Pedernales River

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Gähnend drehte sie sich um und streckte sich. Die Sonne kitzelte ihre Nase, während sie ihr Pferd zufrieden schnauben hörte. „Ach schön. Sie sind wach! Mir wurde schon langweilig! Etwas Tee?" Oh ja, ein Tee würde ihr jetzt guttun. Das Feuer war sicher schon lange erloschen und der Frost lag in der Luft. Ruckartig setzte sie sich auf, wobei ein stechender Schmerz von ihrer Wunde ausgehend durch ihren Körper zog und sie scharf einatmen lies. „Wer sind sie?". Anna enddeckte den groß gewachsenen Mann, der sie angesprochen hatte. „Wenn ich mich vorstellen darf, Madame. Benjamine Hanson, Texas Ranger." Er machte einen Schritt auf sie zu, wobei seine Sporen klirrten, um Anna die Hand zu reichen. Zögerlich erwiderte sie dann doch seinen Händedruck. „Mein Name ist Anna. Nun dann Mr. Hanson, was wollen sie hier?", fragte sie ihn und blickte ihm direkt in sein sonnenverbranntes Gesicht. Sie wollte stark wirken und nicht zeigen, wie viel Angst sie wirklich vor ihm hatte, doch ihr Blick huschte immer wieder zu ihrem Pferd herüber und plante einen möglichen Fluchtweg.

Hanson rückte seinen Hut zurecht. „Ich bin im Auftrag der texanischen Regierung auf der Suche nach einem Mörder", er deutete auf seine Marke, die er an seiner Weste trug, „Ich suche eine Rothaut namens Maska. Er hat eine Siedlung nahe des Pedernales River überfallen." Mit diesen Worten richtete Anna ihren Blick wieder starr auf den Ranger. „Ich kenne Maska. Er hat auch versucht mich zu töten. Er wurde von seinem Stamm verbannt." „So?" Hanson schien überrascht. „Erzählen sie mir mehr, Miss", bat er, während er Anna endlich eine Tasse des heißen Tees reichte, den er über dem neu entfachten Feuer aufgewärmt hatte.

Den ganzen Morgen brauchte Anna, um dem Ranger die Geschichte ihrer Reise zu erzählen, begonnen bei dem Moment, in dem sie das erste Mal amerikanischen Boden unter den Füßen hatte, bis zu dem, in dem sie das Dorf der Apachen verlassen hatte. Hanson unterbrach sie nicht und hörte aufmerksam zu. Als sie endete hob der Ranger eine Augenbraue. „Ich hatte mich schon gefragt, was ein junges Fräulein wie sie hier allein in der Wildnis macht. Und diese Geschenke haben sie von den Wilden erhalten?" Anna nickte. „Welch Teufelswerk", brummte er und er schien zu überlegen, doch sagte nichts weiter. „Nun denn meine Liebe, mein nächstes Ziel ist Fredericksburg, kann ich sie bis dahin begleiten?" Der Ranger klopfte sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel, ehe er aufstand und Anna abwartend anblickte. Welch ein Zufall! Genau das war ja auch Annas Ziel. Freudig nickte sie. „Das wäre wundervoll!" Die Angst hatte sie schon lange vor dem Ranger verloren, auch, wenn sie ihm noch nicht so recht traute, war er immerhin der einzige von beiden, der den Weg nach Fredericksburg kannte. Die Pferde waren schnell für die Weiterreise vorbereitet und der Ranger half Anna auf Shilah, ehe er sich in den Sattel seines herrlichen Schimmels schwang.

„Meine Frau hat auch deutsche Wurzel müsst ihr wissen." „Wie bitte?", Anna hob den Blick. Sie hatte eine ganze Weile einfach nur die Landschaft betrachtet und nicht bemerkt, dass der Ranger sie angesprochen hatte. „Meine Frau. Ihre Eltern kommen auch aus dem deutschen Reich. Ich habe sofort erkannt, dass auch ihr eine Deutsche seid. Keine englische Lady würde auch nur eine Nacht im Staub übernachten." „Man lernt eben zu überleben", gab das Mädchen knapp zurück. Sie hatte wirklich keine Lust darauf dies weiter mit dem Ranger zu besprechen. Sie folgten dem Fluss weiter, bis er in den Pedernales River mündete. Dort rasteten sie, ehe sie dann dem Pedernales River bis nach Fredericksburg folgten.

Endlich erschienen die Umrisse der kleinen Stadt am Horizont, grade rechtzeitig, denn der Tag neigte sich dem Ende zu und Anna war nicht danach, eine weitere Nacht unter freiem Himmel zu verbringen. Besonders nicht in der Gesellschaft dieses Rangers, der ihr von Stunde zu Stunde unsympathischer wurde. „.. In der Nacht entkam uns keine Rothaut", prahlte er von einem seiner erfolgreichen Manöver. „Hmm", machte Anna nur müde, sie nahm ihn kaum noch zur Kenntnis. Er widerte sie an mit seinen Kriegsgeschichten, besonders, da sie nun auch die Sicht der Apachen kannte, die sie zu schätzen gelernt hatte. Stumm ritten sie Seite an Seite in die Siedlung ein. Der Ranger steuerte auf die größte der einfachen Blockhütten zu, er wollte zum Bürgermeister der Stadt. „Machen sie es gut Fräulein. Es war mir eine Ehre ihnen Geleit bieten zu können. Und falls sie noch einmal eine Rothaut treffen sollten, melden sie sich in der zentrale in Austen und ihnen wird geholfen!" Er schwenkte seinen Hut. „Ich danke ihnen, dass ich nun sicher hier angekommen bin", erwiderte Anna kurz und wendete ihr Pferde dann in eine andere Richtung. Sie würde sich erst einmal ein Gasthaus suchen, in dem sie die Nacht bleiben wollte. Am Morgen wollte sie sich dann Auskünfte über den Verbleib des Tracks einholen, mit dem sie eigentlich hätte reisen sollen.

Da entdeckte sie am anderen Ende der Stadt einen Stall und übergab dem Stallmeister grade ihr Pferd und einige Münzen, die sie noch von ihrem Vater in der Tasche hatte, als sie jemanden nach ihr rufen hörte. „Anna? Bist du es?"


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