Kapitel 17.

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Chloé bringt mich noch bis vor Audreys Haustür und ich spüre mein Herz stark in der Brust schlagen. Ich bin aufgeregt, fahre mir durch die Haare und spüre den Hand in den noch feuchten Haaren. Chloé sieht mich fragend an, "Klingelst Du jetzt auch mal?". Ich nicke, atme einmal tief ein und drücke auf die Klingel. Ich bin ehrlich gesagt schon gespannt, wie ihre Wohnung aussieht - ein Brummen ertönt, ich lege meine Hand auf die erwärmte Klinke, Chloé drückt mir noch einen Kuss auf die Wange und verschwindet dann im Sonnenlicht. Im nächsten Moment stehe ich in dem kühlen Treppenhaus. Sie hatte geschrieben, ich finde sie in der 3. Etage - ich gehe sie hoch, zähle die Stufen und setze meine Füße mit Bedacht voreinander. Es war noch nicht geklärt, was das zwischen uns war, auch wenn es irgendwie mehr ist, aber keiner von uns beiden hatte sich geäußert. Als ich in der 3. Etage ankomme, schlägt mir der Geruch von Essen entgegen und ich sehe eine offene Tür. Ich lächle. Meine Gedanken kreisen jetzt nur noch darum, wie sehr ich mich danach sehne, sie in meine Arme zu schließen und ihren Duft wahrzunehmen. Ich trete durch die Tür, "Audrey?", frage ich in die Wohnung. "Ich komme gleich!", ruft sie, während die Tür ins Schloss fällt. Ich ziehe meine Schuhe aus und folge instinktiv dem Essensgeruch.

"Ich hoffe, Du hast Hunger!", sagt sie, während sie sich umdreht und mich mit ihrem zauberhaft Lächeln ansieht. Ich sage nichts, starre sie nur an, da ich von ihrer Schönheit überwältigt bin - es ist nicht lange her, dass ich sie sah, aber ich habe das Gefühl, sie ist noch schöner geworden. Realistisch gesehen ist das natürlicher völliger Schwachsinn, aber mein Herz wird butterweich - und erst recht, als ich ihre Lippen spüre, sie mich kurz aber intensiv küsst. "Hör auf, mich so zu überwältigen", murmle ich - sie lacht und weist mir einen Platz zu. Ihre Küche ist recht einfach - Holzschränke und einen dunklen Esstisch. Während sie kocht, erzählt sie mir, wie ihr Tag war und mit jedem Wort, was sie sagt, fühle ich mich wohler und ich sinke in dem Stuhl zurück. Als sie mir einen dampfenden Teller Nudeln vorsetzt, schlucke ich schwer. "Stimmt was nicht?", fragt sie und sieht etwas betrübt aus. Ich schüttele den Kopf, "Alles gut! Ich liebe Nudeln!". Sie schaut noch etwas skeptisch aber sieht zufrieden aus, während sie sich zurücklehnt und wir uns über Belangloses unterhalten. Sie hat wirklich gut gekocht, aber ich habe nicht wirklich Hunger und das Gefühl, zu essen, wenn ich keinen Hunger habe, lässt mich unwohl fühlen - aber ich will nicht, dass sie denkt, ich würde es verschmähen, also esse ich meinen Teller. Ich verneine, als sie fragt, ob ich noch mehr will. Die Stimmung ist nicht angespannt, sondern eher ziemlich locker - sie geht aus der Küche und ich höre aus einem anderen Raum etwas ruhige Musik spielen. Kurz darauf steht sie wieder vor mir und zieht mich in ein anderes Zimmer, was ihr Wohn-und Arbeitszimmer sein muss. Obwohl sie studiert, hat sie eine scheinbar große Wohnung. Ich bin erstaunt.

"Setz Dich", sagt sie und ihr Blick sieht nachdenklich aus. "Wir müssen reden", folgt daraufhin und ich spüre, wie sich in mir alles zusammen zieht. Mein Herz pocht laut und ich spüre einen dumpfen Schmerz hinter meinen Schläfen. Sie sieht auf meine Hand, welche sporadisch verarztet ist, da die Wunden nicht so schlimm sind, wie ich anfänglich dachte. Der Schmerz wird stärker und ich sinke auf die Couch, sie setzt sich neben mich und nimmt meine Hand. Sie seufzt. "Flo, ich habe Dir bereits gesagt, dass ich das Gefühl habe, dass dort mehr ist und das meinte ich auch mehr als ernst. Ich wäre bereit, meine Gedanken mit Dir zu teilen, meinen Alltag und natürlich mein Bett" - sie lacht - "das alles bräuchte Zeit, ich will nichts überstürzen, aber ich habe das Gefühl, Dich schon länger zu kennen, als ich eigentlich tue. Du ziehst mich auf eine Art und Weise an, die ich nicht beschreiben kann. Von Anfang an". Sie schluckt kurz. "Allerdings..", sagt sie leise, während sie einen meiner Ärmel nach oben schiebt, "weiß ich einiges nicht.. und wenn das, was zwischen uns ist, wirklich ist, will ich wissen, warum". Ihre Fingerspitzen zeichnen meine Narben nach und ich spüre, wie mir gleichzeitig heiß und kalt wird. Das Blut in meinen Fingerspitzen fühlt sich an, als würde es zu meinem Herzen zurückfließen und gleichzeitig kochen. Der Schmerz hinter meinen Schläfen ist kaum auszuhalten und im nächsten Moment zieht sie mich in ihre Arme, aber mit jeder Berührung, mit jedem ruhigen "Es ist alles gut", wird der Schmerz stärker. Es fühlt sich an, als könne ich nicht atmen und gleichzeitig will ich atmen, will schreien, will ihr alles sagen, was sie braucht. Aber ich kann nicht. In mir wehrt sich alles dagegen, wehrt sich alles dagegen, mich auf etwas einzulassen - die Angst wieder verraten, eingeengt und verletzt zu werden sprengt alle Grenzen und meine rosarote Brille. Das Gefühl von überflüssigem Schmerz macht sich in mir breit. Das Pochen hört nicht auf und ich spüre, wie ich meine Augen aufeinander presse und vergesse, zu atmen.

