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Er sah mir mit seinen funkelnden grünen Augen in meine, als er sich langsam näherte. Wie von selbst öffneten sich meine Lippen ein wenig. Ich schloss meine Augen voller Freude auf das was die nächsten Sekunden passieren würde. Sein warmer Atem kitzelte ganz sanft meine Lippen, doch ich wollte mehr. Mehr von seinen Lippen, mehr von seinen Berührungen und mehr von seiner Wärme. Als unsere Lippen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren, spürte ich wie sehr er es auch wollte. Er wollte diesen Kuss genauso wie ich. Langsam senkten sich endlich seine Lippen auf meine und ein Tanz der Gefühle begann. Erst war es ein keuscher Kuss, doch dann wurde er immer fordernder und leidenschaftlicher. Unsere Zungen kämpften nicht wie sonst miteinander um die Dominanz. Diesmal glich es einem einfachen Liebkosen, auch wenn in diesem Kuss weder etwas einfaches noch keusches lag.

Erst nach weiteren Minuten hörten wir auf mit der Knutscherei.

Wir lehnen unsere Stirn aneinander und genießen noch für einen Augenblick die angenehme Stille.

"Milan hat gesagt, dass Mandy uns für ihren Hokus Pokus braucht. Es wird eh bald dunkel, also schlage ich vor, dass wir zurück gehen." sagt Liam und schaut mir dabei sehr intensiv in die Augen, dabei kann ich fühlen, dass er lieber mit mir hier bleiben möchte.

"Milan? Also irgendwie kann ich mich noch nicht so ganz an diese Werwolf-Verbindungs-Sache gewöhnen." berichte ich ihm lachend.

"Das wird schon." spricht er mir gut zu und hilft mir dann beim aufstehen.

Den Weg durch den Wald verbringen wir schweigend. Doch es sind gar keine Worte nötig, um auszudrücken, wie wir uns im Moment fühlen. Wir wissen beide, dass unsere Verbindung von Tag zu Tag mehr wächst. Ja, vielleicht ist es merkwürdig nach so kurzer Zeit eine so innige Beziehung zu Liam zu haben. Aber was an unserer Situation ist bitte nicht merkwürdig?

Am Haupthaus angekommen erwartet uns bereits Lucifer, der lässig an der offenen Tür lehnt.

"Die Hexe will dich sprechen." sagt er an Liam gewandt und grinst ihn mit einem teuflischen Grinsen an.

Schwer atmend dreht sich Liam zu mir um und schaut mich mit seinen grünen Augen an. "Am besten du gehst zu Maddy oder Milan. Ist egal zu wem. Hauptsache du hältst dich von Lucifer fern. Sein Name bedeutet nicht ohne Grund Stolz. Und Stolz von einer falschen Person kann gefährlich werden."

"Ist okay." antworte ich und schenke ihm ein aufrichtiges Lächeln, dass ihm sagen soll, dass er sich keine Sorgen machen muss. Bevor er in dem Gebäude verschwindet, drückt er mir noch einen Kuss auf die Stirn und schenkt Lucifer einen vernichtenden Blick.

"Weißt du, nur weil mein Name Stolz bedeutet, heißt das nicht, dass ich mich auch so verhalte." ruft mir Lucifer zu und stößt sich von dem Türrahmen ab. "Mein Bruder Leviathan zum Beispiel steht für den Neid. Und, ist er den ganzen Tag über neidisch? Nein! Er hat zwar seine Macken aber die sind nebensächlich."

"Du hast einen Bruder?" frage ich überrascht, führe meinen Weg zu Maddy und Milans Hütte dennoch fort.

"Wir, die Gilde, sind alles Brüder." berichtet er mir stolz. Wo wir wieder beim Thema wären.

"Wie viele Brüder hast du eigentlich?" frage ich nun doch neugierig nach. Es ist zugegeben spannend von den ganzen magischen Dingen zu hören.

"Sechs und wir alle stehen für eine der sieben Todsünden."

Fassungslos bleibe ich stehen. Wie kann er mir so etwas nur so trocken rüber bringen? "Also ist die Gilde der Teufel?" frage ich entsetzt nach.

Genervt bleibt Lucifer stehen und antwortet: "Den Teufel gibt es nicht. Das ist nur eine menschliche Erfindung, um den Kindern Angst zu machen. Aber wenn du es so willst. Ja, die Gilde ist der Teufel." Als wäre es das normalste auf der Welt setzt er sich wieder in Bewegung und ich folge ihm, da ich vor lauter Entsetzen ebenfalls stehen geblieben bin. "Wann hast du eigentlich vor mit Liam in die Kiste zu steigen?" fragt er mich direkt.

