Kapitel 13.

2.1K 106 6
                                    

       

Ich räuspere mich und sie zieht sich langsam zurück, während sie ihre Haare hinter die Ohren streicht. "Ja, danke", murmelt sie und seufzt tief. Belastet sie das Ganze auch, oder bilde ich mir das nur ein? Ja, vermutlich bilde ich es mir nur ein. Ich drücke mich etwas tiefer in die Couch, winkle meine Beine an und starte die nächste Folge. Mitten in der Folge platzt meine Mutter ins Wohnzimmer. "Mädels, ich bin schnell Emely abholen - dauert ja nicht lange, aber die machen heute früher Schluss aufgrund des Sturmes. Audrey, bleibst Du heute?" - "Ähm, ja.. also, Florence hat gesagt, dass es sinnvoller wäre, hierzubleiben.." - "Kein Problem", antwortet meine Mutter, während sie ihre Autoschlüssel sucht "heute Abend gibt es Nudeln mit Tomatensoße - was anderes habe ich nicht hier und fahre jetzt auch nicht nochmal einkaufen". "Danke, Mom", kann ich ihr noch hinterherrufen, bevor der Wind hinter ihr die Tür zuknallt. "Hast Du Hunger?", frage ich Audrey, die mich ein wenig verunsichert daraufhin ansieht. "Ja, eigentlich schon... Ich hab heute erst einen Müsliriegel gegessen, weil ich keine Zeit hatte.."  - "Ist ja noch ein bisschen Zeit bis zum Abendbrot, lass uns irgendwas machen, was schnell geht". Ich springe auf, um Musik anzumachen und in die Küche zu laufen. Audrey folgt mir. "Rührei, Fertigtütensuppe, Kartoffelbrei... - tut mir leid, die Auswahl ist nicht sonderlich groß", stelle ich fest, als ich einen Blick durch unsere Küchenschränke werfe. "Fertigtütensuppe klingt gut", lacht Audrey und setzt sich auf unsere Arbeitsplatte. Gott, wie gerne würde ich jetzt zu ihr gehen, sie an der Hüfte umfassen und in einen Kuss ziehen... Aber ich schüttle den Kopf um den Gedanken zu vertreiben und mache mich dran, die Suppe fertigzumachen. Eine Sache von nicht mal fünfzehn Minuten, in denen Audrey und Ich über Dr. Who philosophierten und feststellten, dass eine Pause jetzt nicht unbedingt schlecht wäre. Als ich ihr eine dampfende Schüssel in die Hand drücke, frage ich sie, ob wir nach oben gehen wollen. Sie nickt und geht schon vor, während ich noch eine Flasche Wasser mitnehme und ungeschickt versuche, den Fernseher auszumachen.

