Smoke and Mirrors

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Kennt ihr das Gefühl, wenn die Zeit stehen bleibt? Und ich meine nicht "Oh-mein-Gott-die-letzte-Physikstunde-war-so-langweilig-ich-schwöre-euch-die-Zeit-ist-stehen-geblieben" Art von Zeit stehen bleibt. Ich meine auch nicht die Kitschige "Mir-ihm-bleibt-die-Zeit-stehen" Art.

Tatsächlich rede ich von der Art, wo man in einer unglaublich gefährlichen Situation ist und man dank den gefühlten 100 Tonnen Adrenalin auf einmal alles in Zeitlupe sieht. Alles war gestochen scharf und passierte überschaubar und langsam und man wunderte sich, warum niemand in der Lage war, sich schneller zu bewegen.

Das Blut, welches in Wahrheit fast Lichtgeschwindigkeit angenommen hatte, pulsierte für den Moment nur noch langsam und träge und die nun wahrgenommenen Erinnerungen brennen sich auf Ewig ins Gehirn.

Und dennoch, obwohl mir gefühlt alle Zeit der Welt blieben, konnte ich nichts tun.

Ich sah aus dem Augenwinkel, wie die Fahrstuhltür sich öffnete. Der Fahrstuhlspiegel, welcher der Tür gegenüber angebracht gab mir den Blick auf eine scharze Lederjacke über einer wohldefinierten Brust mit einem beinahe schon lachhaft weit ausgeschnittenem Tanktop in der gleichen Farbe frei. Das Glas war durch in vorangegangen Kampf blutverschmiert und schmutzig, sodass ich das Gesicht nicht sehen konnte.

Ihn würde ich nicht von der Bettkante stoßen, schoss es mir komplett Absurderweise durch den Kopf und ich musste mit aller Kraft ein hysterisches Kichern unterdrücken. Jetzt war nicht die Zeit, um in einem Schock zu verfallen.

Der Mann schaute hinunter zu Toms Leiche. Einer seiner Füße steckte in der Tür und hinderte sie am schließen. Er trat dagegen und Toms Schuh fiel ab. Wut kochte in mir hoch. Am liebsten wäre ich aus meiner Ecke gesprungen und hätte ihm die Leviten gelesen, doch anscheinend war ich noch geistesgegenwärtig genug um mich Intelligenterweise zurück zu halten.

"Da hast du mir ja ganz schöne Schwierigkeiten eingebracht!"

Die Stimme, welche dem vorangegangem Gespräch wohl zu "Eric" gehören musste, durchschnitt die Luft schärfer als ein Messer.

Ich wollte mich schon auf den Boden werfen und um mein Leben betteln, als mir bewusst wurde, dass er nicht mit mir, sondern der Leiche redete.

"Bin mir nicht sicher, ob es den Aufwand wert war..."

Er strich sich geistesabwesend durch seine, wie ich von hier halbwegs ausmachen konnte, schulterlangen Haare.

Dann fluchte er... Auf... Schwedisch?

"Mammaknullare, ist da Blut IN MEINEM HAAR!"

Es folgten ein paar weitere Schimpftiraden, die so einfallsreich waren, dass ich nicht mal ansatzweise verstehen konnte, was alles gemeint war, ehe er zischte und gegen die Tür trat...

...die dann nachgab.

Die dann nachgab?

Ich spürte förmlich, wie meine Augen so groß wurden, dass sie mir bestimmt aus dem Kopf hätten fallen können. Was für einem aufgepumpten verrückten war ich hier begegnet. Der war doch bestimmt auf Drogen!

Und viel schlimmer, er war nun endgültig auf dem Weg in den Fahrstuhl.

Ich hielt die Luft an und versuchte mich so klein wie möglich zu machen. Mich nicht zu bewegen. Mich unsichtbar zu machen. Erics breiter Rücken türmte sich vor mir auf, als er sich unerwartet nach unten bückte und nach Tom Griff und ihn hochhob als wöge er nicht mehr als ein Kind. Sein Kopf rollte leblos nach hinten und seine Organe schienen seinen Körper verlassen zu wollen, was mir ein verdammtes Keuchen entlockte.

Augenblicklich wirbelte der Mann herum und verteilte Blut und weitere Dinge die Toms Körper verließen und über die ich nicht weiter nachdenken wollte, im Fahrstuhl.

The Guilty Ones // 2Where stories live. Discover now