Diesmal bin ich diejenige die stehen bleibt. Zu meinem Glück Lucifer auch, da eine Unterhaltung sonst schwierig geworden wäre. "Eigentlich geht es dich ja nichts an. Aber wenn du es wissen willst: Ich bin noch nicht bereit dafür."

"Zu deiner Informationen, es geht mich schon etwas an. Außerdem würde ich meine Meinung schnell ändern. In drei Wochen ist nämlich Blutmond." berichtet er mir und wendet sich mit einem selbstgefälligen Grinsen ab.

Drei Wochen? Zeit die langsam aber auch schnell vergehen kann.
Drei Wochen?! Zeit in der noch so vieles passieren kann.
Drei Wochen?!! Warum zur Hölle hat mir Liam nichts gesagt?
Aufgebracht mache ich mich auf den Weg zum Haupthaus, als ich sehe wie entspannt Liam heraus tritt. Sicher, vielleicht hätte ich ihn fragen können. Aber im Augenblick bin ich zu geflasht, um auch nur einen vernünftigen Gedanken zu fassen.

"Drei Wochen?!" rufe ich ihm wütend zu.

Und plötzlich fällt sein glücklicher Gesichtsausdruck. Mit schnellen Schritten kommt er auf mich zu und sagt: "Kathy, es tut mir leid. Ich wollte es dir noch sagen. Aber du solltest erst einmal die anderen Neuigkeiten verarbeiten." Als er seine Arme auf meinen Schultern ablegen möchte, stoße ich ihn von mir.

"Soll das heißen, wenn ich in drei Wochen nicht mit dir geschlafen habe, bedeutet das den Untergang der gesamten Menschheit?!" Unsere kleine Diskussion muss Aufsehen erregt haben, denn aus einigen Häusern treten bereits ihre Bewohner hervor. Unter ihnen auch Maddy, Milan und Sia. Doch das ist mir in Augenblick egal.

"Kathy, beruhige dich. Ich glaube wir sollten noch einmal über einige Dinge sprechen." versucht mich Liam zu beschwichtigen, was ihm erst nach einem längeren Blickduell gelingt. Erleichtert schnappt er sich meine Hand und zieht mich an den andern vorbei in das Haus und rauf in sein Zimmer.

"Also, ich höre." sage ich beleidigt und lasse mich auf seinem Bett nieder.

"Du hast recht, es tut mir leid. Ich hätte dir sagen sollen, dass der Blutmond schon bald ist. Da ich deine Reaktion aber befürchtet habe, habe ich es für mich behalten. Es war falsch. Ich weiß das. Aber bitte verzeih mir. Ich kann es nicht ertragen, wenn du so zu mir bist." Flehend lässt er sich vor mir fallen und legt seine Hände auf meinen Oberschenkeln ab.

"Ich verzeihe dir. Aber nur weil du weißt, dass es mir genauso geht wie dir. Das heißt aber nicht, dass ich diese Sache vergesse." antworte ich warnend, doch mit einem Blick in seine Augen ist auch das ganz schnell vergessen. Erleichtert atmet Liam auf und schenkt mir eines seiner sanften Lächeln, die sofort mein Herz erwärmen. "Eine Sache musst du mir aber noch erklären." Sofort senken sich Liams Mundwinkel ein wenig und er setzt sich neben mich auf sein Bett.

"Okay, schieß los." sagt er und nimmt meine Hände in seine.

"Geht es bei dieser Werwolf-Sache eigentlich nur um Sex?" Diese Frage brannte mir schon lange auf der Zunge und ich finde sie gar nicht mal so abwegig, wenn man das Vorgehen mit der Markierung betrachtet.

Erleichtert beginnt Liam zu schmunzeln. Wahrscheinlich hat er mit einer viel ernsteren Frage gerechnet. "Es geht nicht nur um Sex. Es geht um so vieles mehr. Jemanden Vertrauen zu schenken. Ihm zu zeigen, dass man alles mit ihm teilen möchte und in diesem Moment das Bund der Ewigkeit einzugehen. Verstehst du? Eine Markierung ist wie die Eheschließung in der Menschenwelt, nur dass es bei uns wirklich 'bis dass der Tod uns scheidet' heißt."

Luna - menschliche Gefährtin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt