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Nun sitze ich auf den Stufen vor dem großen Haus. Es ist bereits dunkel geworden, aber bis der Mond seinen höchsten Stand erreicht, dauert es noch einige Minuten. Meinen Dad habe ich gesagt, dass ich die Nacht bei Sophia verbringen werde, weil sie wegen einem Jungen fürchterlichen Liebeskummer hat. Damit war er auch einverstanden, vorausgesetzt ich gehe morgen pünktlich zur Schule. Sophia habe ich gleich darauf angerufen, damit sie auch bescheid weiß. Ihr habe ich natürlich gesagt, dass ich die Nacht über bei Liam sein werde. Ich fühle mich schlecht die beiden so zu belügen. Aber was soll ich ihnen sagen? Dass Werwölfe existieren und ich unsterblich in einen von ihnen verliebt bin. Die beiden würden mich doch sofort in die nächste Anstalt einweisen. Außerdem sind sie am sichersten, wenn sie dieses Wissen nicht besitzen.

“Dann bist du also das Mädchen, dass sich den Alpha des Young Rudels geschnappt hat. Über dich wird in der Unterwelt diskutiert, Katharina.“ Ich drehe mich um und erkenne Asmo, wie er lässig am Türrahmen lehnt.

“Du kannst mich Kathy nennen.“ sage ich und richte meinen Blick wieder auf den klaren Himmel.

“Katharina ist so ein schöner Name, es wäre eine Verschwendung nicht jede einzelne Silbe von ihm auszukosten.“ Ich höre wie er einige Schritte geht und sich dann zu mir setzt. “Aus welchem Grund ist Luzifer hier?“

“Warum möchtest du das wissen?“ frage ich nach bevor ich ihm antworte, da ich diesem Mann nicht vertraue.

“Er ist mein Bruder. Es interessiert mich eben was er so treibt.“ antwortet Asmo und schaut ebenfalls in den hell erleuchteten Sternenhimmel.

“Dann bist du auch in der Gilde? Für was steht dein Name?“ frage ich neugierig nach und schenke dem Mann neben mir nur einen kurzen Blick der Beachtung.

“So viele Fragen und doch hast du meine noch nicht beantwortet.“ flüstert er mit rauchiger Stimme.

Seufzend entscheide ich mich dazu, ihm zu verraten was ich weiß und sage: “Luzifer hat nie so direkt darüber gesprochen, aber einmal hat er gemeint, dass es Menschen auf dieser Welt gibt, die er beschützen möchte.“ Ich spüre Asmos Blick auf mir. Vermutlich möchte er herausfinden, ob ich die Wahrheit sage. Eine Weile bricht Stille über uns ein. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Meine fragen sich, was wohl auf diesen alten Blättern steht. An was Asmo denkt kann ich nicht einmal erahnen.

“Da Luzifer offensichtlich unsere Familiengeschichte ausgepackt hat, weißt du ja, dass wir Mitglieder der Gilde alle Brüder sind.“ beginnt er zu erzählen und schaut dabei mit gesenktem Kopf auf seine Hände, die auf seinen Knien liegen.

“Er hat nicht viel von eurer Familie gesprochen.“ korrigiere ich ihn. “Aber ich weiß, dass Luzifers Name für den Stolz steht und Liam hat mir gesagt, dass die Gilde aus sieben Mitgliedern besteht, die alle einen Namen der Todsünden tragen. Also für was steht Asmodeus?“

Lächelnd schaut Asmo auf und blickt direkt in meine Augen. “Wollust“ antwortet er und dabei erscheint für einen kurzen Augenblick so ein Glänzen in seinen Augen.

“Hat das eigentlich einen näheren Grund?“ frage ich neugierig nach und entreiße mich seinen Blicken.

“Wir können durch Manipulation jeden Menschen zu einer dieser Sünden treiben. Zwar nur zu der, die uns selbst beschreibt aber das reicht aus um seinen Spaß zu haben. Außerdem bestimmen diese Sünden einen Teil unserer Persönlichkeit. Ich würde sagen mich hat es nicht so schwer getroffen.“ lachend legt er seinen Kopf in den Nacken und streift dabei durch seine dunklen Haare. Mein Bauchgefühl hat mir also recht gegeben. Ich sollte mich besser von ihm fern halten. Und ich dachte schon Luzifer wäre schlimm. Im Inneren des Hauses wurde es langsam unruhig. Das heißt jeden Moment ist es so weit. Hoffentlich erfahren wir dann nur, dass bereits alles erledigt wurde. Aber das wäre zu viel Glück auf einmal. Ich erhebe mich von meinem Platz und laufe zu Liam in das große Wohnzimmer, wo alle sitzen und wie gespannt auf die Uhr schauen. 00:56 Uhr hat Mandy vorhin gesagt. Jetzt ist es 00:50 Uhr. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, um raus zu gehen. Meinen Gedanken scheint Liam mitbekommen zu habe, denn im nächsten Moment sagt er: “Ich glaube wir sollten raus gehen. Es ist jeden Moment so weit.“ Zustimmend erheben sich alle und machen sich auf den Weg nach draußen. Jetzt sind nur noch Liam und ich im Raum.

