Hilfe ???

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Alexis

Die letzten Tage waren schwer für mich. Katrin ignorierte mich total, was mich noch trauriger machte. Sie verbrachte die Tage meistens im Geschäft mit Rosi. Ich konnte sie ja auch verstehen, meine Traurigkeit hielt kein Mensch aus und so fuhr Katrin auch ohne Worte des Abschieds nach Hamburg.

Ich musste was tun um sie wieder zu erreichen. Ich wollte dieses Verhältnis zu ihr,  so auch nicht. Aber dann fielen mir die Worte von Anna ein, >>Bitte lass dir endlich helfen. So kann es nicht weiter gehen mit dir. Du wirst doch gebraucht, Katrin braucht deine Liebe, Flo braucht dich und ich auch. Andy hätte es so nicht gewollt, das du so leidest<<, sagte sie unter Tränen zu mir. Sie machte sich große Sorgen, ebenso wie Katrin.

Eigentlich hätte ich mich niemals auf diese Therapie eingelassen. Aber hier ging es nicht nur um mich. Ich musste etwas ändern, wollte nicht mehr, dass sich die Menschen, die mir nahe stehen meinetwegen Sorgen machten und leiden. Ich wollte doch eigentlich immer nur, dass alle glücklich sind und sich lieben.

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Das war es also. Missmutig starrte ich auf das befremdlich Gebäude aus rotem Backstein vor mir. Nun war ich also tatsächlich in der Psychiatrie gelandet. Ironischerweise war es mein eigener Entschluss gewesen. Ich bin mit Anna aus freien Stücken zum Arzt gegangen, den sie mir empfohlen hatte. Vom ihn bekam ich eine Einweisung.

Heute Morgen hatte ich dann wieder mit dem Gedanken gespielt, in dieser Klinik anzurufen und abzusagen, einfach zu behaupten, mir ginge es wieder gut. Doch Anna holte mich ab und begleitete mich zu diesen schweren Schritt.

Schwer seufzend und mit pochendem Herzen betrat ich die kleine Eingangshalle und blieb vor der Rezeption stehen. Dort wurde ich freundlich begrüßt. Die Dame an der Anmeldung lächelte mir aufmunternd zu und wies mich an, zum gegenüberliegenden Raum zur Neuaufnahme zu gehen. Nachdem meine Daten im Computer erfasst und meine Versichertenkarte eingelesen war, wurden mir noch ein paar Fragen gestellt.

Ein älterer breiter Mann kam durch die Tür und gab mir die Hand. Er erklärte, das er für die Zeit der Behandlung mein Betreuer sein würde. Er werde einmal in der Woche ein Gespräch mit mir führen, um zu sehen, wie es mir geht und wo ich stehe. Bei Bedarf könnte ich auch sonst jederzeit auf ihn zu kommen.

>>Aber jetzt zeige ich Ihnen erstmal ihr Zimmer<<, sagte er zu mir. Ich folgte ihm und wir betraten das Zimmer, das zu meiner Überraschung recht schön eingerichtet war. Man hatte nicht das Gefühl sich in einer Klinik zu befinden. Ich stellte meine Reisetasche ab und ließ mir den Schlüssel geben. Es war ein Doppelzimmer, schwarze Schuhe standen im Regal. Daraus schloss ich, dass ich mir wohl mit jemandem das Zimmer teilen würde. Nachdem ich ausgepackt hatte, führte mich mein Betreuer durch das Gebäude, erklärte mir die Räume und stellte mir einige Therapeuten vor. Ich ging die meiste Zeit schweigend neben ihm her.

Es waren sehr viel Informationen und Eindrücke die auf mich einprasselten. Obwohl ich versuchte den Erläuterungen zu folgen, schweifte ich immer wieder gedanklich ab.

Was würde auf mich zu kommen? Wie werden die anderen Patienten drauf sein?

