Kapitel 19.

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I Audrey

Seine Hände fahren über meinen nackten Körper, sein Atem ist heiß an meinem Hals. Das Wasser prasselt auf uns nieder und ich wünsche mir, ich würde einfach ertrinken. Aber es passiert nicht. Stattdessen spüre ich nur, wie er mich gegen die kalten Fliesen drückt und mich berührt. "Hast Du keinen Spaß, Liebes?" fragt er mich, während er an meinem Ohr knabbert. Ich bleibe stumm. "Du bist so hübsch, meine Jungs sind alle neidisch darauf, dass ich so eine heiße Braut habe", er lacht. Er stöhnt.

Ich habe Männer noch nie attraktiv gefunden, also, sie sind ganz nett anzusehen aber mehr muss ich mit Ihnen eigentlich auch nicht erleben. Und doch hab ich schon mehr als einmal "mit" Derek geschlafen. Von Liebe kann man hier nicht reden, sondern nur von Machtspielen auf dem College. Und doch ist er das perfekte Alibi für meine Eltern, denn ansich ist er ein lieber Kerl. Nur hier und dort etwas vom Weg abgekommen, hier und dort hat er ein bisschen zu viel Spaß für meinen Geschmack, hier und dort ist er eben einfach nicht mein Geschmack. Das Einzige, was mich bei ihm hält, ist unbegründete Angst. Angst, dann alleine im College zu stehen, Angst, mich outen zu müssen. Angst, die falsche Tochter zu sein.

Und auf der anderen Seite ist da so viel Hoffnung, seit ich Florence kennengelernt habe. So viel Mut. Und noch viel mehr Liebe. Doch, wie um alles in der Welt, soll ich das hinbiegen? Immer mehr beschleicht mich das Gefühl, dass ich eigentlich gar nichts über Florence weiß und gleichzeitig doch so viel.

; Florence

Und wieder schlafe ich schlecht. Wälze mich im Bett hin und her. Finde kein passendes Lied, skippe jedes, nur um doch wieder zurückzugehen. Seit ich Audrey geschrieben hatte und losgefahren bin, habe ich keine Antwort von ihr bekommen. Kein Lebenszeichen. Ich hatte meine Zweifel nicht an sie niedergeschrieben, aber langsam fängt es an, mich aufzufressen. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein und ich mache mich wegen nichts verrückt, aber es würde passen. Ihre abweisende Art und dass das Wasser noch lief. Der Geruch. All das macht mich stutzig. Ich greife nach meinem Handy, die Displayhelligkeit blendet mich.

: Hast Du mir irgendwas zu sagen?  Vielleicht, warum Du mir erzählst, Du willst Dein Leben mit mir teilen und nicht mal zehn Minuten später mit einem Typen unter der Dusche stehst? Willst Du dich lustig machen über mich, wie naiv ich bin? Dann sag's, dann kann ich Dir noch ein bisschen Material liefern. Florence.

Abgeschickt. Mein Herz schlägt laut. Meine Fingernägel bohren sich in meinen Unterarm. Ich bin wieder auf jemanden reingefallen, wieder den gleichen Fehler gemacht. Ich will schreien. Habe ich gesagt, heute war kein guter Tag? Heute ist wirklich kein guter Tag. Und auch keine gute Nacht. Ich mache das Licht an und steige aus dem Bett, meine Füße berühren den Teppich vor meinem Bett. Ein mir sonst so willkommenes Gefühl und jetzt hätte ich nicht mal ein Problem damit, würde der Teppich aus Glasscherben bestehen. Ich stehe auf, drücke meinen Rücken durch und gehe in die Küche. Das Licht vom Kühlschrank blendet mich mindestens genauso, wie mein Handy vorhin. Rum. Ich greife die Flasche, die Kälte zieht durch meine Finger. Die Flüssigkeit brennt sich in meine Kehle, es ist absolut widerlich, aber es soll nicht schmecken. Es soll betäuben. Ich setze nochmal an, nehme einen Schluck. Was habe ich heute eigentlich gegessen?  Noch ein Schluck. Ich wünschte, ich könnte nicht lieben.

Ich nehme mir meine Zigaretten aus der Jackentasche, setze mich auf die Veranda. Der Rum steht neben mir, mein Handy liegt oben. Eine Zigarette, noch ein Schluck. Immer und immer wieder. Verliere mich in der Dunkelheit, verliere mich in mir selbst. Ich will, dass sie mich umarmt.

I Audrey

Wir hatten uns abgetrocknet, er hat mir noch etwas über seinen Tag erzählt, wollte mich zu einer Party mitschleppen und ist dann beleidigt abgezogen, als ich gesagt habe, dass ich nicht mitkommen will - Kopfschmerzen. Wie immer. Ich sitze in einer Decke eingemurmelt auf der Couch und starre auf den Fernseher, während ich darüber nachdenke, wie ich das mit Derek möglichst schnell beenden kann, ohne wie ein Miststück im ganzen College dazustehen. Immerhin ist Derek der Kopf des Sportteams. Und man könnte meinen, im College sei man erwachsen genug, um über sowas zu stehen. Aber das sind die meisten scheinbar nicht. Ich hatte versucht, Olivia zu erreichen, aber sie ist nicht rangegangen. Und jetzt fühle ich mich wie in einem schlechten Teenagerdrama.

Ich zucke zusammen, als mein Handy vibriert. Mir huscht ein Lächeln übers Gesicht, vielleicht ist es Florence. Ich greife so schnell danach, dass der Bildschirm noch in der Vorschau ist. Zwei Nachrichten von Florence. Eine von vorhin, eine von gerade eben. Und noch während ich nur drüber lese, zieht sich mein Magen zusammen. Ich öffne die zweite Nachricht und während ich sie lese, wird mir übel. Ja, natürlich, sie musste Derek im Flur begegnet sein. Ich weiß nicht, wie sie darauf kommt, aber irgendwas muss sie wissen. Oder ahnen. Ich bin nervös. Mir ist bewusst, wie zerbrechlich Florence ist und sie hat wohl nichts als die Wahrheit verdient. Und da fällt mir wieder auf, wie wenig ich sie kenne, aber wie wichtig es mir ist, dass es ihr gut geht. Ich hoffe nur, dass sie wütend ist. Nichts anderes. Ich springe von der Couch auf, ziehe mich hastig an, nehme meine Autoschlüssel und während ich hinunterlaufe, tippe ich noch schnell eine Nachricht.

: Flo. Liebes. Lass uns reden, okay? Ich bin gleich bei Dir, ich will das nicht übers Telefon machen. Lass uns reden. Du bist mir wichtig, ich fahre jetzt los.

Die Straßen wirken wie leergefegt, ich fahre so schnell ich kann. Mir geht nichts durch den Kopf, nur, dass ich sie sehen will. Spüren will. Denn das könnte auch ich nach diesem Tag gebrauchen. Als ich mich ihrem Haus nähere, sehe ich ihre zierliche Gestalt gerade in das Auto einsteigen. Ich kann nicht hupen, da das nur alle aufwecken würde. Ich angele mein Handy aus der Handtasche und rufe sie an, nichts passiert. Ihre Rücklichter leuchten auf und sie fährt. Als ich ihr hinterherfahre, werfe ich einen Blick in Richtung Haus. Nur das Licht auf der Veranda brennt. Fuck! 

Die fast leere Alkoholflasche ist nicht zu übersehen.

Something Good. II girlxgirlWhere stories live. Discover now