Kapitel 7.

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Das Prasseln des Regens am Fenster weckt mich aus meinem schon unruhigen Schlaf. Ich verdrehe genervt die Augen, lege mich auf den Bauch und sehe die grauen Wolken, welche sich vor meinem Fenster aufzutürmen scheinen, nur um dann weiterzuziehen. Ein Grollen reißt mich aus meinen Gedanken, dass Gewitter scheint noch nicht ganz über uns zu sein - sonst konnte ich anhand des Standes der Sonne immer ausmachen, wie spät es war, aber das war mir jetzt nicht möglich. Ich ziehe mein Handy vom Schreibtisch, 9:32 Uhr und vollgeladen. Seufzend krame ich nach meinen Kopfhörern, stecke sie an und bleibe noch ein paar Sekunden regungslos auf dem Bett sitzen. Der Teppich auf den meine Augen starren, hatte auch schon die besten Zeiten hinter sich - zumindest an einigen Stellen. Man sah immer haargenau, wo ich morgens aufstand, meine Füße aufstellte und so verharrte. An den Stellen war von dem angenehmen Flausch kaum noch was erkennbar, also vergrabe ich meine Füße in den Stellen neben der abgenutzten Fläche. Ich lache kurz auf. Da meine Mutter arbeiten musste und Emely früh am Morgen zu einer Freundin geschafft hatte, war das Haus verlassen und leer und ich habe alle Zeit der Welt, meinen Tag zu planen. Kurze Zeit später steht meine ungeheur aufregendeTagesplanung fest: Eine kurze, leichte Hose und ein Top würden ausreichen, um mich vor den Fernseher zu setzen und Netflix auszunutzen. Gegen 17 Uhr würde ich duschen gehen und mich fertig machen, damit ich rechtzeitig um 18 Uhr bei der Party sein kann. Und hoffen, dass Chloé und Leroy auch pünktlich da sind und ich nicht wie ein verlorener Pumuckl vor einem fremden Haus stehe.

Die Seife brannte unangenehm in meinen Augen, aber ich versuchte alles, um mir ihren Geschmack von den Lippen zu waschen. Das Wasser brannte heiß auf meinem Körper, brannte heiß in meinen Wunden, aber alles war angenehmer, als ihre dreckigen Finger in meinen Wunden zu spüren. Ich hustete, verschluckte mich und wusste nicht, was unangenehmer schmeckte - Seife oder Tränen. Meine Hände hörten nicht auf, über meinen Körper zu fahren, mein Gesicht hielt ich unaufhaltsam in das fließende Wasser. Fast war es unerträglich, aber ich wollte jeden Zentimeter, jeden Millimeter berühren und immer und immer wieder das Wasser alles abspülen lassen. Ich hörte erst auf, als ich das leere Shampoo in meinen Händen betrachtete. Ich stellte das Wasser noch eine Stufe höher - ich schrie. Ich schrie, bis ich mich an dem Wasser verschluckte, oder waren es meine Tränen?

"Weiterschauen" - Netflix hatte meine Serie gestoppt und ich blicke auf die drei Auswahlmöglichkeiten, welche ich habe. Mein Herz pocht, dass Schlucken fällt mir schwer und meine Hände zittern. Langsam versuche ich, meinen Atem zu beruhigen und lehne mich zurück. Mit den Händen fahre ich mir durch mein erwärmtes Gesicht, schiebe mir die Haare aus meinem Blickfeld und greife zu meinem Handy, um Chloé abzusagen. 17:19 AM. Shit. Jetzt kann ich ihr auch nicht mehr absagen und beeilen muss ich mich auch noch. Das unangenehme Gefühl, dass sich in mir breit macht, als ich in der Dusche stehe, kann ich nicht verhindern - aber da ich mich sowieso beeilen muss, bleibt nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken. Ich föhnte mir die Haare trocken, legte sie so gut wie möglich, auch wenn ich sie in der nächsten halben Stunde sowieso wieder verstrubbeln würde und stehe mit einer Zahnbürste in meinem Mund vor dem Kleiderschrank, um mich zu entscheiden, was ich anziehen will. Ein Blick nach draußen zeigt, dass die Sonne sich mittlerweile wieder durchgekämpft hatte und ein Blick aufs Handy spricht zusätzlich von feuchtwarmen 29 Grad. Nicht gerade ein Lieblingswetter. Ich entscheide mich für eine kurze schwarze Hose mit Nieten, einem weißen sommerlichen Top und schwarzen Absatzschuhen. Manchmal ist es gut, nicht so viel Zeit zu haben - denkt man wenigstens nicht über alles haargenau nach. 17:42 Uhr. Ich haste nach unten, schnappe mir meine Schlüssel, meine Zigarettenschachtel und laufe, so gut wie ich kann, zum Auto. Ich hasse es, zu spät zu kommen und ich muss unterwegs noch Alkohol kaufen. Ein beliebtes "Gast-Geschenk", wenn man den Veranstalter der jeweiligen Highschool-Party nicht kannte.