Am liebsten würde ich jetzt Zuhause sein und mich in meinem Bett verkriechen. Im nächsten Moment erschrak ich über den Gedanken. Ganz in meinen eigenen, sinnlosen Dialog vertieft, zuckte ich kurz zusammen, als mich die Stimme des Betreuers wieder ins hier und jetzt riss.

>>So, Sie können nun erstmal etwas zu Mittag essen. Wenn Sie damit fertig sind, warten sie bitte in ihrem Zimmer. Die Psychologin Frau Winter wird Sie dort zu einem ersten Gespräch abholen.

Ich nickte und bemerkte erst jetzt, dass ich vor einer für mich beträchtliche Anzahl von Menschen stand. Bei so vielen Fremden fühlte ich mich nicht wohl. Hier und da streiften mich neugierige Blicke. Ich versuchte mich selbst zu beruhigen, nahm mir mein Essen und setzte mich zu ein paar älteren Frauen an den Tisch. Schnell schlang ich mein Essen hinunter und war ziemlich nervös dabei. Ich hatte Lust zu fliehen, obwohl mir keiner der Leute irgendetwas Böses tat. Sie begrüßten mich sogar freundlich, fragten nach meinem Namen und sagten, es wäre ganz normal am Anfang nervös zu sein, aber das würde sich mit der Zeit legen.

Trotzdem war ich erleichtert, als ich den Saal verließ und in meinem Zimmer auf die Psychologin warten konnte. Diese kam wenige Minuten später und stellte sich vor. Sie war relativ klein und blonde Locken umspielten ihr schmales Gesicht. Wir gingen in ihr Büro, wo ich mich auf das Sofa setzte. >> Also Alexis<<, sagte sie mit zarter Stimme die den Raum durchdrang.

>>Ich hoffe, sie haben schon ein paar Eindrücke von unserer Einrichtung gesammelt. Erzählen sie mir doch erstmal von den Problemen, die Sie hier her geführt haben.

Ich erzählte ihr vom Unfall und den Tod meines Bruders. Von meinen Erlebnissen in der Kindheit, das ich irgendwie das Gefühl hatte, mit mir selbst überfordert zu sein, die einfachsten Dinge nicht mehr hin bekomme. Auch das ich Stattdessen fast jeden Tag mich fragte, ob ich überhaupt für irgendetwas zu gebrauchen bin. Das diese Stimmungsschwankungen zu Problemen in der Partnerschaft führten.

>>Es gibt Tage, da bin ich in einem Moment, total euphorisch und im nächsten völlig deprimiert und verzweifelt<<, erzählte ich ihr. Dabei brach mir die Stimme und ich spürte heiße Tränen meine Wangen hinunter laufen. Bilder der Vergangenheit schossen Augenblicklich in meinen Kopf.

Frau Winter sah mich mitfühlend an, reichte mir ein Taschentuch. Ich schluchzte und bekam auch gar nicht mehr wirklich mit, was die Psychologin zu mir nun sagte.

Nachdem wir einen neuen Termin ausgemacht hatten, verabschiedete ich mich und ging zurück auf mein Zimmer und weinte bitterlich. Ich verzog mich ins Bad, sah in den Spiegel und wollte Ruhe.

Plötzlich klopfte es an die Badezimmertür. Erschrocken sprang ich auf, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und öffnete zaghaft die Tür. Da stand eine blonde, sehr dünne, blasse Frau, etwa in meinem Alter vor mir. 

>>Hi, ich bin Viola, deine Zimmernachbarin. Ist alles ok bei Dir? Es hatte sich angehört, als würdest du weinen<<, sagte sie. Sie sah in meine rot verheulten Augen und ich verzog meinen Mund so gut wie möglich zu einem Lächeln, das konnte ich ja gut. 

>>Hi, ja, alles gut! Ich bin Alexis, aber kannst mich einfach auch Alex nennen<<, krächzte ich und reichte ihr die Hand. Wir redeten kurz und gingen dann zusammen raus und setzten uns auf eine Bank.  


                             Viola und Alexis

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                             Viola und Alexis


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Familienleben -Zwischen Liebe und VerzweiflungWhere stories live. Discover now