Kapitel 3.4

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Amelie


Nachdem Finn und ich aus dem Keller entkommen konnten, dämmerte es draußen bereits, sodass wir uns ein anderes Gebäude zum Schlafen suchen mussten. Ich weiß noch immer nicht, ob bei ihm zu bleiben die richtige Entscheidung war, aber vermutlich saß mir die Angst einfach noch zu tief in den Knochen, um schon wieder meiner eigenen Wege zu gehen.


In einem neuen Haus angekommen suchten wir als erstes den Boden nach weiteren versteckten Klappen ab, um nicht noch einmal überrascht zu werden. Trotzdem schaffte ich es erst nach drei Kontrollgängen, mich etwas zu beruhigen, und wenn ich jetzt so recht darüber nachdenke, war da wohl der Moment, in dem ich beschloss, bei ihm zu bleiben.


In der Nacht habe ich dennoch kein Auge zugemacht, weshalb sich mein Kopf nun anfühlt, als hätte ich ihn mit voller Wucht gegen eine Wand geschlagen.


„Schon wach?", fragt Finn mich unvermittelt und ich zucke vor Schreck zusammen: „Ja... irgendwie.", wortkarg stehe ich auf und laufe zum Fenster. Auf der Straße ist keine Menschenseele zu sehen, aber mittlerweile weiß ich, dass das nichts zu bedeuten hat. Wenn sich das Labyrinth wirklich unter der ganzen Stadt entlangzieht, dann könnten die anderen Spieler näher sein, als ich es mir vorstellen kann.


Mein Blick fällt auf Finn, der unsere wenigen Sachen bereits zusammengesammelt hat, und dabei noch mitten im Raum kniet.


„Woher hatte dieser Junge seine Messer?" Die Frage trifft ihn so unvermittelt, dass er mich für einen Moment einfach nur von unten herauf anstarrt. Dann zuckt er mit gerunzelter Stirn die Schultern und steht auf. „Keine Ahnung... aber wenn er sie irgendwo gefunden hat, dann können wir das auch. Müssen nur besser suchen."


Nun ist es an mir, ihn irritiert anzusehen. Besser suchen? Wir haben gestern mehrmals das ganzes Haus durchsucht, und dabei war ich noch in zwei weiteren. „Aber vielleicht hat er sie nicht von hier. Vielleicht gibt es die Waffen nur auf der unteren Ebene?" Fragend sieht er mich an, diesmal von oben herab.


„Du weißt schon. Das Labyrinth."
Er nickt. „Vielleicht."
„Aber bist du nicht dort aufgewacht?"
„Doch schon, aber es war alles dunkel. Ich habe es nur mit viel Glück geschafft, einen Weg da raus zu finden, ohne gegen Wände zu laufen. Gleich ein ganzes Waffenarsenal zu finden erscheint mir irgendwie unwahrscheinlich."


Ich nicke nachdenklich und Finn lässt mich noch eine Weile grübeln, ehe wir aufbrechen. Wohin wir eigentlich gehen wissen wir wohl beide nicht, aber vom Stehenbleiben kommen wir dem Ziel keinesfalls näher. Ich frage mich nur, auf welcher Ebene es sich befindet... und fast genauso wichtig ist, ob es noch mehr Ebenen gibt, als nur diese beiden.



Während wir durch die verschlungenen Gassen laufen, sind unsere Schritte das einzige, was die Stille durchbricht. Keiner von uns sagt ein Wort, doch das stört mich nicht. Stattdessen schweife ich in meinen Gedanken ab.


Ich kenne Finn bereits viele Jahre, doch wirklich miteinander gesprochen haben wir nie. Er zog in das Haus neben unserem, in der Schule hatten wir meist dieselben Stunden - aber das war es auch schon. Und genau deswegen weiß ich nicht, was ich von ihm halten soll. Es grenzt nahezu an ein Wunder, dass wir es beide zu Search geschafft haben - und uns dann auch noch getroffen haben. Kann das wirklich ein Zufall sein?


