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Dienstag- einer meiner Lieblingstage, weil ich dann immer Musik habe. Einer meiner Lieblingsfächer. Schon als ich klein war, war die Musik immer meine Fluchtmöglichkeit aus der Realität. Man muss nur die Augen schließen und von ganz alleine schweben die Finger über die Tasten. Was im Musikunterricht nicht der Fall ist. Aber es ist mir egal, ob ich die Biografie von Wagner lernen muss, so lange es um die Musik geht. Leider ist diese Stunde auch schon vorbei. Verboten müsste es werden, nur einmal die Woche Musikunterricht anzubieten. Wenn wir zu Hause genügend Platz hätten, dann würde schon längst irgendwo ein Klavier stehen. Aber in der Zwischenzeit muss ich mich mit dem alten unserer Nachbarn vergnügen. Wenn ich ihnen ab und zu ein paar Sachen aus der Stadt besorge, dann darf ich immer spielen kommen wann ich will. Man muss wissen, dass sie schon sehr alt sind und nicht mehr oft aus dem Haus kommen.

Genug von Musik. Jetzt ist erst einmal Mittagspause. Und so sehr ich in Gedanken versunken war, ist die Zeit wie im Flug vergangen. Sophia ist bestimmt schon sauer, dass ich so lange brauche. Also mache ich mich mit schnellen Schritten auf in die Kantine und erkenne schon von weiten einen Blondschopf an einem Tisch mit weiteren Mädchen.

„Hey, tut mir leid, dass es so lange gedauert hat." entschuldige ich mich gleich bei ihr und nehme auf einen der orangenen Plastikstühle Platz.

„Ja ja nicht so wichtig." winkt sie ab und weckt dabei meine Neugier.

„Okay? Was ist hier los?" frage ich verwundert.

„Du glaubst ja gar nicht was hier los ist in Blue Wood!" berichtet sie mir aufgeregt mit einem Grinsen über beide Ohren. „Es heißt, dass das alte Reservat im Wald wieder bewohnt ist. Und das Beste kommt erst noch. Drei von ihnen sollen hier auf die Schule gehen. Hoffentlich ist da ein süßer Junge dabei."

„Von wem hast du das denn schon wieder erfahren?" frage ich misstrauisch. Man weiß ja nie, ob solche Gerüchte stimmen.

„Von July und die hat es von ihrer Tante und die wiederum hat es vom Bürgermeister." antwortet sie mir Schulterzuckend.

„Aha. Also aus erster Hand." scherze ich. Aber wenn es der Bürgermeister selbst bestätigt hat, dann wird da schon etwas dran sein. Ich meine er ist der Bürgermeister, er darf doch gar nicht lügen. Oder? Hat er nicht so einen Eid geschworen?

Den Rest der Pause verbringe ich schweigend und in meiner Traumwelt versunken. Es interessiert mich nicht so sehr über was sich Sophia und die anderen Mädchen unterhalten. Meine Gedanken schwirren die meiste Zeit um meinen Schulabschluss, die Musik oder den Haushalt. Sehr spannend, ich weiß. Aber im Moment passiert einfach nichts spannendes in meinem Leben.

Die restlichen drei Stunden bringe ich auch noch hinter mich und das sogar mehr oder weniger ohne zwischendurch einzuschlafen. Jetzt muss ich nur noch auf meinen Dad warten, der mich jeden Augenblick abholen sollte. Sophia hat nämlich noch eine Stunde und ich habe keine Lust zu warten. Außerdem hat Dad eh Zeit.

Ich warte vor den Mauern der Schule und beobachte die Schüler, die entweder in ihren Autos verschwinden und nach Hause fahren oder wieder im Gebäude verschwinden und sich auf die nächste Stunde vorbereiten. Ab und zu fällt mein ungeduldiger Blick auf meine Uhr am Handgelenk. Schon zehn Minuten zu spät. Wahrscheinlich ist Mrs. Coopers Katze mal wieder auf einen Baum geklettert oder irgendetwas anderes hat ihn auf der Wache aufgehalten.

Ein unbekannter grauer Jeep erregt meine Aufmerksamkeit. Eigentlich kennt hier jeder jeden und dessen Autos. Bei knapp 300 Schülern ist das auch keine Kunst. Aber diesen Jeep habe ich hier noch nie gesehen. Umso neugieriger werde ich als der Wagen zum Stehen kommt und vier fremde Gestalten aussteigen. Drei Jungs und ein Mädchen. Sie sehen sich irgendwie alle sehr ähnlich und doch so verschieden. Sind das vielleicht ein paar Bewohner des alten Reservats? Ich habe sie hier jedenfalls noch nie gesehen.

Bevor ich meinen Blick jedoch abwenden kann, schaut mir der Älteste von den Vieren direkt in die Augen. Als hätte er mitbekommen, dass ich sie beobachte.

Aber irgendetwas ist anders an ihm. Er strahlt so etwas starkes aus und das wird bestätigt durch seinen Gang; irgendwie so selbstsicher. Der Unbekannte ist groß, sehr groß sogar und hat pechschwarze Haare. Irgendetwas an ihm fasziniert mich. Vielleicht ist es auch nur das leichte Lächeln, dass er mir zuwirft.

So in Gedanken versunken bekomme ich nicht einmal meinen Dad mit, der vor mir zum Halten gekommen ist. Erst das Hupen lässt mich aufschauen und mit einem letzten Blick auf den unbekannten Mann gehe ich auf das Auto zu.

„Tut mir leid Kathy aber John hat auf der Wache ein kleines Feuer angerichtet." berichtet mir Dad gestresst und mit einem Lachen auf den Lippen.

„Wie hat er das denn geschafft?" frage ich überrascht und versuche mir mein Lachen zu verkneifen.

„Er hat das Hühnchen anbrennen lassen." antwortet er und letzten Endes brach ich doch in schallendes Gelächter aus. Ach, der gute alte Johnny. In Blue Wood gibt es einmal im Jahr einen Brand und dann ist das auch noch auf der Feuerwache selbst.

Luna - menschliche Gefährtin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt