Kapitel 11

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Am nächsten Tag in der Schule erzählte ich Claire von meinen Beobachtungen. Mir war immer noch nicht klar warum er das tat, obwohl ich sehr lange darüber nachgedacht hatte. "Vielleicht braucht er Geld.", meinte Claire, "Hat er dir denn Mal irgendwas von seinen Problemen erzählt?"
Ja, das hat er, aber ich hatte ihm versprochen keinem etwas davon zu erzählen. "Nein, hat er nicht.", antwortete ich ihr und fühlte mich schlecht dabei sie anzulügen. "Hmm dann fällt mir auch nichts mehr dazu ein. Aber er wird schon seine Gründe dafür haben", die Blondine zuckte mit ihren Schultern und trank ihren Smoothie.

"Ich habe ihn heute auch noch kein einziges Mal gesehen.", stellte ich fest und sah mich in der Cafeteria um. "Wenn man von Teufel spricht.", fügte Claire dem Gespräch hinzu und deutete mit ihren Augen hinter mich. Unauffällig drehte ich mich um und sah Jason. Er hatte einen grauen Hoodie an und trug die Kapuze über seinen Kopf. Außerdem konnte ich darunter eine schwarze Cap entdecken. Er sah ziemlich fertig aus. "Er verschleiert seine Verletzungen.", da hatte Claire wohl recht.

Jason ging auf Maik zu und begrüßte ihn mit einem Handschlag. Das blaue Auge wollte Maik wohl nicht verstecken und lief ganz stolz damit herum. Er galt als die rechte Hand von Jason. Sie waren wie Brüder. Wer sich mit Maik anlegte, legte sich mit Jason an und umgekehrt. Maik war immer top gestylt und legte viel wert auf sein Aussehen. Außerdem hatte er Tattoos, so wie Jason.

Ich beobachtete Jason weiter und studierte sein Verhalten. Als er in meine Richtung sah, schaute ich nicht weg, sondern schaute ihn gerade mit Absicht weiter an. Er wendete beschämt seinen Blick ab und verschwand mit seiner Clique aus der Cafeteria. Ich konnte nicht einfach hier sitzen und nichts tun, deshalb stand ich auf und ging ihm hinterher. "Jason!", sagte ich und hoffte, dass er stehen bleiben würde. Er tat es aber nicht und ging ohne sich nur einmal umzudrehen weiter.

"Hallo Alice.", mein Vater öffnete die Wohnungstür und grinste mich an. "Hallo Dad", erwiderte ich und umarmte ihn. "Wie war die Schule?", wie sehr ich es hasste, wenn man das fragte. "So wie Schule eben ist.", antwortete ich und zog meine Schuhe aus. "Und wie war dein Arbeitstag?", wollte ich von meinem Vater wissen. "Gut das du fragst ... ich wurde befördert!", er freute sich und lachte über beide Ohren. "Glückwunsch!", ich hob meine Arme und freute mich mit ihm. "Danke, ich muss aber auch schon wieder los. Also bis später.", er verließ die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Viel Zeit hatte er nicht für mich, aber ich konnte es ihm nicht übel nehmen. Er war nach New York gezogen um Karriere zu machen und diese verfolgte er jetzt.

In der Küche schnappte ich mir einen Apfel und verschwand dann in meinem Zimmer. Die Jeanshose wechselte ich zu einer Jogginghose, die offenen Haare band ich zusammen und ich schmiss mich in mein kuscheliges Bett. Während ich mein Handy checkte, fragte ich mich ob ich Jason darauf ansprechen sollte oder nicht. Eigentlich war es seine Sache, ob er an illegalen Straßenkämpfen teilnahm und sich dabei umbringen könnte. Es sollte mir egal sein, aber es war mir nicht egal. Ich glaubte daran, dass Jason ein guter Mensch war, der es verdiente gut behandelt zu werden. Auch wenn er ein Arschloch war.

