Stumm sitzen wir im Wohnzimmer und versuchen, den Blicken meiner Eltern standzuhalten. Mit verschränkten Armen sitzt mein Vater auf dem Sessel, in dem er dank seiner Haltung aussieht wie ein König. Meine Mutter hat ihre bedrohliche Geschäftsmiene aufgesetzt, bei der niemand es wagt, ihr zu widersprechen und sitzt halb auf der Armlehne des Sessels. Zusammen sehen sie aus wie ein eingeschworenes Team, dass bereit ist für einen Kampf gegen einen Feind. Ihre Blicke ruhen auf Nik, der versucht, seine Haltung zu bewahren und es wagt, sie ebenso anzustarren. Er zeigt ihnen ganz offen seine Stärke, wobei ich schlecht einschätzen kann, ob das zu seinem Vorteil ist oder nicht. Meine Eltern lassen gerne die Alphatiere heraushängen, um zu testen, ob ihr gegenüber Ihnen gewachsen ist. Das hier ist gleichzeitig eine Art Test, ob Nik ihnen ebenbürtig sein kann, allerdings muss er aufpassen, dass er nicht abfällig wird. Ich fühle mich neben Nik auf der Couch so klein und schwach. Verdammt ängstlich nicht zu vergessen.
„Ich schätze Ihren Vater sehr", durchbricht mein Vater irgendwann die Stille und lässt mich damit vor Schreck zusammenfahren. Ich habe mich so an das Schweigen gewöhnt.
„Wir sind seit sehr vielen Jahren miteinander befreundet und er hat mir immer viel von seinem Sohn erzählt. Er war sehr stolz, als Sie Ihr Studium begonnen haben und auch aus seinen anderen Erzählungen habe ich immer entnommen, dass Sie wohl ein ganz anständiger Kerl sind. Allerdings hat er mir auch von Ihren Partybesuchen erzählt und wie es zwischen Ihnen und den Frauen aussieht, weil wir sehr gute Freunde sind. Sie können bestimmt verstehen, dass ich diesen Punkt an Ihnen sehr abschreckend fand, wenn man bedenkt, dass Sie mit einem Mal mit meiner Tochter zusammen sein wollen", stellt mein Vater klar, in einem Ton, der mir nicht gerade Mut macht.
„Papa, das ist alles...", versuche ich Nik zu verteidigen, doch da unterbricht mich meine Mutter.
„Ich denke, dein Freund ist sehr gut in der Lage, für sich selbst zu sprechen", weist sie mich zu Recht.
„Ich kann mir vorstellen, was sie über mich denken müssen, so ging es Ihrer Tochter anfangs auch und so würde es mir an Ihrer Stelle auch gehen. Ich gebe zu, dass ich nicht gerade die Art Mann war, mit der man seine Tochter gern zusammen sieht, aber was ich in der Vergangenheit getan habe oder wer ich war, heißt nicht, dass das heute nicht anders sein kann, dass sich ein Mensch nicht ändern kann. Wie mein Verhältnis zu Frauen war, hatte nur den Grund, dass es niemanden gab, mit dem ich mir mehr hätte vorstellen können, ich war einfach noch nie verliebt. Bei Vic ist das etwas ganz anderes, ich liebe sie, von ganzem Herzen und Liebe ist doch etwas, was sich keiner aussuchen kann, also können sie uns beiden kaum einen Vorwurf machen. Ich weiß, dass es Ihnen vermutlich nicht genügend Sicherheit gibt, wenn ich Ihnen versichere, dass ich eine ehrliche Beziehung mit Vic führen möchte. Doch letztendlich, damit will ich Ihnen nicht zu nahe treten, ist es ihre Entscheidung, ob sie mir vertraut und ob sie sich auf mich einlassen will. Ich kann Ihnen nur versprechen, dass ich es absolut ehrlich meine und nicht vorhabe, ihr das Herz zu brechen."
Ich glaube, mir kommen gleich wieder die Tränen. Er hat so offen zu meinen Eltern gesprochen und völlig ohne Angst davor, dass er etwas Falsches sagen könnte, dass es uns alle verblüfft. Auch wenn sie es sich nicht ansehen lassen, weiß ich trotzdem, dass er damit ihren Respekt gewonnen hat und das ist schon mal so viel wert. Für meine Eltern ist solch eine Stärke, wie Nik sie gezeigt hat, von großer Bedeutung. Er hat sich nicht unterbuttern lassen, egal wie doll sie die Chefs raushängen lassen haben. Und noch dazu hat er gerade wirklich gesagt, dass er mich liebt, einfach so, vor meinen Eltern! Wären wir allein, würde ich ihm sofort um den Hals fallen. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ihm diese Worte einfach so über die Lippen kommen, vor allem nicht schon so bald. Über beide Ohren lächelnd nehme ich Niks Hand in meine und drücke sie, um ihm zu zeigen, dass er alles richtig gemacht hat.
„Wir geben zu, dass wir wirklich manchmal an ihren Absichten zweifeln, aber jemand, der den Mut hat, so offen zu sprechen und zuzugeben, was wir ihm vorwerfen, könnte durchaus die Wahrheit sagen. Sie haben Recht damit, dass es in erster Linie in den Händen unserer Tochter liegt und das haben wir zu respektieren", antwortet mein Vater und übergibt das Wort an meine Mutter.
„Wir wissen es zu schätzen, dass Sie überhaupt herkommen wollten, um sich uns vorzustellen, was sehr für Sie spricht. Ich will ehrlich sein, wir haben weder von Ihnen erwartet, dass sie es ernst genug mit unserer Tochter meinen, als dass wir sie jemals zu Gesicht bekommen, noch haben wir erwartet, dass sie Victoria wirklich lieben würden, doch sie haben uns das Gegenteil bewiesen. Das war sehr mutig. Ganz davon abgesehen, dass wir sowieso keine andere Wahl haben, wollen wir Ihnen trotzdem eine Chance geben, wenn Victoria das auch geschafft hat." Diese Worte aus dem Mund meiner Mutter, scheinen viel zu schön, als dass sie sie wirklich gesagt haben kann. Ich muss wohl träumen, aber ich habe gewusst, dass Nik sie beeindrucken könnte.
„Versau es nicht, Nik. Wir können doch jetzt zum Du übergehen, oder?", schlägt ihm meine Mutter mit ausgestreckter Hand vor, die er sofort ergreift und ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken kann. Ist das noch die gleiche Person wie vor ein paar Wochen?
„Willkommen in der Familie", begrüßt ihn auch mein Vater .  Das alles hier ist viel zu schön, um wahr zu sein.
„Ich liebe dich auch", flüstere ich Nik ins Ohr und ich merke, wie er sich das Grinsen verkneifen muss.

Diabolic Love Where stories live. Discover now