18:09 Uhr. Fast pünktlich stehe ich mit den Autoschlüsseln vor der Tür und warte auf Chloé, welche, wie erwartet immer noch nicht da ist. Menschen gehen lachend an mir vorbei, Türen knallen und ich höre bereits Musik von drinnen. Irgendwo miaut eine Katze. 18:16 Uhr. Chloé springt mich von hinten an und ich falle fast um. "Vorsicht, Alkohol!" kann ich noch rufen, bevor Leroy mir die Flaschen gekonnt aus der Hand nimmt. "Du siehst heiß aus!" grinst Chloé mich an und rempelt mir ihren Ellbogen in die Seite. Sie trägt ein enges, kurzgeschnittenes Kleid mit High Heels - Leroy neben ihr ein schwarzes Hemd und eine kurze Hose. "Nicht so gut wie Du.", entgegne ich ihr - daraufhin spüre ich ihren Ellbogen in meinen anderen Rippenbögen. Bevor ich aufjammern kann, höre ich ein "Jammer nicht, Knallkopf!" und werde mit ins Getümmel gezogen. Wir bringen den Alkohol zur Bar, werden hier und dort von ein paar Leuten begrüßt und verziehen uns erstmal in den Garten um bei der Wärme draußen die Beine in den Pool zu halten. Chloé fragt mich über Freitag aus und obwohl ich sie wirklich lieb habe, will ich ihr zwischen all den Leuten nicht erzählen, was war und sage einfach, dass sie nicht da war. Sie sieht mich mitleidig an, während sie sich aufmacht, um uns was zu trinken zu holen. Leroy legt mir den Arm um die Schulter. "Schön, dass wir mal wieder feiern gehen. War bei dem ganzen Stress in letzter Zeit ja ziemlich kurz gekommen." Ich nicke und spritze ihn zur Bestätigung mit einer Fuhre Wasser voll. Er schaut mich gespielt böse an bevor wir beide anfangen zu lachen.

Die ganzen Stimmen an meinem Ohr machen mir es fast unmöglich, zu differenzieren. Als ich ein "Hey" ganz dicht neben mir höre, will ich "Chloé, Du bist wieder da!" rufen und drehe mich nach rechts. Doch Chloé ist es nicht - ich sehe nach oben und kann nur noch erkennen, wie sich eine Frau von mir entfernt. Der elegante Gang von erinnert mich an das Mädchen aus dem Café, es erscheint mir identisch. Ich starre ihr verwirrt hinterher, bis ich einen Becher Orangensaft in die Hand gepresst bekomme - ich muss schließlich fahren. Verwirrt schüttle ich den Kopf und beruhige mich: Sicherlich war es nur Chloés Stimme gewesen, wer sonst? Wir entscheiden uns, reinzugehen und ein wenig Stimmung zu leben. 19:54 Uhr. Und ich wünsche, dass Mädchen aus dem Café wäre hier.

Something Good. II girlxgirlOnde as histórias ganham vida. Descobre agora