„Haltet mich", wies ich Fíli und Kíli an, wartete aber auf keine Antwort und ließ mich einfach kopfüber zu Boden stürzen, Arme voraus.
Bilbo hatte zumindest den Stamm unseres Baumes erreicht, war aber zu klein, um an die Äste zu kommen.
Kurz bevor ich auf ihn fiel, griffen die Brüder im letzten Moment meine Fußgelenke.
So hing ich kopfüber, die Hände zu Bilbo ausgestreckt, und er verstand. Hektisch steckte er sein Schwert zurück in die Scheide und hüpfte hoch. Ich bekam seine Arme zu fassen, konnte ihn aber schlecht hochziehen, so völlig ohne Halt.
„Hoch!", rief als Kommando nach oben, und kurz bevor einer der Warge Bilbos Hals durchbeißen konnte, wurden wir ruckartig hochgezogen.
Ich setzte ihn bei Óin und Glóin ab, die ihn in Empfang nahmen. Oben bei Fíli, Kíli und Ori gewann ich etwas umständlich meinen Halt wieder, und ich klammerte mich um den Stamm gleich neben mir.
Es blieb kaum Zeit zum Durchatmen, denn schon sprangen die wilden Wölfe an den Bäumen hoch, schnappten nach Füßen und knurrten zähnefletschend ihre Beute an. Jene, die in den niedrigeren Ästen hingen, hatten das Privileg, ihnen in die Schnauzen zu treten, während andere noch höher kletterten.
Mein Blick schweifte rüber zu Gandalf, der mit der Spitze seines Stabes zu flüstern schien.
Allmählich wurden die Warge aggressiver, bis sie plötzlich von uns abließen und uns den Rücken kehrten. Irgendwas hatte ihre Aufmerksamkeit erlangt; etwas, das noch wichtiger war als ihre Beute.
Ich kniff meine Augen zusammen, um in der Dunkelheit etwas erkennen zu können.
Und dann sah ich ihn; ein großer Ork auf einem weißen Warg, der bleiche Körper voll Narben, und statt dem linken Arm eine Klaue aus Metall schwingend.
Er ragte auf einem Felsvorsprung über das Rudel hinweg, das seine Befehle abwartete.
Ein Schauer lief mir über den Rücken, und ich bekam Gänsehaut am ganzen Körper. Das war das Biest, das in ein paar Monaten den großen Thorin Eichenschild erschlagen würde, sollte ich es nicht verhindern können.
Ich sah hinüber zu unserem König, der selbst in eine Schockstarre versetzt worden zu sein schien.
,,Azog", grummelte er und sein Gesicht verwandelte sich zu Eis.
Der weiße Warg knurrte, sein Reiter drehte psychopathisch den Kopf und antwortete in der Schwarzen Sprache Mordors, die ich nicht verstand.
„Das kann nicht sein", knurrte Thorin und schüttelte ungläubig den Kopf.
Azog schwang seine Keule und brüllte dunkle Befehle. Schon setzte das Rudel wieder zum Angriff an, doch sie sprangen höher und wurden kühner in ihren Versuchen. Sie zerbissen ein paar der niederen Äste, und wieder mussten die Zwerge unten in den Bäumen von ihren schweren Stiefeln und Fäusten Gebrauch machen.
Auch die Bäume litten unter dem Gewicht der Wölfe, und unserer begann langsam aber sicher, sich zu entwurzeln.
Durch den Ruck verlor ich Halt und knallte mit voller Kraft gegen Kílis Brust.
„Festhalten!", brüllte er direkt in mein Ohr.
„Schrei nicht so, das weiß ich selber!", brüllte ich zurück und klammerte mich zusätzlich mit der anderen Hand an den Ast gleich über mir.
Durch Zufall glitt mein Blick zu Bilbo, Óin und Glóin, die nicht mehr weit von Wargfutter entfernt waren. Ich rief nach dem Hobbit, und Fíli wies sie an, zu uns hochzuklettern.
Kaum waren sie bei uns angekommen, entwurzelte sich der Baum endgültig und kippte zur Seite direkt in den nächsten, in dem Thorin, Balin und Dwalin hingen.
„Springt!", brüllte Kíli, packte mich im Gewusel an der Taille und warf mich mit Leichtigkeit hinüber, bevor die Bäume ineinander krachten. Thorin und Dwalin fingen mich auf und stellten sicher, dass ich ausreichend Halt fand.
Aber es dauerte nicht lang, und schon entwurzelte dieser Baum genauso, kippte zur Klippe und krachte in das letzte Hindernis, das von Gandalf, Dori, Nori, Bifur, Bofur und Bombur belagert wurde.
Irgendwie hatte Kíli dafür gesorgt, dass ich nicht in die Tiefe stürzte; er hatte während dem Sprung kurzerhand wieder meine Taille gepackt, und so hockten wir noch immer auf einem dickeren Ast; er hatte seine Beine um den Stamm verkeilt, mit einem Arm umklammerte er einen Ast über sich und mit dem anderen hielt er mich nah bei sich. Wäre das hier keine lebensbedrohliche Situation, hätte ich das vermutlich genossen.
Ich krallte mich mit einer Hand in seinem Hemd fest und mit der anderen an demselben Ast über uns. Mit sechzehn Mann hingen wir dort im letzten Baum, der sich auch bald unter unserem Gewicht zu biegen begann.
Endlich kam Gandalf auf die glorreiche Idee, ein paar der Tannenzapfen zu nehmen, sie in Brand zu stecken und die Kampfzwerge sie auf die Warge werfen zu lassen. Sogar Bilbo machte mit, nur Kíli und ich waren zu beschäftigt damit, nicht in den Abgrund stürzen zu wollen.
Die wilden Wölfe schreckten vor den Flammen zurück, die sich schnell wie eine schützende Mauer um unseren Baum legten. Einige der Warge wurden von Fíli getroffen und ergriffen heulend die Flucht, während andere sich panisch vor der Flammenwand zu retten versuchten.
Azog schien das ganze garnicht zu gefallen; er brüllte und schwang drohend seine Keule.
Für einen Moment schienen wir zu siegen, und Jubel breitete sich unter den Zwergen aus, aber da machte der Baum einen ordentlichen Ruck Richtung Abgrund, und viele verloren wieder ihren Halt.
Unter Knarzen und Knacken sank der Stamm immer weiter, bis er waagerecht von der Klippe hing, nur noch gehalten von den letzten starken Wurzeln. Die meisten konnten sich nur mit Mühe und Not oben halten, und kaum einer hatte das Privileg, gemütlich auf dem Stamm oder Ästen sitzen zu dürfen.
Ich selbst war längst abgerutscht und klammerte mich mit letzter Kraft um den Ast, auf dem Kíli lag. Meine Beine baumelten in den Abgrund, und die Kraft in meinen Armen ließ allmählich nach.
„Oh Gott, ich sterbe", wimmerte ich, als meine Hände immer mehr abrutschten. Endlich verlor ich völlig meinen Halt, und im letzten Moment griff Kíli meine Arme; er war das einzige, das mich jetzt noch vor dem Sturz bewahrte. Ach, diese schönen zweideutigen Analogien.