In meinem Zimmer hat sie das Licht angemacht und steht vor meinem Bücherregal, leise schließe ich die Tür und setze mich mit der Schüssel an meinen Schreibtisch. Sie hat den Kopf leicht schräg, um die einzelnen Titel zu lesen und nimmt sich hier und dort immer ein Buch raus, um den Klappentext zu lesen. Mich stört das Schweigen zwischen uns nicht, viel mehr genieße ich es, einzelne Feinheiten ihrer Bewegungen zu beobachten. Wenn sie an einer Stelle steht, verlagert sie ihr Gewicht stets auf ihr rechtes Bein und fast sekündlich schiebt sie sich eine Haarsträhne hinter die Ohren. "Magst Du nicht einfach mal einen Zopfgummi reinmachen?", lache ich und Audrey fühlt sich ertappt. "Mmh", nuschelt sie, "könnte ich - aber meistens bin ich dafür zu faul". Sie streckt sich und setzt sich im Schneidersitz auf mein Bett, ihre Suppenschüssel vom Nachtisch nehmend und mit dem Löffel drin rum rührend. "Erzähl mir was von Dir", sage ich, während ich mich samt meines Schreibtischstuhls in ihre Richtung drehe. Sie zuckt mit den Achseln. "Über mich gibt es nicht sooo viel zu erzählen", meint sie. "Ich weiß ja nicht mal, wie alt Du bist, lache ich". Sie schmunzelt. "Okay, also, eine kurze Zusammenfassung für Dich aus meinem aktuellen Leben. Ich heiße, wie Du bereits weißt, Audrey, bin 23 Jahre alt und wohne 20 Minuten von einem äußerst lieben Menschen entfernt" - sie grinst mich an - "ich gehe hier aufs College, esse für mein Leben gerne Zitronenkuchen und liebe Konzerte. Mein Kleidungsstil ist das, was mir morgens im Kleiderschrank entgegenfällt und ich wohne alleine in einer geräumigen Wohnung. Meine Freunde wohnen alle verstreut und ich habe im Grunde nur Olivia hier bei mir in der Nähe, die quasi wie meine Schwester ist - sie ist im gleichen Studiengang mit mir. Mh. Mehr gibt es eigentlich nicht zu erzählen", sie lehnt sich an der Wand an und löffelt ihre Suppe. Als sie das mit dem College erwähnt hatte, musste ich schlucken - mir war klar, dass sie nicht auf meiner Highschool war, dafür war es zu unwahrscheinlich, dass ich sie in all den Jahren nicht gesehen hatte, aber warum zur Hölle war sie dann auf einer Highschool-Party gewesen? "Woran zweifelst Du?", auf einmal ist ihre Stimme viel näher und ich blicke verwirrt auf. Sie steht genau vor mir. Ich spüre die Unsicherheit in mir aufsteigen - warum macht sie das? Das ist nicht fair. Klar, ich stehe mit Chloé auch mal Arm an Arm, umarme sie und kitzel sie oft genug ab. Aber das war was anderes, als diese Frau vor mir zu stehen haben. Einatmen, Ausatmen, Flo. Es ist alles gut. "Nichts", lache ich verklemmt und atme tief ein. Sie setzt sich auf meinen Schoß und ich höre auf, zu atmen, bis ich husten muss. Sie sagt nichts, beobachtet mich nur. "Audrey, was tust Du da?", frage ich sie, während ich sie reflexartig am Rücken halte, damit sie nicht runterfällt.

| Audrey.

Ja, was mache ich hier eigentlich? Ich weiß es selber nicht genau, aber als ich Florence von mir erzählte, starrte sie an einen Fleck an der Wand und hörte aufmerksam zu. Und obwohl sie es nicht glauben würde, konnte ich erkennen, was sie zweifeln ließ. Als ich das College erwähnte, zuckte sie unmerklich zusammen und auch, wenn sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen - sie fuhr sich mit ihrer Hand durch den Nacken und runzelte kurz die Stirn. Auch wenn ich besser mit direkten Aussagen umgehen kann, war mir bewusst, dass ich bei Florence vermutlich auf die kleinen Dinge achten müsste. Mir war nicht entgangen, wie sie mich ansah, wenn sie glaubte, ich sehe sie nicht. Vorhin als ich ihre Bücher durchsah, spürte ich ihren Blick auf mir ruhen - wie sie jede Bewegung wahrnahm und mir immer wieder Blicke zugeworfen hat. Jedesmal, wenn ich mich zu ihr gedreht hatte, starrte sie auf ihre Schüssel und genau dann war mir klar geworden, dass ich mich vielleicht getäuscht habe. Ich täusche mich vermutlich in allem, was mit ihr zu tun hat. Sie ist so undurchschaubar, so unsicher und überhaupt nicht das, was ich gewohnt war. Entweder war relativ schnell klar, dass es nur eine Nummer für eine Nacht werden sollte, oder eben nicht. Bei Florence war es weder das eine, noch das andere - das, was hier war, waren Gefühl. Nicht nur auf körperlicher Ebene. Und trotzdem sitze ich jetzt hier auf ihrem Schoß und sehe in ihre wunderschönen blauen Augen. Ein leichter Schleier liegt über Ihnen und ich kann nicht deuten, was sie denkt. Einzig ihre leise Stimme, die klarer als sonst klingt, lässt mich selbstbewusster werden. Vielleicht ist das hier genau richtig. Ich lege meine Hand in ihren Nacken, schließe die Augen und zähle zwei Herzschläge, bevor ich ihre Lippen küsse.

| Florence.

