Kapitel 8.

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Drinnen war die Luft stickiger als draußen - wer hätte es gedacht -, weswegen wir oft die Orte wechselten. Trotz allem war es die letzten Stunden sehr ausgelassen und lustig gewesen. Leroy und Chloé tranken immer recht gut, aber immer noch so, dass sie vollkommen erträglich waren und ich war froh, hergekommen zu sein. Jedenfalls dachte ich das bis jetzt. 23:47 Uhr. Und Chloé und Leroy waren seit einer guten halben Stunde verschwunden, während ich an der Bar sitze und die Eiswürfel in meinem Wasser umher schiebe. Theoretisch könnte ich jetzt einfach nachhause fahren, aber so richtig Lust habe ich auch nicht, schon um 0 Uhr abzuhauen. Außerdem wäre es mir lieber, wenn ich Leroy und Chloé in einem Rutsch mitnehmen kann und nachher nicht nochmal losfahren muss. Give Me A Try von The Wombats. Einer meiner Lieblingssongs zurzeit, die stetig wechseln. Ich wippe leicht mit dem Fuß mit, während die Eiswürfel, beschleunigt durch die Hitze um mich herum, davonschmelzen. Just give me a try, just give me a try [...].

"Na, Hübsche.", eine männliche Stimme schleicht sich an mein Ohr und ich vernehme den Geruch von genügend Alkohol in seinem Atem. Ich verdrehe genervt die Augen und wende mich, um dem Gegenüber von mir, klar zu machen, dass ich nicht interessiert bin. Mich blitzen zwei stahlblaue Augen an - Augustus. "Augustus...", sage ich seufzend, "hast Du es immer noch nicht verstanden?". Sein Lächeln ebbt nicht ab und er rückt ein Stück näher. "Du bist betrunken.", schreie ich ihn an. Augustus, es ist lange her, aber ich hatte mal was mit ihm. Irgendwann, als ich 13 Jahre war, haben wir uns auf dem Schulhof mal geküsst - ich habe es mehr als alles andere bereut und warum das so kam, weiß ich auch nicht mehr. Jedenfalls scheint er immer noch was darauf zu geben, findet mich nach seinen Aussagen ziemlich geil und versteht nicht, dass ich erstens auf Frauen stehe und zweitens, erst recht nicht an ihm interessiert wäre. "Komm schon, Süße.", seine Stimme klingt schleimig in meinen Ohren und der penetrante Atem mit einer Mischung aus Mundgeruch und Alkohol bringt mich zum Würgen. Ich bin nicht unbedingt gut, solche Situationen zu meistern. Seine Hand legt sich auf meinen Oberschenkel, ich verkrampfe schlagartig. "Lass das!", zische ich ihn an - er grinst mich vielversprechend an, "Dir gefällt es doch auch". Bemüht versuche ich, den aufsteigenden Würgereiz zu unterdrücken. "Nein.", verbissen hoffe ich, dass sich meine Stimme in seinen Kopf brennt, aber seine Hand wandert etwas höher. "Komm schon", säuselt er mich an und ich kann das Gesicht von ihm aus viel zu naher Nähe betrachten. Reflexartig kann ich meinen Körper wieder bewegen, knalle ihm eine, stoße versehntlich das Wasserglas von der Theke und als ich zur Toilette renne, höre ich die Eiswürfel noch über den Boden kullern. Die Beine angezogen sitze ich zitternd auf der Toilette und bemühe mich, meinen Puls zu beruhigen. Lachend kommt ein Pärchen reingestürmt, sie hören auf, sich zu küssen, als sie mich sehen. Gerade als sie wieder aus der Tür treten wollen, springe ich auf und bitte, dass sie reinkommen - ich würde wieder rausgehen. Sie lächeln, der Junge boxt mir auf die Schulter und ich spüre, wie hinter mir die Badezimmertür zuknallt.

Meine Hände zittern noch immer und ich suche von Panik erfüllt die Menge nach Augustus ab - ich sehe ihn nicht. Sekunden später wird mir eine halbvolle Vodka-Flasche vor die Nase gehalten, "Willst Du?" schreit mich irgendwer Fremdes an. Das Zeug brennt widerlich in meinem Hals, vor allem, wenn ich das Gefühl habe, weinen zu müssen. Ich nehme zwei große Schlucke, verziehe das Gesicht und gebe ihm die Flasche zurück - Jubelschreie dringen an mein Ohr, die sich kurz darauf entfernen. Ich weiß, dass es die falsche Entscheidung war - aber fahren kann ich jetzt mit Sicherheit nicht mehr und warum sollte ich es dann lassen? Die Autoschlüssel aus meiner Tasche kramend gehe ich zum Auto, nehme meine Zigarettenschachtel und die Flasche Vodka, die ich vorhin im Auto liegen lassen musste, weil ich sie nicht mehr tragen konnte. Drinnen kämpfe ich mich durch die Menge in eine recht stille Ecke und setze mich auf einen Sessel, der dort steht. Der Rauch in meinen Lungen fühlt sich unangenehm an, ich trinke einen Schluck Vodka darauf. Ein unangenehmes Husten macht sich in mir breit, aber ich fühle mich besser, als ich fertig bin. Meine Gedanken verschwimmen zu einer klebrigen, einheitlichen Masse in meinem Kopf und ich sehe, wie die Zigarette in meiner Hand zittert. Die Glut ascht auf den Boden und vermischt sich mit den bereits vorhandenen klebrigen Flecken. Ich trinke, langsam brennt sich die Flüssigkeit in meinen Rachen. Ich weiß nicht, warum ich das tue, aber wie ich mit der Situation hätte umgehen müssen und jetzt sollte, weiß ich auch nicht. Der letzte Zug, ein letzter Schluck. Die Flasche ist zu einem Viertel leer und ich mühe mich aus dem Sessel - irgendwer wird schon Verwendung für den Alkohol finden. Frische Luft, ich brauche frische Luft. Das tiefe Durchatmen im Raum lässt meinen Hals gefühlt noch mehr anschwellen und ich taumele raus an die Luft und setze mich auf die Treppenstufen vor dem Eingang. Hier ist es ruhiger und der Wind umspielt meine Haare leicht. Ich ziehe noch eine Zigarette aus der Schachtel, zünde sie an, nehme drei Züge und werfe sie wieder weg. Ich fühle mich nicht gut.

Something Good. II girlxgirlWhere stories live. Discover now