Nie hätte ich gedacht, dass ausgerechnet er es schaffen könnte. Finn ist einer der unauffälligsten Menschen, die ich kenne. Still, ruhig, dunkle Haare und eine blasse Haut, normale Größe und auch in der Schule immer durchschnittlich. Wie hat er es nur geschafft? Hat er uns all die Jahre zum Narren gehalten und seine Fähigkeiten versteckt?


Mit jedem Gedanken wird mir seine Gegenwart unangenehmer. Irgendetwas stimmt hier nicht, und dieses Gefühl beschleicht mich nicht zum ersten Mal, seitdem ich in Search aufgewacht bin. Mein Bauch sagt mir, dass ich rennen sollte, egal wo hin, einfach nur weg, doch mein Kopf weiß, dass es nicht so einfach ist. Einmal begonnen, kann ich vor Search nicht mehr davonlaufen. Es war meine eigene Entscheidung die mich hierhergebracht hat, also muss ich nun auch damit zurechtkommen.


„Amy?" Ich bekomme eine Gänsehaut, als Finn mich bei meinem Spitznamen nennt, den er nur von meinen Freunden aufgeschnappt haben kann. „Was ist?", frage ich im selben Moment als ich den Kopf hebe, und erkenne, was er meint.


Vor uns enden die Häuserreihen so plötzlich, als hätte man eine Linie gezogen, die sie nicht überschreiten dürften. Stattdessen liegt eine Ebene vor uns, so flach wie ein Fußballfeld und auch genauso breit. Nach links und rechts dagegen zieht sie sich, soweit das Auge reicht.


Und dahinter? Dahinter liegt eine Stadt aus Glas und Stahl. Baugerüste und unfertige Gebäude neben Wolkenkratzern erstrecken sich wie starre Finger in die Luft. Die Sonne spiegelt sich in tausenden Scheiben und wirft das Licht zurück, sodass ich geblendet die Augen zusammenkneifen muss, während ich völlig perplex auf diese paradox wirkende Landschaft starre. Die Stadt scheint nur aus riesigen Hochhäusern und tiefen Straßenschluchten zu bestehen, wobei kein Auto, keine Menschenseele weit und breit zu sehen ist. Sie erhebt sich so plötzlich aus der Erde, als hätte man Spielzeugsteine mitten in einen Sandkasten gesetzt, ohne Anbindung an ihre Umgebung. Als hätten Kinder eine Stadt gebaut und dabei Supermarkt, Tankstelle und Läden, Parkplätze und Straßenlaternen vergessen. Und davor breitet sich die Ebene als breite Grenze zwischen der Stadt und unserem Dorf aus, wobei ich keinen Schimmer habe, wozu das gut sein könnte. Als wolle man verschiedene Spielbezirke und -ebenen schaffen, um Spieler voneinander trennen...


Finn neben mir starrt ebenfalls sprachlos auf das beeindruckende Spektakel vor unseren Augen, und ich würde so ziemlich alles darum geben, in diesem Moment seine Gedanken lesen zu können. Denn auf seinem Gesicht zeigt sich nicht die leiseste Regung.


„Glaubst du, dass wir die Ebene einfach so überqueren könnten?", frage ich nachdenklich und durchbreche somit die Stille. Finn schüttelt stumm den Kopf, während ich nicke. Wahrscheinlich ist es zu gefährlich - denn wäre es kein Problem, hätten sich die Leiter nicht die Mühe machen müssen, diese Ebene zu schaffen. Ob sie wohl die gesamte Siedlung, aus der wir eben kommen, abgrenzt? Was befindet sich dann in den anderen Richtungen des Dorfes?


„Kann man euch behilflich sein?" ertönt da eine Stimme direkt hinter unseren Rücken.


*


Na, jemand Ideen, was in den anderen Richtungen um das Dorf herum sein könnte? ;) Und wer zu der Stimme gehört, die am Ende spricht ? :D Oder wozu die Ebene erschaffen wurde? ^^

Diesen Teil habe ich auf meinem Handy während dem Studium getippt... wundert euch also nicht, falls er nicht so gut geschrieben sein sollte ;) Ich habs irgendwie nicht gescheit verbessert bekommen, ohne alles nochmal komplett von vorne zu schreiben.


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