No Witchy Business

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Schule war für mich immer ein Horror gewesen.

Nicht, dass ich besonders viel Zeit in der Schule verbracht hätte. Wer als Teenager im Pflegesystem von Familie zu Familie in unterschiedlichen Bundesstaaten durch die Gegend gereicht wurde, hatte in der Regel nicht besonders viel vom Schulalltag mitbekommen. Niemandem war es aufgefallen wenn man gefehlt hatte und in der Regel hatte es auch nie jemanden interessiert.

Ich weiß noch, dass ich in den ersten Jahren tatsächlich versucht hatte "aus der Situation das Beste zu machen" und mich mit meinen Mitschülern anzufreunden und Aufgaben nachzuarbeiten, doch über die Jahre, so traurig es auch war, stumpfte man einfach nur noch ab. Nach meiner Flucht aus dem Pflegesystem hatte Tom so ziemlich als einziger einen gewissen Wert auf meine Bildung gelegt, doch das war eine andere Geschichte.

Warum mir in diesem Moment meine geringe Schulbildung in den Kopf kam, war Megs.

Nicht, weil ich das Gefühl hatte ihr unterlegen zu sein oder sie Schule zur Sprache gebracht hatte. Sondern weil sie seit guten 20 Minuten auf mich einbrabbelte wie ein Wasserfall und mich mit Legenden und Theorien über Götter, Geister und Fabelwesen zutextete, dass ich mir wünschte meine Ohren könnten abfallen. Wie konnte man diese Art von Folter Tag für Tag den Kindern des ganzen Landes antun? Er war furchtbar!

Wir waren noch immer in meinem Auto gefangen auf der Rückfahrt und dann und wann, wenn ihre Äußerungen besonders absurd und verdreht wurden, spielte ich mit dem Gedanken einfach rechts ran zu fahren und sie in der Wildnis auszusetzen.

Nur ein kleiner, wirklich winziger Teil meiner selbst hielt mich davor zurück. Aus einem einfachen Grund. Was wäre wenn. Was wäre wenn sie recht hatte? Wenn auch nur ein Bruchteil der Dinge, die sich in ihrem, unter ihren wirren Haaren versteckendem Gehirn ausgedachten Geschichten der Wahrheit entsprachen.

Tatsache war, die letzten Tage waren verrückt.

Und hätte ich nach meiner ersten Begegnung mit Eric in New York irgendwem die Wahrheit erzählt, wäre ich wahrscheinlich auch mit einer der schönen, hinten zu verschließenden weißen Jacken weggesperrt worden.

Also hörte ich ihr weiter zähneknirschend zu und ließ sie neben mir im Auto sitzen. Sie brabbelte weiter. Und weiter. Und weiter.
Ich schaltete auf Durchzug.
Dann und wann schnappte ich Worte oder Satzfetzen auf.

'Gestaltwandeler', 'Wikingergott' (warum ich ausgerechnet dieses Wort gehört hatte, war mir leider zu bewusst), 'magische Verbindung der Ungnade', 'Wahnsinn..."

Endlich zu Hause angekommen ging ich geradewegs von meinem Auto, ins Haus, zu meinem Alkoholschrank. Megs folgte mit wie ein treuer Hund ohne in ihrem Redefluss gestört zu werden und hielt mir eines meiner Gläser unter die Nase mit der wortlosen Aufforderung ihr ebenfalls einzuschenken. Bourbon war leer, deshalb musste der Wodka ausreichen.

Ich tat wie gewünscht und leerte mein Glas in einem Zug, sodass ich mir gleich noch einmal einschenken konnte. Das altbekannte brennen beruhigte mich ein wenig.

"...aber ich muss schon sagen, ihr zwei seid ziemlich intense. Alleine deswegen bin ich mir sicher, dass an der Geschichte etwas dran sein muss... Und du bist sicher, dass du nicht schon früher mal einen Vampir in Brand gesteckt hast..."

"Mit meinen Gedanken? Nein!" Mit einem Feuerzeug wiederum...

Ich schüttelte meinen Kopf in der Erinnerung an den Geruch des verbrennenden Fleisches und nahm einen weiteren großen Schluck. Tief in meinem Gehirn registrierte ein Teil, dass ich eindeutig zu viel trank in den letzten Tagen und Wochen, doch auch dieser Teil ließ sich mit einem weiterem Schluck ziemlich schnell ruhig stellen.

The Guilty Ones // 2Where stories live. Discover now