Natürlich konnte ich nicht sehen, was oben vor sich ging, aber der Geräuschkulisse nach zu urteilen erhob sich Thorin ganz episch und rannte mit Kampfschreien in seine ganz eigene Nahtoderfahrung.
Verzweiflung stand mir ins Gesicht geschrieben, und ich konnte nur hinauf in Kílis schönes Gesicht sehen, zumindest ein Stückchen Wärme an diesem stressigen Tag voll Leuten, die uns umbringen wollten. Aber ich merkte, wie auch er langsam seinen Halt verlor, und mit dem Oberkörper rutschte er immer weiter nach vorn.
Der durchdringende Schrei von Balin („Nein!") verriet, dass Thorin wohl gerade zum Kauspielzeug für blutrünstige Wölfe geworden war, und aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie Bilbo sich aufrappelte.
Gern wäre ich ihm gefolgt und hätte für Thorin gekämpft, aber das war in unserer Position wohl kaum möglich.
Einige der Zwerge konnten sich tatsächlich noch
aufrappeln, um ihrem König und Meisterdieb zur Hilfe zu eilen, während Kíli endgültig seinen Halt verlor. Langsam rutschte sein Oberkörper vom Ast hinunter in die Tiefe, und ich sah die pure Panik in seinem Blick.
Schon glitt er über die Kante, und wir stürzten Hand in Hand in den tiefen Abgrund. Der Wind fuhr durch meine Haare und gefror meine Adern, mein Bauch kribbelte wie verrückt und wir beide schrieen um unser Leben.
Der Boden kam immer näher, und ich verlor schon den Glauben an die Adler, als ich endlich den erlösenden Schrei der großen Vögel hörte.
Ich wagte einen Blick nach oben; inzwischen hatten wir eine gewisse Entfernung erreicht, aber noch immer konnte man die majestätischen Tiere erkennen, die sich hinein in die Flammen stürzten.
Dann landete ich plötzlich auf weichen Federn und wurde sanft gegen Kílis Brust gedrückt.
,,Whoa", entfuhr es mir. Ich atmete ein paar Mal tief durch und erlaubte mir, endlich zu entspannen.
„Alles klar bei dir?" Ich drehte meinen Kopf zu Kíli, der staunend die Landschaft unter uns betrachtete. Er nickte abwesend und zog besorgt seine Augenbrauen zusammen, als er zurück zur Klippe sah. Dort hatte einer der Adler den bewusstlosen Thorin in die Krallen genommen, und sah dabei genauso majestätisch aus wie unser ehrenwerte König.

*

soooo... i saw black widow. es war.. etwas. also richtig guter film, nur man heult halt a bissl. und ich geh doch heute schon wieder ins kino hehe 👀

~💀👑

(Bearbeitet: 12.11.2020/03.10.2023)

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