Allein

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Ein lauter Schuß. "Indianer!"
Anna schreckte aus dem Schlaf und sah, dass auch Heinrich und sein Sohn aufgewacht waren. Sie hörte Hufgetrappel, die Befehle des Kommandanten und das Geheul der Eingeborenen. Alle Schauergeschichten, die sie je über dieses Volk gehört hatte kamen ihr in den Sinn.
"Kinder! Lauft zu den Trackwagen! Jetzt!", brüllte Heinrich.
Als Anna aus dem Zelt trat, konnte sie sehen, was vor sich ging. Die Eingeborenen waren im Gesicht bemalt und fielen über die Zelte her. Mit Äxten, Pfeil und Bogen zielten sie erbarmungslos auf Männer, Frauen und Kinder. Die Deutschen antworteten mit Kanonen und Schusswaffen. Anna schlug sich die Hand vor den Mund, während sie über die Leichen hinweg zu den Wagen lief.
"Los, springt auf den Wagen, wir müssen los!", rief der Arzt den Menschen seines Volkes zu.
"Rückzug! Alle mit einer Trackbescheinigung werden gerettet!" Der Kommandant war zur Stelle. "Das Mädchen bleibt hier, fahrt los!" "Ich bin Krankenschwester, ich habe ein Recht darauf, Teil des Tracks zu sein. Bitte rettet mich", protestierte Anna. Doch der Kommandant war erbarmungslos und riss das Mädchen vom Wagen, als dieser anfuhr. "Anna, nein!" Heinrich wollte vom Wagen springen, doch es war zu spät.

Panisch sprang Anna aus dem Schlamm auf. Den Wagen konnte sie nur noch in der Ferne erahnen. Plötzlich wurde einer der Rothäute auf sie aufmerksam und lief auf sie zu. Anna machte kehrt. Heulend rannte sie so schnell, wie sie nur konnte, bis der einzige Ausweg der ihr blieb, nur noch der Fluss war. Sie zögerte, sie konnte nicht schwimmen. Schnell war sie sich sicher, dass der Fluss ihr größere Überlebenschancen zu bieten hatte, denn er war nicht sehr tief. Mit schnellen Schritten watete sie in den Fluss, nichts ahnend, dass das Flussbett von Geröll besäumt war. Anna rutschte und versuchte Halt zu finden, doch ehe sie einen weiteren Schritt machen konnte, war sie schon komplett unter Wasser. Panisch versuchte sie nach oben zu strampeln. Hätte sie doch bloß schwimmen gelernt! Grade als sie mit Glück die Oberfläche wieder erreicht hatte, wurde sie nach unten gedrückt. Anna trat um sich und wehrte sich mit aller Kraft. Aber wer auch immer sie unter Wasser hielt, war deutlich stärker als sie. Ihr ging die Luft aus und um sie herum schien alles verschwommen.

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