Das Klingeln an der Wohnungstür, riss mich aus meinen Gedanken. Ich hob die weiße Decke hoch und setzte meine Füße auf den kalten Boden. Kurz zog ich mir noch meine pinken Hausschuhe an und begab mich dann zur Tür. Als ich sie öffnete, stand Jason ohne Oberteil vor mir. "Darf ich bitte rein kommen?", fragte er hektisch und wirkte nervös. Sein Körper war mit blauen Flecken übersät und von sein Gesicht lief Blut nach unten. Er schaute andauern den Hausflur entlang. "Ja, komm rein.", ich gewährte ihm Einlass, da ich sowieso mit ihm sprechen wollte. "Danke.", sagte er schnell und schloss die Tür hinter sich. Ich verstand nichts mehr und runzelte meine Stirn. "Was ist los?!", hackte ich nach und atmete laut aus. Im selben Moment klingelte es Sturm an meiner Tür. "Ich bin nicht hier!", sagte Jason schnell und versteckte sich hinter einem Schrank.

Ich öffnete die Tür und sah zwei Polizisten in blauer Uniform vor mir stehen. "Guten Abend, haben Sie einen jungen Mann hier gesehen? Er hat kein Oberteil an und trägt eine dunkle Jeans mit Löchern darin.", einer der Polizisten stellte mir die Frage, während der andere in die Wohnung schaute. "Nein, ich habe niemanden gesehen. Ich bin vor 5 Minuten erst nach Hause gekommen und wollte gerade ein Bad nehmen.", log ich den Polizisten an und senkte kurz meinen Blick. Mein Puls stieg drastisch und ich spürte, wie schnell mein Herz pochte. Ich sah einen Blut Fleck auf dem Boden und stieg schnell darauf, sodas die beiden es nicht sehen konnten. "Okay, entschuldigen Sie für die Störung und einen schönen Abend noch.", meinte der Polizist und wirkte dabei misstrauisch. "Danke, gleichfalls.", erwiderte ich schnell und schloss dann die Tür.

"Was zum Teufel war das denn?", fragte ich Jason wütend. "Danke, dass du für mich gelogen hast.", Jason kam aus seinem Versteck und erst jetzt konnte ich das volle Ausmaß seiner Verletzungen sehen. "Wie siehst du denn aus?", bohrte ich nach. Ich wusste ganz genau, weshalb er so aussah. Jason senkte seinen Blick und zischte. "I..Ich kann es dir nicht erzählen.", ich sah zum ersten Mal, dass Jason nervös war. "Du kannst es mir nicht erzählen?! Aber du bringst mich dazu die Polizei anzulügen?!", Zorn machte sich in mir breit, aber auch Trauer. Jason sagte nichts dazu und hielt seinen Kopf gesenkt.

"Komm mit.", forderte ich ihn auf und brachte ihn ins Badezimmer, "Setz dich auf den Rand der Badewanne." Jason folgte meinen Befehl und setzte sich. Ich holte aus dem Badezimmerschrank das Verbandszeug raus und stellte mich vor ihn. Mit einem feuchten Waschlappen säuberte ich vorsichtig sein Gesicht von dem Blut.
"Du stehst das schon durch, Sam.", sagte ich und schaute konzentriert auf seine Wunden.
"Ich bin nicht Sam.", schilderte Jason mit zurückhaltender Stimme. Erst jetzt realisierte ich es und schaute Jason in die Augen. "Sorry, d...die Wunden haben mich an Sam erinnern.", erklärte ich und senkte meinen Blick.
"Willst du mir davon erzählen?", Jason klang besorgt und legte seine Hand auf meinen Oberarm. Eigentlich wollte ich es keinem erzählen, aber wenn ich es jetzt nicht erzählte, würde ich platzen. "Ich erzähle es dir, aber du musst schwören es keinem zu erzählen.", setzte ich voraus und sah ihn ernst an. "Ich schwöre auf das Grab meiner Mutter."

You're my bright light in the darkness Where stories live. Discover now