“Egal was gleich passieren wird, wie beide schaffen das zusammen.“ Er nimmt meine Hand in seine und drückt mir einen leichten Kuss auf die Fingerknöchel. Lächelnd nicke ich ihm zu und ziehe ihn nach draußen, wo sich bereits die anderen in einem großen Kreis versammelt haben. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Liam versucht stark zu sein. Doch ich kann ein wenig Erschöpfung in seinem Handeln erkennen. Verständlich wenn man bedenkt, dass wir alle dachten wir wären bereits am Ziel angekommen, doch stattdessen haben wir im schlimmsten Fall noch nicht einmal die Hälfte geschafft. Als wir an dem großen Kreis ankommen, wird uns Platz gemacht und wir treten vor, dass wir alles gut erkennen können.

“Es fängt an.“ die Worte von Luzifer hallen über den Platz und augenblicklich ist es still. Alle Augen sind auf die zwei alten Papierstücke gerichtet. Zuerst ist nur ein schwaches Licht zu erkennen. Doch auf einmal wird es leuchtend hell und die Runen leuchten blau auf. Man erkennt es nur schwer, aber die bisherigen Symbole bekommen zusätzliche Linien und Kurven. Vermutlich ergeben sie jetzt einen komplett anderen Sinn oder besser gesagt sie ergeben jetzt überhaupt einen Sinn. So schnell wie dieses Spektakel begonnen hat, ist es auch schon wieder vorbei. Mandy betritt die Mitte des Kreises und studiert die zwei Blätter genauer. Sie spricht einige Worte und plötzlich erheben sich diese. Als sie gut einen Meter vom Boden entfernt sind, verbinden sie sich. Wirklich erstaunlich, wenn man nicht in dieser Welt aufgewachsen ist.

“Was steht dort geschrieben?“ fragt Liam ungeduldig, dennoch mit fester Stimme. Zur Beruhigung drücke ich kurz seine Hand und als er mich ansieht lächel ich ihm zu.

“Die ersten Zeilen verraten uns nur das was wir bereits wissen. Die Blutmond Prophezeiung wurde noch einmal kurz zusammen gefasst.“  murmelt Mandy vor sich hin und starrt konzentriert auf das zusammen geführte Schrifftstück.

“Was steht in den Mondrunen geschrieben?“ fragt Liam erneut nach, diesmal kann er die Verzweiflung in seiner Stimme nicht verstecken.

“Ihr seid nicht allein.“ antwortet Mandy überrascht.

“Was soll das heißen?“ frage ich verwirrt. Luzifer verdreht genervt die Augen und nimmt Mandy die Runen aus der Hand.

“Dass soll heißen, dass es mehr von euch gibt. Mehrere Werwölfe, die einen menschlichen Gefährten haben.“ antwortet er zuerst ruhig, beginnt anschließend jedoch zu lachen. “Ist doch logisch, dass es mehr von euch gibt. Wie dumm waren wir zu glauben, dass ihr alleine die Kraft besitzt.“

“Und was sagt uns das?“ meldet sich Maddy zu Wort.

“Diese Prophezeiung kann nur gemeinsam gebrochen werden.“ antwortet Mandy.

“Schön, dann finden wir die andern eben. Wie viele kann es da denn schon geben?“ Liam scheint neuen Mut gefasst zu haben.

“Du scheinst das ganze nicht so richtig zu kapieren. Keiner weiß wo sich die anderen befinden, sich geschweige denn schon gefunden haben. Außerdem ist nicht mehr genügend Zeit, um die ganze Welt zu bereisen.“ Asmo spricht die Worte aus, die ich mir insgeheim schon erdacht habe.

“Nicht so voreilig. Hier steht noch etwas geschrieben.“ mischt sich Mandy ein, die nun wieder die Runen in ihren Händen hält. “Hier steht je mehr Paare die Wolf-Mensch Verbindung eingehen, desto kleiner wird das Zeitfenster, in dem die Schattenwesen entkommen können.“

“Das kann doch nicht wahr sein.“ bringt Liam wütend hervor. “Als ob ihr beide davon nichts wüsstet.“ Dabei zeigt er auf Luzifer und Asmo.

“Ich schwöre, wir haben damit nichts zu tun. Das alles ist vor uns passiert. Wir sind die Söhne Sekhmets und erteilen nur unsere Dienste.“ antwortet Luzifer schnell.

“Liam, beruhig dich. Ich glaube Luzifer.“ sage ich als ich spüren kann, dass er jeden Moment auf einen der beiden los gehen will.

“Beruhigen? Ich kann mich nicht beruhigen!“ wütend lässt Liam meine Hand los, tritt aus dem Kreis heraus und verwandelt sich mit einem lauten Knurren. Das letzte das ich erkennen kann, ist wie er zwischen den Bäumen verschwindet.

Luna - menschliche Gefährtin Where stories live. Discover now