Kapitel 4

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Ich betrete erschöpft die Gastronomie. Heute waren Malik und Mikail sehr anhänglich, sie wollten mich schon gar nicht mehr gehen lassen. Seit kurzem gehen sie ins Kindergarten, aber ich dachte, dass das Hinterherweinen wäre schon vorbei.

Dann kommt noch dazu, dass ich nicht schlafen konnte. Der Wangenkuss von Diliyan hatte sich in meinem Kopf eingebrannt. Jetzt wird es noch schwerer sein, mit ihm vernünftig zu sprechen.

Eigentlich hätte ich einen freien Tag, doch für Chloe springe ich immer ein. Sie ist auch damals, wo ich viel Zeit mit den Zwillingen verbracht habe, für mich eingesprungen. Ich habe ihnen klar gemacht, dass ich deren Mutter bin und nicht meine Mutter. Trotzdem bleibt meine Mutter, die Art Mutter. Sie hatte beide aufgezogen und benehmen beigebracht.
Sie hatte ihnen Anstand beigebracht.

„Was machst du denn hier, Nora.", fragte mich Mariano, mein Chef.

„Ich springe für Chloe ein. Ihrer Schwester gehts nicht gut.", antworte ich ihm.

„Dir ja anscheinend auch nicht.", er dreht mein Kopf in seine Richtung. Meine Augen finden sein Gesicht wieder. „Der Concealer hat dir nicht weit geholfen, Schätzchen."

„Wie nett von dir.", ich schlug seine Pföten weg.

Mariano ist schon Mitte dreißig, sieht aber für sein Alter ziemlich attraktiv aus. Man sieht ihm gar nicht an, dass er seine Zeit hinter sich hat. Im Großen und Ganzen ist er wie ein guter Kumpel, der immer die Wahrheit sagt.

„Ach, so meine ich es doch nicht..", wollte er sich rausreden. Mit meiner Hand zeigte ich ihm ein Zeichen, dass er aufhören soll zu reden.

„Du bist manchmal unmöglich.", sprach ich zickig zu ihm.

„Jetzt sag schon.", forderte er mich auf. Ich schaue ihn irritiert an. Was soll ich sagen?

„Haben dich Malik und Mikail nicht schlafen gelassen?", wollte er belustigt wissen.

Ich verdrehe meine Augen. „Nein, diesmal haben die mich in Ruhe gelassen. Nur er nicht.", nuschelte ich zum Schluss.

Ich hörte ihn scharf die Luft einziehen. „Sag schon! Wer ist der Glückliche gewesen?"

Überrascht drehe ich mich zu ihm. Seine Ellenbogen sind auf der Bartheke gestellt und seine Hände stützen seinen Kopf.

Ich grübelte. Mariano weiß von meiner Vergangenheit Bescheid, aber weiß nicht dass es Diliyan ist. Vielleicht kennen sich beide sogar persönlich? Dass wäre mir zu unangenehm. Nein, ich belasse es lieber.

„Das sage ich dir sicher nicht.", sagte ich fest überzeugt.

Er schaut mich empört an. Sein Mund ist leicht geöffnet und seine Augen verständlichslos geweitet.

„Und ich dachte, wir erzählen uns alles.", ich schüttelte mein Kopf. Er erinnert mich etwas an Nuri und Hamit, immer die Dramaqueen raus lassen.

„Mariano, du bist nicht mehr jung-", „-Sag dass nicht noch mal!", unterbrach er mich.

„Dass du dich so anstellen kannst.", vollendete ich mein Satz. Jetzt kenne ich seine Schwachstelle, er mag es nicht als Alt bezeichnet zu werden.

Ich schmunzelte. Was für ein Familienvater er wohl ist? Er ist schon verheiratet und hat ein Kind, er erwartet ein weiteres Kind.

Es ist kurz vor elf. Die ersten Kunden müssen bald erscheinen. Heute werde ich Vollzeit arbeiten, dass heißt ich muss die Kinder bei Bilal vorbeibringen.

Mariano eröffnete den Laden. Die Gastronomie läuft gut. Hier kann man vormittags Brunchen, am Mittag essen und ein Eis essen. Abends ist die Alkoholbar offen.

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