Kapitel 7 - Wolken am Himmel

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Amelie


Mittlerweile haben wir uns in den 2. Stock des Wolkenkratzers zurückgezogen und sind nun alle irgendwie im Raum verteilt. Finn, Taio, Misa und ich sitzen etwas ratlos in einem Kreis auf dem Boden, Yahiko und Sarah haben sich in eine der gläsernen Ecken zurückgezogen und Elias – ich weigere mich im Moment noch, ihn Eren zu nennen – steht etwas verloren im Türrahmen.



Bis auf Sarahs und Yahikos Gemurmel, das jedoch nur als unverständliche Fetzen zu uns herüberdringt, ist es still. Wir alle sind wohl etwas überfordert und wissen nicht so recht, was wir sagen sollen.


Ich frage mich, wie wir es überhaupt geschafft haben, die beiden samt Elias hier hoch zu bekommen, doch mir soll es recht sein. Ich glaube, dass wir mit Sarah deutlich mehr Chancen haben werden, endlich etwas aus Elias herauszubekommen.



Unauffällig mustere ich ihn, doch er scheint meinen Blick zu spüren, denn er schaut auf und sieht mich an. Seine Haltung ist gekrümmt, der Ausdruck in seinen Augen traurig, doch seine Lippen sind dennoch zu einer festen Linie zusammengepresst. Er versucht noch immer, so wenig wie möglich preis zu geben, nicht zu zeigen was alles in ihm vorgeht; doch im Moment ist er darin nicht besonders gut.


Finn dagegen fixiert Sarah und Yahiko. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass es die beiden sind, die uns am ersten Tag im Keller angegriffen haben. Was sie nicht gerade vertrauenserweckender macht...


Auch Finn ist eindeutig nicht davon begeistert, mit diesen beiden nun ein Zimmer zu teilen und sie eventuell sogar als Verbündete mit in unsere Gruppe aufzunehmen. Ich kann seine Reaktion gut verstehen, doch sein misstrauischer Blick wird es kaum besser machen.


Nach weiteren fünf Minuten, in denen nichts passiert, steht Misa unvermitteltauf. Sofort liegen alle Blicke auf ihr und sie verzieht gequält das Gesicht. Selbst unser Sonnenschein kann dem Ganzen mittlerweile nichts Gutes mehr abgewinnen und genauso ist von ihrer fröhlichen Laune keine Spur mehr zu sehen.



„Leute, jetzt sagt doch irgendwas", fängt sie an und klingt dabei wie ein kleines Kind, das jeden Moment zu weinen beginnt. „Wir haben hier definitiv was zu klären", das Weinerliche weicht etwas Trotzigem und sie verschränkt die Arme, während sie Elias ansieht.


Sarah sieht ebenfalls zu ihm, ihr Blick kalt und abweisend. Dennoch kommt sie auf uns zu, bleibt jedoch stehen, anstatt sich zu uns zu setzen. Yahiko folgt ihr zögernd und auch Elias kommt näher, bleibt hinter Taio auf der gegenüberliegenden Seite unseres Sitzkreises stehen und blickt über unsere Köpfe hinweg zu Sarah hinüber.


„Er", Sarah zeigt mit dem Finger auf Elias, während sie sich Misa zuwendet. Ihre Stimme hat einen Unterton, der mir Gänsehaut verleiht. „Er hat mir nur wenige Monate vor Search plötzlich eröffnet, dass er nicht mehr teilnehmen, sondern sich lieber das Hirn amputieren lassen möchte." Sie sieht ihn wieder an, die Wut scheint sich nur teilweise in maßlose Enttäuschung verwandelt zu haben und ich mache mir langsam Sorgen, dass sie wieder auf ihn losgehen könnte.
Als sie weiterspricht, sind ihre Worte immer noch an Misa gerichtet, doch ihre Augen liegen auf Elias. „Eren hat seit jeher mit mir trainiert. Er ist mit mir zusammen aufgewachsen. Wir waren das beste, das tödlichste Team, das man sich vorstellen konnte. Keiner hat in Frage gestellt, dass wir es nicht schaffen würden und gemeinsam wären wir hier garantiert schon längst raus. Doch dann hat er es mir eines Tages vor den Kopf geknallt, mich stehen lassen – nur um mir jetzt hier wieder zu begegnen. Er hat mich nicht nur verraten. Er hat mich auch belogen." Als ihr Monolog endet, könnte man eine Stecknadel im Raum fallen hören.

SEARCH - Das Spiel der SeelenWhere stories live. Discover now