"Audrey.. was", will ich noch sagen, als ich den kurzen Moment wahrnehme, in dem sie ihre Augen geschlossen hält. Jetzt spüre ich ihre Lippen. Meine Hände halten sie ein wenig fester und ich schließe meine Augen, um mich diesem Kuss hinzugeben. Ihre Lippen waren leicht trocken, aber als wir uns küssen, ist dieses Gefühl binnen Sekunden verschwunden. Der Geschmack ihrer Lippen ist unbeschreiblich - trotz des leicht salzigen Geschmacks, der sich durch die Suppe auf ihre Lippe gelegt haben muss, schmeckt sie nach Pfirsich. Man bildet sich oftmals den Geschmack von Dingen ein, dass weiß ich, aber alles, was ich jetzt in diesem Moment spüre, sind ihre Lippen und unsere Küsse, die mir den Atem nehmen. Und sie schmecken nach Pfirsich. Mein Herz pocht schnell und ich spüre die Hitze in mir aufsteigen. Als sie kurz von meinen Lippen ablässt, um Luft zu holen, sehe ich in ihre Augen, die verlangend in die meinen sehen. Ihre Hand in meinem Nacken zieht mich etwas fester zu ihr und ich vereine meine Lippen mit ihren. Als unsere Küsse immer etwas intensiver werden und ich spüre, dass der Schreibtischstuhl nicht unbedingt den perfekten Standort bildet, stehe ich auf und sie schlingt ihre Beine um mich. Die paar Schritte bis zum Bett schaffe ich, von Verlangen getrieben, ohne Probleme. Ich denke nicht darüber nach, was ich tue, sondern streiche ihr einfach die Haarsträhne aus dem Gesicht, als ich mich über sie beuge, um sie erneut zu küssen. Ihre Wange ist warm und ihre Lippen heiß, als ich mit meiner Zunge darüber streiche. Ihre Hände ziehen Linien auf meinem Bauch und ich erzittere kurz unter ihren Berührungen - sie lächelt, bevor sie mich wieder und wieder küsst und auf den Rücken dreht, sodass ich unter ihr liege. Gekonnt platziert sie Küsse auf meinem Hals und ich drücke sie mit der Hand in ihrem Nacken ein wenig fester an mich, als die Stimme meiner Mutter in meine Gehörgänge schleicht. "Kommt ihr mal bitte runter!", formen sich ihre Worte in meinem Kopf und Audrey lässt von mir ab, mit einem letzten leichten Kuss auf meinen Lippen. Sie hastet ins Bad und spritzt sich kaltes Wasser ins Gesicht, bevor sie sich zu mir umdreht "Ich sage, Du kommst gleich, bist noch kurz auf Toilette oder so" - vermutlich sieht sie mir meine Unsicherheit an, bevor sie die Treppe herunterschleicht.

Ich rappele mich aus dem Bett auf und fahre mir mit den Händen durch die Haare, bevor ich mich ins Bad stürze, um mich frisch zu machen. Der große Wandspiegel gibt mir meinen Zustand wieder - geschwollene Lippen, verwuschelte Haare und ein Funkeln in den Augen. Ich seufze und halte meinen Kopf unter das kühle Wasser, was meine Gedanken etwas aufklaren lässt. Vielleicht hatte ich mich doch nicht geirrt. Der Schluck Wasser kühlt meinen Hals. Aber das alles hier ist mehr als ein großer Fehler. Noch ein Schluck. Mein Kopf fühlt sich schwer an. Wie oft habe ich mir geschworen, nie wieder Gefühle zu haben und dann kreuzt sie hier auf! Und ich bin dankbar, aber irgendwie auch nicht. Hitze steigt in mir auf. NEIN!, schreie ich innerlich, bevor ein Schrei meine Lippen verlässt. Der Schmerz in meiner rechten Faust zieht durch meinen ganzen Arm und als ich hinabblicke, sehe ich nur noch, wie das Waschbecken sich blutrot färbt.

Something Good. II girlxgirlKde žijí příběhy. Začni objevovat