Ich schrecke auf, als ich etwas Kaltes auf meiner Stirn spüre. Ihre Hand hält noch immer die meine. "Es tut mir leid, Florence", sagt sie leise und ich öffne meine Augen leicht, während ich den Kopf schüttele. "Ich brauche das nicht, um das mit uns am Leben zu lassen. Es ist nur, dass es schmerzt, dass an Dir zu sehen und ich wissen will, wer Dir etwas so Schlimmes angetan hat, dass Du es Dir selbst antust". Ihre Stimme ist sanft und ihr Kuss auf meiner Stirn ebenfalls, bevor sie den Lappen von meiner Stirn nimmt und aus dem Wohnzimmer geht. Ich richte mich auf und plötzlich spüre ich eine unglaubliche Müdigkeit über mich kommen. Ich höre, wie sie leise wieder ins Wohnzimmer kommt. "Ich brauche nur Zeit, Audrey - ich versuche es, aber ich bin schwer. Vielleicht zu schwer". Sie setzt sich zu mir und zieht mich in ihren Schoß. "Ich weiß, ich kenne Dich nicht lange, aber ich kann Dich so nicht sehen - Du bekommst die Zeit, die Du brauchst, aber ich will Dir versichern, dass ich da bin, egal was kommt". Auch wenn ihre Worte sich wie Kleber für mein Herz anfühlen, spüre ich eine leichte Verzweiflung in ihrer Stimme, die ich nicht definieren kann. Ich drücke mich an sie. "Ich muss nachhause" - Sie nickt. "Es war gut, dass Du hier warst. Komm öfter, bitte", ich lächle, drehe mich um und küsse sie langsam aber leidenschaftlich. Ich spüre ihr Lächeln in unserem Kuss.

Während ich meine Jacke anziehe und zum dritten Mal bejahe, dass ich es schaffe, alleine nachhause zu gehen, klingelt Audreys Handy. Sie ignoriert es. "Magst Du nicht drangehen?", frage ich - eine Augenbraue hochgezogen. Sie nimmt mich in den Arm, "Du bist wichtiger", und ich bilde mir ein, dass ihr Herz schneller schlägt. Ich küsse sie ein letztes Mal, bevor ich den Kragen hochschlage und aus der Tür trete. "Ich melde mich morgen - oder Du meldest mich, oder wir sehen uns, oder, ach was weiß Ich" - ich lächle, und sie erwidert es, so zauberhaft, wie sie eben ist. Als ich die Treppen hinuntergehe, dass Gespräch ein wenig verdrängend und beflügelt von Audreys Lippen auf meinen, stoße ich fast mit einem Kerl zusammen, der mir entgegenkommt. Ich erkenne ihn nur daran, dass sein Geruch ziemlich penetrant ist - ich blicke auf und lächle ihn automatisch an. Als ich dann sein Gesicht erkenne, wäre es mir lieber gewesen, ich hätte nicht gelächelt - einer der typischen Collegestudenten, gutaussehend, groß, aber vermutlich nicht viel im Kopf, außer Sex. Ich frage mich, zu wem er wohl unterwegs ist. "Pass auf, wo Du hinläufst, Süße" - lacht er, und ich möchte ihm am liebsten vor die Füße würgen. Ich nicke und lächle, während ich die letzten Treppenstufen nehme. Ich höre eine Klingel von weiter oben, als ich die Tür hinter mir schließe.

| Audrey.

Wahrscheinlich hat sie irgendwas vergessen, denke ich, während ich zur Tür gehe. Oder sie will mich nochmal küssen. Innerlich freue ich mich darauf, Florence nochmal zu sehen, also mache ich die Tür lächelnd auf, während ich nur mit einem Handtuch bekleidet dastehe, da ich noch duschen wollte - vielleicht eine Einladung für sie. Doch ich verschlucke mich fast an meinem Lächeln, als ich sehe, dass es nicht Florence ist. "Darf ich mit duschen kommen?", fragt er grinsend und seine weißen Zähne brennen sich in meine Gedanken. "Wir haben noch was von heute Morgen nachzuholen", sagt er, während er mich an seine Lippen zieht und die Tür hinter ihm zuknallt.

Something Good. II girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt